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Charlottenburg

125 Jahre Kraftwerk Charlottenburg

Ein Spiegel der Berliner Energiegeschichte

Elektrizitätswerk Charlottenburg um 1902.
Elektrizitätswerk Charlottenburg um 1902.

15.10.2025: Das am Ufer der Spree gelegene Kraftwerk gehört zu jenen Institutionen, die Berliner Industriegeschichte geschrieben haben. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1900 hat das Kraftwerk nicht nur die Entwicklung Charlottenburgs und Berlins maßgeblich mitgeprägt, sondern spiegelt in seiner Architektur und Technik auch die Geschichte der Energieversorgung wider.

Städtische Eigenständigkeit

Ende des 19. Jahrhunderts stand die junge, aufstrebende und zudem noch wohlhabende Stadt Charlottenburg in direktem Wettbewerb mit dem benachbarten Berlin. Um die eigene Unabhängigkeit in der Stromversorgung zu sichern und die Elektrifizierung von Straßenbahnen, Industrie und Haushalten voranzutreiben, beschlossen die Stadtväter den Bau eines eigenen kommunalen Kraftwerks.

In den Jahren 1899 bis 1900 wurde das Kraftwerk nach den Plänen des jungen Ingenieurs Georg Klingenberg errichtet, der später zu einem der renommiertesten Kraftwerksplaner seiner Zeit aufstieg. Die Bauten, von denen heute noch das Maschinenhaus, das Verwaltungsgebäude und ein Wohnhaus erhalten sind, entstanden im Stil der märkischen Backsteingotik. Die ursprüngliche Anlage umfasste vier Tandem-Dampfmaschinen, die sowohl Drehstrom für das allgemeine Netz als auch Gleichstrom für die Straßenbahn erzeugten. Zeitgleich mit dem Kraftwerk wurde der Siemenssteg errichtet, eine Brücke, die nicht nur die Stromleitungen über die Spree führte, sondern auch den Arbeitern als Fußgängerweg diente.

Kraftwerk Charlottenburg 2025

Erweiterungen im Wandel der Zeit

Schon bald reichte die Kapazität des Kraftwerks nicht mehr aus, um den stetig wachsenden Energiebedarf zu decken. Nach der Eingemeindung Charlottenburgs nach Groß-Berlin im Jahr 1920 übernahm die BEWAG (Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG) den Betrieb und trieb den Ausbau voran. 1925/26 wurde das Kraftwerk zum ersten Hochdruck-Kraftwerk Deutschlands ausgebaut. In dieser Zeit entstanden auch neue Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit, wie ein Schalthaus nach Plänen des Architekten Alfred Schönburg. Eine weitere bedeutende Neuerung war die Einführung der Fernwärmeproduktion ab 1912, womit das Kraftwerk neben Strom auch Wärme an umliegende Gebäude wie das Rathaus lieferte.

Architektur aus verschiedenen Epochen

Die Architektur des Kraftwerksgeländes ist ein Zeugnis der verschiedenen Epochen seiner Entwicklung. Neben den ursprünglichen Bauten der Backsteingotik und den Erweiterungen der 1920er-Jahre kamen nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Funktionsbauten hinzu. 1955 wurde ein neues Kesselhaus errichtet und in den 1970er-Jahren eine Gasturbinenanlage. In den 1980er- und 1990er-Jahren folgten Anlagen zur Rauchgasentschwefelung.

Historisch

Das Kraftwerk heute

Die Zukunft des Kraftwerks Charlottenburg steht im Zeichen der Energiewende. Es stehen umfassende Modernisierungen bevor, um die Anlage auf eine klimaneutrale Wärme- und Stromerzeugung umzustellen. Vorgesehen ist der Bau einer neuen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage, die perspektivisch auch mit Wasserstoff betrieben werden kann. Damit wird das historische Kraftwerk Charlottenburg auch in Zukunft eine zeitgemäße Rolle in der Energieversorgung Berlins spielen.

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