Durch welche Maßnahmen kann die Außengastronomie im Bezirk künftig gestärkt werden?
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf November 2025
Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die CDU-Fraktion das Thema vorgeschlagen.
CDU-Fraktion
Die Außengastronomie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und stärkt die Aufenthaltsqualität sowie das gesellschaftliche Miteinander im Bezirk. Um sie nachhaltig zu fördern, braucht es klare Rahmenbedingungen. Ein städtebauliches Konzept kann dazu beitragen, die Nutzung des öffentlichen Raums besser zu steuern. Dazu gehört eine flexiblere Nutzung von Außenflächen mit vereinfachten Genehmigungsverfahren, vor allem für temporäre Erweiterungen in den warmen Monaten. Eine bessere Infrastruktur mit wetterfesten Möbeln, Sonnenschutz und Beleuchtung verlängert die Nutzungsdauer. Die Förderung regionaler und nachhaltiger Konzepte unterstützt die lokale Wirtschaft. Verbesserungen beim Verkehrs- und Parkplatzmanagement, mehr Fahrradstellplätze und bessere Anbindung an den ÖPNV, erleichtern den Zugang. Veranstaltungen und Kooperationen, etwa Straßenfeste oder Open-Air-Konzerte, beleben den öffentlichen Raum und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Durch diese Maßnahmen kann die Außengastronomie zum Vorteil der Betriebe, der Gäste und des gesamten städtischen Lebens gestärkt werden.
Nilüfer Bakkal
B‘90/Grünen-Fraktion
Ob Cappuccino im Kiez-Café oder Abendessen an einem lauen Sommerabend – draußen Essen und Trinken macht unseren Bezirk lebendig und ist Teil der typischen Berliner Mischung. Gerade in beliebten Gegenden des Bezirks trifft eine lebendige Außengastronomie auf weitere Interessen, wie z. B. die des Fußverkehrs, der Barrierefreiheit oder des Ruhebedürfnisses von Anwohner*innen. Mit unserem Antrag für ein städtebauliches Konzept für die Außengastronomie wollen wir klare, faire und verlässliche Regeln schaffen – für Gastronom*innen, Verwaltung und Nachbarschaft. Dabei denken wir auch neue Ideen mit: Warum nicht, wie in Wien oder München, Sommerterrassen auf Parkstreifen ermöglichen, wo die Gehwege besonders schmal sind? Erste Berliner Bezirke wie Mitte gehen diesen Weg nun. In diesem Konzept sollen alle Möglichkeiten und Belange berücksichtigt und zum Schluss fair abgewogen werden. Unser Ziel: lebenswerte, quirlige Straßenräume, die zum Verweilen einladen – und in die Außengastronomie ganz selbstverständlich dazugehört.
Jakob Zimmer
SPD-Fraktion
Lebendige Kieze leben von Begegnung, gemeinsamem Verweilen und dem Austausch der Bürger*innen. Ein wichtiger Bestandteil sind die von der Gastronomie genutzten öffentlichen Flächen. Man reist gern nach Rom oder Wien, sitzt dort in Straßencafés und genießt das Treiben – nur hier nicht. Als einer von lediglich drei Berliner Bezirken unterliegt unser Bezirk einem Sondernutzungskonzept, das bis auf den Zentimeter genau regelt, was erlaubt ist und was nicht. Während in anderen Teilen der Stadt die Verwaltung im Einzelfall Ermessensspielräume nutzt, wird hier starr nach Maßband entschieden. Darunter leidet die Gastronomie. Die SPD-Fraktion hat daher im vergangenen Jahr ein 10-Punkte-Programm für lebendige Kieze erarbeitet, das eine grundlegende Überarbeitung des Sondernutzungskonzepts vorsieht. Die entsprechenden Anträge wurden von CDU und Grünen in der BVV zuletzt gemeinsam abgelehnt und das, obwohl der zuständige grüne Stadtrat das Sondernutzungskonzept als unzureichend bezeichnet. Nicht einmal in der von Baustellen besonders betroffenen Bleibtreustraße sieht das Bezirksamt Handlungsspielräume.
