75 Jahre Freiheitsglocke
Symbol für den Wert von Freiheit und Demokratie

Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Oktober 2025
Im Turm des Rathauses Schöneberg schlägt seit 75 Jahren ein mächtiges Symbol der Freiheit. Die Freiheitsglocke, ein Geschenk des amerikanischen Volkes, erinnert täglich an den unschätzbaren Wert von Demokratie und Zusammenhalt und ist untrennbar mit der Geschichte Berlins und des Kalten Krieges verbunden.
Jeden Tag um Punkt 12 Uhr mittags erklingt ihr sonorer Ton über den John-F.-Kennedy-Platz und die Dächer Schönebergs. Für zwei Minuten durchbricht das Läuten der Freiheitsglocke die Alltagsgeräusche und mahnt die Menschen zum Innehalten. Ihr Klang ist mehr als nur ein akustisches Signal; er ist eine tägliche Erinnerung an die Zeit der Teilung und den unerschütterlichen Freiheitswillen der Berliner.
Spenden von 16 Millionen Menschen
Die Geschichte der Freiheitsglocke beginnt in den USA. Nach der erfolgreichen Luftbrücke, die West-Berlin vor der sowjetischen Blockade rettete, initiierte General Lucius D. Clay, der „Vater der Luftbrücke“, eine Spendenaktion. Unter dem Motto „Kreuzzug für die Freiheit“ spendeten 16 Millionen Amerikaner für den Guss der Glocke, einer Nachbildung der berühmten „Liberty Bell“ in Philadelphia. Gegossen wurde die Glocke in London von der Gießerei Gillett & Johnston. Bevor sie ihre Reise nach Berlin antrat, tourte die Glocke durch 26 amerikanische Städte, wo Bürgerinnen und Bürger eine „Declaration of freedom“ (Freiheitserklärung) unterzeichneten. Ihr Text lautet: „I believe in the sacredness and dignity of the individual. / I believe that all men derive the right to freedom equally from God. / I pledge to resist aggression and tyranny wherever they appear on earth. I am proud to enlist in the Crusade for Freedom. / I am proud to help make the freedom Bell possible, to be a signer of this Declaration of Freedom, to have my name included as a permanent part of the Freedom Shrine in Berlin, and to join with the millions of men and women throughout the world who hold the cause of freedom sacred.”
(Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. / Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. / Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen. Ich bin stolz, mich dem Kreuzzug für die Freiheit anzuschließen. / Ich bin stolz drauf, dass ich zur Herstellung der Freiheitsglocke beigetragen habe, ein Unterzeichner dieser Freiheitserklärung zu sein, meinen Namen dauerhaft in den Freiheitsschrein in Berlin aufgenommen zu sehen und mich den Millionen von Männern und Frauen auf der ganzen Welt anzuschließen, denen die Sache der Freiheit heilig ist.)
Diese Dokumente werden bis heute in einem Schrein im Turm des Schöneberger Rathauses aufbewahrt.

Feier am 24. Oktober
Die über zehn Tonnen schwere Glocke traf auf dem damaligen Militärbahnhof in Lichterfelde West in Berlin ein. Am 21. Oktober wurde sie an ihren Platz im Turm des Rathauses Schöneberg gehängt. Vier Tage später, am 24. Oktober 1950 wurde sie feierlich eingeweiht. Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner versammelten sich, um diesem historischen Ereignis beizuwohnen. Die Glocke trägt die Inschrift: „That this world under God shall have a new birth of freedom“ („Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine Wiedergeburt der Freiheit erleben“), ein Zitat aus der Gettysburg-Rede von Abraham Lincoln.
In den Jahrzehnten der Teilung war das Rathaus Schöneberg der Sitz des West-Berliner Senats und des Abgeordnetenhauses. Die Freiheitsglocke wurde zu einem Symbol des freien Westens, ihr Läuten, das jeden Sonntag vom Radiosender RIAS übertragen wurde, drang auch über die Mauer nach Ost-Berlin.
Ein unvergesslicher Moment in der Geschichte der Freiheitsglocke ist der Besuch des US-Präsidenten John F. Kennedy am 26. Juni 1963. Nach seiner berühmten Rede, in der er die Worte „Ich bin ein Berliner“ sprach, ertönte die Glocke, während er sich in das Goldene Buch der Stadt eintrug.
Auch heute hat die Freiheitsglocke ihre Bedeutung nicht verloren. Sie läutet nicht nur täglich um 12 Uhr, sondern auch an besonderen Feiertagen wie dem 1. Mai, Heiligabend und zum Jahreswechsel. Bei besonderen weltpolitischen Ereignissen, wie den Trauerfeiern für die Opfer des 17. Juni 1953 oder der Terroranschläge vom 11. September 2001, wurde ihr Geläut ebenfalls als Zeichen der Anteilnahme und Solidarität eingesetzt.
Zum Jubiläum lädt Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann am 24. Oktober zur Festveranstaltung ein.