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Berlin

Berlins leuchtende Revolution

Erste Gasanstalt wurde vor 200 Jahren erbaut

Der Gasometer in Schöneberg vor dem Umbau als Veranstaltungszentrum.
Der Gasometer in Schöneberg vor dem Umbau als Veranstaltungszentrum.

04.08.2025: Es war eine Sensation, die das nächtliche Berlin für immer verändern sollte: Im September 1826 erstrahlten die ersten Gaslaternen auf dem Prachtboulevard Unter den Linden. Was heute selbstverständlich erscheint, war damals eine technische Revolution, die den Grundstein für die moderne Metropole legte.

Englisches Gas aus Kreuzberg

Die Initiative zur Einführung der Gasbeleuchtung kam von der britischen „Imperial Continental Gas Association", die 1825/1826 in der Gitschiner Straße in Kreuzberg das erste Gaswerk der Stadt errichtete. Von dort aus wurde ein Rohrnetz verlegt, das zunächst die prominenteste Straße Berlins mit dem neuen, hellen Licht versorgte. Die Berliner waren begeistert von der Helligkeit, die die Nacht zum Tag machte und ein neues Gefühl von Sicherheit im öffentlichen Raum schuf.

Licht für die wachsende Stadt

Der Siegeszug des Gases war nicht aufzuhalten. Bereits 1829 zählte man in Berlin 1.800 Gaslaternen. In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Stadt rasant, und mit ihr die Nachfrage nach Energie. Zahlreiche weitere Gaswerke, z. B. in Schmargendorf und Charlottenburg entstanden, um den Bedarf von Industrie und wachsender Bevölkerung zu decken. Um 1914 standen in Berlin und Umgebung 33 Gasanstalten. Die städtischen Gaswerke, später in der GASAG aufgegangen, trieben den Ausbau voran. Ihren Höhepunkt erreichte die Gasbeleuchtung vor dem Zweiten Weltkrieg mit 88.000 Laternen.

Gas diente jedoch bald nicht mehr nur der Beleuchtung. Es eroberte als „Stadtgas“ die Haushalte und wurde zum Kochen und Heizen genutzt, während Elektrizität lange ein Luxusgut für wenige blieb.

Eine neue Zeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine neue Ära. In West-Berlin wurden die Gaswerke in Charlottenburg und Mariendorf schrittweise stillgelegt und die Versorgung in den 1990er-Jahren auf Erdgas umgestellt. In Ost-Berlin erfolgte die Umstellung auf Erdgas bis 1990.

Auch wenn die elektrische Beleuchtung heute dominiert, ist das Gaslicht nicht komplett aus dem Stadtbild verschwunden. Berlin besitzt mit mehreren tausend Gaslaternen immer noch das größte zusammenhängende gasbeleuchtete Stadtgebiet der Welt, ein leuchtendes Denkmal einer fast 200-jährigen Technikgeschichte.

App zur Berliner Geschichte

Umfassende Informationen zur Energieversorgung und ihrer Geschichte finden sich in der berlinhistory.app. Dort sind alle ehemaligen und heutigen Gasanstalten und Bauwerke der Gasgesellschaften (die zu den größten Grundbesitzern Berlins gehörten) aufgeführt. Der weitgehenden Auflassung dieser Flächen in der Innenstadt sowie in fast allen Bezirken sind Parkanlagen und Bäder (Lochowdamm, Prinzenbad etc.) zu verdanken. Ebenso den Ausbau der Berliner Wasserstraßen und Gleisanlagen, um die Gaswerke mit Kohle zu versorgen.

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