Dr. Claudia Buß, Kai Bodensiek
Linksfraktion
Nicht nur in der Bleibtreustraße geraten Restaurants durch Baustellen und strenge Auflagen für Außengastronomie in Existenznot. Das Bezirksamt pocht auf freie Gehwege. Gleichzeitig sind diese blockiert durch Sperrmüll, E-Roller und Falschparker:innen, was insbesondere für mobilitätseingeschränkte und blinde Menschen oder Personen mit Kinderwagen ein Problem ist.
Die Linke hat schon vor fünf Jahren einen einfachen Vorschlag gemacht: Parkplätze freigeben, damit Restaurants und Cafés mehr Fläche nutzen können und Gehwege nicht blockiert werden. Zugleich sollen Parkplätze entsiegelt und begrünt werden und Anwohner:innen als nicht-kommerzielle Flächen für Erholung und nachbarschaftliches Miteinander zur Verfügung stehen. Denn nicht alle haben einen Balkon oder können sich den teuren Kaffee leisten. Doch CDU und Grüne pochen lieber auf starre Regelungen anstatt diese wie in anderen Bezirken zu lockern. Lebensqualität wird verhindert, während sich anderswo der Müll oder E-Roller türmen und Autos weiterhin Gehwege blockieren.
Diese Stadt gehört uns allen!
Frederike-Sophie Gronde-Brunner
FDP-Fraktion
Die Außengastronomie in unserem Bezirk muss gestärkt werden. Dazu gehört der zeitweise Verzicht auf Sondernutzungsgebühren, um Betriebe gezielt zu entlasten und den öffentlichen Raum flexibler nutzbar zu machen. Das Bezirksamt versäumt es seit Jahren, das kleingeistige Konzept aus dem Jahr 2015 an die heutigen Gegebenheiten anzupassen. Sätze im Konzept wie „Strandkörbe gehören nicht zu einer in der Stadt Berlin typischen Ausstattung eines Schankvorgartens“ zeigen die Kleinkariertheit. Erleichterte Regelungen und die Festlegung von Mindestgehwegbreiten als Maximum für die unterschiedlichen Straßentypen im Bezirk schaffen mehr Freiraum, ohne die Interessen von Passanten zu vernachlässigen. So wie unsere Straßen nicht überall gleich baulich gestaltet sind, dürfen auch die Regeln für die Gastronomen nicht überall gleich sein. Bürokratische Hürden müssen abgebaut werden – durch digitale Verfahren und klare Zuständigkeiten. Außengastronomie sollte in der langfristigen Stadtplanung als selbstverständlicher Bestandteil urbanen Lebens verankert werden, nicht als temporäre Ausnahme. So entsteht ein lebendiger, offener Stadtraum, der Freiheit, Wirtschaft und Lebensqualität miteinander verbindet.
Dr. Felix Recke-Friedrich
AfD-Fraktion
Spricht man mit Wirten im Bezirk, wird als größtes Problem die zu strenge Auslegung von Lärmschutzauflagen genannt. Eine strikte Beschränkung der Außengastronomie auf eine Zeit bis 22:00 Uhr erscheint in belebten Straßen und lebendigen Kiezen wenig sinnvoll. Am Beispiel des Rüdesheimer Platzes zeigt sich, wie durch vorauseilende Rücksichtnahme ein traditionelles Fest übermäßig reguliert wird. Hoffnung gibt ein Urteil des VerwG Berlin zu einer Straße in Pankow, das diese Problematik aufgreift. Eine Regelung, die Anwohner verpflichtet, zunächst direkt mit den Wirten Kontakt aufzunehmen, anstatt sofort die Polizei einzuschalten, könnte viele Polizeieinsätze und damit verbundene Anzeigenbearbeitung entbehrlich machen. Dafür müssten Wirte ihre Telefonnummer veröffentlichen. Erforderlich ist zudem eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei der Beantragung von Sondernutzungen. Die Erhebung unterschiedlicher Gebühren gehört auf den Prüfstand ebenso wie die Genehmigung von Flächen sowie Markisenbeleuchtung oft nach willkürlicher Auslegung der zuständigen Bearbeiter. So geht`s nicht!
Gregor Kadow

