Gazette Verbrauchermagazin

Individualverkehr in Steglitz-Zehlendorf

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Juni 2018
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In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich die Verkehrsverhältnisse in der Stadt und im Bezirk erheblich verändert. Die Konkurrenzen zwischen dem öffentlichen Personennahverkehr und dem motorisierten Individualverkehr sowie die Zunahme des Fahrradverkehrs führten vermehrt zu Konflikten. Die zahlreichen Anträge in der Bezirksverordnetenversammlung zu diesem Themenkomplex zeigen diese Entwicklung deutlich auf. Im Folgenden stellen die Fraktionen in der BVV ihre Vorstellungen zu diesem Thema vor.

CDU-Fraktion

Die CDU-Fraktion in der BVV lehnt eine politisch verordnete Bevormundung von Verkehrsteilnehmern ab. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto, für uns sind alle Fortbewegungsmittel gleichwertig; die Bevorzugung einzelner Verkehrsmittel zu Lasten anderer Teilnehmer ist abzulehnen. Der Ausbau des Radverkehrs auf dem bezirklichen Nebenroutennetz ist prioritär, weshalb ein Rückbau und der Wegfall von Fahrspuren auf den Hauptstraßen des Bezirks; die Reduzierung von Parkplätzen zu Lasten der Gewerbetreibenden und Anwohner auf unseren Widerstand stößt. Der Verkehrsfluss auf den Hauptverkehrsstraßen ist entscheidend um Wohngebiete nicht zu belasten; Tempo 30, ein schlechter baulicher Zustand der Straßen, ungünstige Ampelphasen sind hierbei hinderlich. Die Möglichkeit zur Kombination vom Individualverkehr und Bus/Bahn ist zu erleichtern und zu fördern, Abstellmöglichkeiten und Parkplätze sind hierfür notwendig; so dass Fußgänger und Anwohner nicht eingeschränkt werden. Überhaupt gilt – überall und zu jeder Zeit ist das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten.

Jens Kronhagel

SPD-Fraktion

Das neue Mobilitätsgesetz auf Landesebene stellt zurzeit den Fahrradverkehr in den Fokus, aber Regelungen für alle, die in der Stadt zu Fuß unterwegs sind, werden folgen. Dies heißt jedoch nicht, dass die Belange des Individualverkehrs keine Berücksichtigung mehr finden. Aber in anderen Bereichen besteht inzwischen ein deutlicher Nachholbedarf. Und schließlich ist allen in der Stadt gedient, wenn der Verkehr besser fließt. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass z. B. Lichtzeichenanlagen optimiert werden und wir wollen auch, dass die zur Verfügung stehenden Mittel für Straßeninstandsetzungen abgerufen und verbaut werden. Es wird immer wichtiger, alle Verkehrsmittel gleichermaßen in den Blick zu nehmen, sinnvolle Verknüpfungen zu schaffen und neue Umsteigemöglichkeiten zu eröffnen. Car-Sharing wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Und angesichts der künftig stark steigenden Zahl an Elektroautos ist auch die Förderung des Aufbaus eines leistungsstarken Netzes von Elektroladestationen ein Gebot der Stunde. Aber dass der von einer Partei geforderte Bau eines neuen Parkhauses in Zehlendorf dabei zielführend sein könnte, bezweifeln wir stark.

Rainer Ziffels

B‘90/Grünen-Fraktion

Oft wird Individualverkehr reduziert auf Pkw, doch Fuß und Rad zählen auch dazu. Alle zeichnet eine hohe Flexibilität aus. Fuß und Rad fördern Gesundheit und langes Leben, schonen Ressourcen, Klima und Umwelt. Gifte und Lärm entfallen. Ziele werden von Tür zu Tür erreicht. Letzteres galt früher auch für Pkw, doch in der dicht bebauten Stadt und wegen der vielen Kfz gelingt das immer weniger. Täglich Stau, zugeparkte Feuerwehrzufahrten und Zebrastreifen wie in der Onkel-Tom-Straße oder rücksichtsloses Befahren der Bürgersteige in der Gutzmannstraße zeigen das. Wir stärken Fuß und Rad mit Beschlüssen zur Gutzmannstraße, zu sicheren Radspuren etwa am Teltower Damm bis nach Teltow und am Steglitzer Damm, viel mehr Radbügeln und Zebrastreifen auch am S-Bhf. Lichterfelde West. Ebenso entlastend für die Straßen und ergänzend fördern wir den ÖPNV. Etwa setzen wir uns für den 5-Minuten-Takt bei der S-Bahn ein – mit bestehendem Fahrzeugpark! Mehr Flexibilität für die individuelle Mobilität können in Zukunft autonome Shuttlefahrzeuge in jedes Wohngebiet bringen. So können Jung und Alt gut und sicher ihre Wege bewältigen, ohne Stau.

