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Vom Rittergut zum Wissenschaftszentrum

Dahlem feiert 650. Jubiläum

Dahlem um 1890.
Dahlem um 1890.
Erschienen in Lichterfelde West Journal August/September 2025

Wie alt Dahlem wirklich ist, kann nur geschätzt werden. Untersuchungen datieren den Ursprung auf die Zeit um 1217. Auch eine Kirche soll es damals gegeben haben, damals noch aus Holz. Die nachweislich ältesten Gebäudeteile der heutigen St.-Annen-Kirche stammen aus dem 15. Jahrhundert. Die Kirche gilt als das älteste Gebäude in Dahlem.

Die erste Nennung von „Dalm“ im Landbuchs Kaiser Karls IV um 1375 – hier in einer Abschrift von 1781.
Die erste Nennung von „Dalm“ im Landbuchs Kaiser Karls IV um 1375 – hier in einer Abschrift von 1781.

Wechselhafte Geschichte

Die erste Erwähnung von Dahlem stammt aus dem Jahr 1375. Als Dalm stand es im Dorfregister des Landbuchs Kaiser Karls IV. Nach 75 Jahre gab es die nächste offizielle Erwähnung, 1450 als Rittergut der Familie von Milow. Diese mussten das Gut im Jahr 1483 aufgrund von Verschuldung an die Familie Spil abgeben. Die Familie Spil war übrigens zu jener Zeit auch Eigentümerin des Grunewaldsees, damals Spilsee genannt. Etwa 150 Jahre lang bewirtschafteten sie das Gut. Der Dreißigjährige Krieg führte wiederum zu einer Verarmung der von Spils, die das Gut verkaufen mussten. Georg von Pfuhl kaufte den Besitz im Jahr 1655, verkaufte ihn aber 1661 weiter an die Familie von Willmerstorff. Dieses märkische Adelsgeschlecht war 138 Jahre lang Eigentümer des Rittergutes. Leopold Heinrich von Willmerstorff war der letzte Vertreter dieser Familie. Er verkaufte das Rittergut nebst dem dazugehörigen Schmargendorf an Heinrich von Podewils. Einige Besitzerwechsel später ging das Gut an den Preußischen Domänenfiskus. Nun war es die „Königliche Domäne Dahlem“. Diese verpachtete das Gut bis in das Jahr 1901, in dem der Domänenfiskus – wohl auf Wunsch von „ganz oben“ – beschloss, die Ländereien aufzuteilen und zu verkaufen.

St.-Annen-Kirche
Die St.-Annen-Kirche gilt als das älteste Gebäude in Dahlem.

Herrenhaus wird saniert

Im Jubiläumsjahr bekommt das vor über 400 Jahren erbaute Herrenhaus der Domäne ein Lifting: Ab Mitte August wird umgebaut und saniert, wie die Berliner Morgenpost berichtete. Der Museumsshop wird in dieser Zeit im Culinarium – dem Museum rund um unser Essen im ehemaligen Pferdestall der Domäne – untergebracht. Bei Marktfesten soll das Untergeschoss des Herrenhauses geöffnet werden. Die Bauarbeiten sind voraussichtlich im Herbst 2026 abgeschlossen.

Domäne Dahlem
Das Herrenhaus der Domäne Dahlem – die Domäne ist mit ihren Veranstaltungen ein Besuchermagnet.

Villen und U-Bahn

Auf den ehemaligen Feldern der Domäne entstand nach der Aufteilung und dem Verkauf der Grundstücke die Villenkolonie Dahlem. Die Alleen – Rheinbaben-, Pacelli, Habelschwerdter – Schorlemmerallee und viele andere wurden samt Nebenstraßen angelegt. Außerdem wurde die U-Bahn vom Wittenbergplatz bis zum Thielplatz gebaut und 1913 eröffnet – damals eine wichtige Verbindung in Richtung Berlin. Großzügige Grundstücke wurden erschlossen und verkauft – mit der Auflage, sie innerhalb von zwei Jahren mit Villen zu bebauen, um Spekulationen einen Riegel vorzuschieben. Die Bevölkerungszahl wuchs schnell – von 135 im Jahr 1900 auf 6244 im Jahr 1919.

Das Preußische Geheime Staatsarchiv wurde 1924 in Dahlem eröffnet.
Das Preußische Geheime Staatsarchiv wurde 1924 in Dahlem eröffnet.

Das „deutsche Oxford“

Ein deutsches Oxford sollte in Dahlem geschaffen werden. Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. – allgemein Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) genannt – wurde am 11. Januar 1911 gegründet. Erster Präsident war der Theologieprofessor Adolf Harnack. Ziel der KWG war es, außerhalb der Universitäten Grundlagenforschung zu betreiben, die die technischen Probleme der wachsenden Industrialisierung Deutschlands lösen sollte. Die Wissenschaftselite folgte dem Ruf. Bereits 1912 standen die ersten Gebäude der Gesellschaft: Das Institut für Chemie (heute Hahn-Meitner-Bau der Freien Universität) an der Thielallee sowie das Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie (heute Fritz-Haber-Institut) am Faradayweg. Der Sitz der KWG war Dahlem, bis er gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Göttingen verlegt wurde. Seit 1948 gehören die westdeutschen und Berliner Institute zur Max-Planck-Gesellschaft. Zudem gibt es in Dahlem den Botanischen Garten (auch wenn dieser ganz genau genommen in Lichterfelde liegt) und das Preußische Geheime Staatsarchiv. Es gab auch zahlreiche Museen, von denen heute noch das Museum Europäischer Kulturen seinen Sitz dort hat. Der zentrale Campus der 1948 gegründeten Freie Universität befindet sich ebenfalls in Dahlem.

Der zentrale Campus der Freien Universität – hier die „Rostlaube“ an der Habelschwerdter Allee.
Der zentrale Campus der Freien Universität – hier die „Rostlaube“ an der Habelschwerdter Allee.

Dahlem ist heute ein Ortsteil von Steglitz-Zehlendorf. Die Domäne Dahlem mit ihren Veranstaltungen ist ein Anziehungspunkt für Berliner und Touristen. Die vielen Studentinnen und Studenten beleben die Straßen und die vielen Parks laden zum Spazierengehen und Verweilen ein.

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