Schlachtensee
Campus im Grünen
Architektonisches Denkmal Studentendorf Schlachtensee.

28.11.2025: Wer an historischen Siedlungsbau denkt, hat oft klassische Werkssiedlungen der Industrialisierung oder Großsiedlungen der Weimarer Republik vor Augen. Doch im Berliner Südwesten verbirgt sich eine besondere Nachkriegsvariante des gemeinsamen Wohnens, die weit über die Grenzen des Bezirks hinaus bekannt ist: das Studentendorf Schlachtensee. Die seit 40 Jahren bestehende Stiftung Denkmalschutz macht auf das Kleinod, das einst als Geschenk der Amerikaner begann, aufmerksam.
Ein Geschenk als Symbol der Freiheit
Die Geschichte des Areals ist eng mit der politischen Situation West-Berlins verknüpft. Initiiert wurde das Projekt von Eleanor Dulles, der Schwester des damaligen US-Außenministers. Finanziert durch eine Spende des US State Departments, sollte das Studentendorf nicht nur Wohnraum schaffen, sondern als „Träger freiheitlicher und politischer Wertvorstellungen“ dienen. Ähnlich wie die Amerika-Gedenkbibliothek oder die Kongresshalle besitzt das Ensemble damit einen hohen Symbolwert für die Nachkriegsgeschichte der Stadt und insbesondere der Freien Universität (FU).
Errichtet wurde die Anlage zwischen 1957 und 1964. Die Planung übernahmen die Architekten Fehling, Gogel und Pfankuch, allesamt ehemalige Mitarbeiter von Hans Scharoun. Ihr Entwurf folgte dem amerikanischen Vorbild einer Campus-Architektur und setzte die Idee einer „Stadtlandschaft“ um.
Architektur im Dialog mit der Natur
Das Studentendorf umfasst 28 Flachdachhäuser, die seit 1991 unter Denkmalschutz stehen. Anders als bei streng geometrischen Siedlungen sind die Bauten hier scheinbar locker in den Freiraum gruppiert. Diese Anordnung erzeugt eine rhythmische Abfolge von engen und weiten Räumen, die sich sowohl im Außenbereich als auch im Inneren der Häuser fortsetzt. Für die Gestaltung der Außenanlagen zeichnete der Gartenarchitekt Hermann Mattern verantwortlich. Ihm gelang es gemeinsam mit den Architekten, Baukörper und die Freiflächen so zu verbinden, dass eine für Berlin einmalige Raumkunst entstand.
Das Zentrum der Anlage bildet ein Dorfplatz, umgeben von zentralen Einrichtungen: einer „Bürgermeisterei“ für Verwaltung und Technik, einem Gemeinschaftshaus mit Theatersaal, Mensa und Restaurant sowie einer Bibliothek und einem Kindergarten. Auch architektonisch zeugen die Bauten von der grazilen Leichtigkeit der 1950er-Jahre.
Im Jahr 1977 wurde das Ensemble erweitert. Die Architekten Krämer, Pfennig und Sieverts fügten zwei fünfgeschossige Wohngemeinschaftshäuser hinzu, wodurch 352 neue Plätze sowie eine erweiterte Heizanlage und Parkflächen entstanden.
Vom Abrisskandidaten zum Erfolgsmodell
Trotz seiner architektonischen Bedeutung blickt das Studentendorf auf turbulente Zeiten zurück. In den 1980er- und 1990er-Jahren zeigten sich Schäden an der Bausubstanz. Deshalb drohte Ende der 90er-Jahre der Abriss. Dank bürgerschaftlichem Engagement wurde das Ende des Studentendorfes verhindert. Aus den Protesten gegen den Abriss ging im Jahr 2002 die Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee eG hervor. Sie wird von ehemaligen Studenten der FU geleitet und übernahm 2003 als Eigentümerin und Betreiberin das Areal im Rahmen eines Erbbaurechts für 99 Jahre. Das Studentendorf wurde 2006 zum nationalen Kulturerbe erklärt.
Heute präsentiert sich das Studentendorf wieder als vitaler Ort. Durch Kooperationen mit der Freien Universität Berlin, der Universität Potsdam und weiteren Bildungsträgern sind die Kapazitäten fast ausgeschöpft.