Bernd Steinhoff

AfD-Fraktion

Ist Ihnen schon aufgefallen mit welcher Intensität jeder Fahrradtote die Nachrichten der Stadt beherrscht? Der RBB, die Lobby-Vereine und die Grünen bestreiten die Kampagne hoch professionell. Dabei kommen in den letzten Jahren weniger Fahrradfahrer zu Tode, und das bei steigendem Verkehrsaufkommen und zunehmendem Alter der Verkehrsteilnehmer. Eigentlich eine tolle Geschichte des guten Miteinanders. Das passt den ideologisch verblendeten Fahrrad-Räten aber nicht in den Kram. Der Gegner ist das Auto und das wird mit allen Mitteln bekämpft. Folge: In der Zukunft wird der Individualverkehr drastisch eingeschränkt und teuer werden. Bleibt das Fahrrad für den Berufspendler, die Landpartie oder den Familieneinkauf. In Kürze auch versteuert und stets getrackt. Nachhaltigkeit und Ganzseitigkeit – alles nur Sprechblasen einer durchschaubaren Kampagne. Und die Grünen, ganz vorne mit dabei und sprechen von der Ökologischen Verkehrswende. Und warum? Klar! Der CO2-Ausstoß ist zu senken. Nee, ein Riesengeschäft ist das, an dem nur wenige verdienen. Die AfD geht denen nicht auf dem Leim.

Peer Lars Döhnert

FDP-Fraktion

Mit dem Mobilitätsgesetz bestimmt der rot/rot/grüne Senat die Berliner Verkehrspolitik. Der „Individualverkehr“ kommt darin ganze sechsmal vor. Es wird vielmehr aufgezeigt, dass der „motorisierte Individualverkehr“ zu unterbinden ist. Die gesetzliche Alternative ist der ÖPNV, das Fahrrad und „Laufen“. Wir Freien Demokraten (FDP) halten diese Bevormundung für einen Irrweg. Natürlich müssen ÖPNV, Radfahren, wie auch das Zu-Fuß-Gehen, in einer sich verdichtenden Metropole Unterstützung finden. Mobilität beschreibt jedoch den individuellen Wunsch in jeder Lebenslage schnell, sicher, aber auch bequem, von A nach B zu kommen. Der Transport von Gütern, sowie körperliche Einschränkungen, lassen ÖPNV, Radfahren oder gar Laufen kaum als echte Alternative für Jedermann zu. Dies gilt vor allem für einen Randbezirk wie Steglitz-Zehlendorf. Die Menschen sollten daher selbst über die Art ihrer Mobilität entscheiden dürfen. Aufgabe der Politik ist es nicht, jedem Einzelnen die Art seiner Fortbewegung zu diktieren, sondern ihm jeweils eine für ihn optimale, ökologisch vertretbare, aber vor allem ideologiefreie Mobilität zu garantieren.

Andreas Thimm

Linksfraktion

Automobilität und die autogerechte Stadt galten lange Zeit als Nonplusultra. Im Ergebnis ist Berlin eine Autostadt geworden. Selbst die Straßenbahnen mussten in Westberlin dem Auto weichen. Radfahrer*innen und Fußgänger*innen wurden nachrangig behandelt und hatten sich mit dem zu begnügen, was übrig blieb. Nicht erst seit dem Dieselskandal ist bewiesen, dass der ÖPNV sowie Rad- und Fußgänger*innen die Umwelt entlasten (der Großteil der Luftverschmutzung in Städten stammt aus Auspuffen von Autos und Motorrädern). Außerdem verbrauchen diese Nutzer*innengruppen deutlich weniger Platz und ihre Infrastruktur ist viel günstiger. Deshalb macht sich DIE LINKE. Berlin unter anderem für einen kostenlosen ÖPNV stark. Dieser wäre nicht nur ökologisch, sondern auch sozial: volle Mobilität unabhängig vom Einkommen. Die Linksfraktion Steglitz-Zehlendorf möchte alle Verkehrsteilnehmer*innen gleichermaßen fördern. Für unseren Bezirk bedeutet das beispielsweise: Mehr Fußwege, barrierefreie Haltestellen, bessere und sicherere Radwege, mehr Fahrradparkplätze, Taktverdichtung beim ÖPNV, Reaktivierung der Stammbahn und Rückkehr der Straßenbahn.

Mathias Gruner

Titelbild

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