Gazette Verbrauchermagazin

Dieselfahrverbot Leonorenstraße

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Dezember 2018
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Im Oktober 2018 hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Senat bis spätestens Juni 2019 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge bis zur Schadstoffklasse Euro 5 neben zehn weiteren Straßenabschnitten auch auf der Leonorenstraße zu erlassen hat, damit der Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten wird. Betroffen sind sowohl Diesel-PKW als auch LKW. Wie die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf diese neue Entwicklung bewerten, erläutern sie in den nachstehenden Stellungnahmen.

CDU-Fraktion

Die CDU lehnt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auf der Lankwitzer Leonorenstraße ab und fordert den Senat auf, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Rechtsmittel einzulegen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist eine Ohrfeige für den Senat. Es rächt sich, dass der Senat den von der CDU schon zu Jahresbeginn angebotenen „Pakt gegen Fahrverbote“ ausgeschlagen hat. Bestandteile waren und sind unter anderem mehr Grüne Wellen, die Förderung von Elektrofahrzeugen und Ausbau von Lademöglichkeiten. Leidtragende sind einmal mehr die Berliner und die Unternehmen der Stadt. Auch eine zügige Umrüstung von großen Emittenten wie Busse und Fahrzeuge bei Polizei und Feuerwehr ist unterblieben. Die Folge ist die Enteignung der Autobesitzer, Vernichtung von Volksvermögen und eine Verkehrsverlagerung durch Schleichverkehre. Dem Anti-Auto-Senat geht es nicht um die Luftreinhaltung, sondern um eine Politik gegen den Individualverkehr mit allen Mitteln. Es ist bekannt, dass die Arbeitsstättenverordnung 20 Mal höhere Stickoxidwerte gestattet. Es müssen also die Bürofenster geschlossen werden, um die Luft auf der Straße nicht zu verunreinigen.

Jens Kronhagel

SPD-Fraktion

Das Urteil des VG Berlin ist kein Sieg für die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) oder die Bürger, sondern eine gute Marketingaktion! Der Senat von Berlin hatte viele Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt und damit flächendeckende, gerichtliche Fahrverbote verhindern können. Aufgrund des Energiewandels, der stetigen Stilllegung alter Dieselfahrzeuge, der Software-Updates und auch des – hoffentlich noch – erfolgenden Umbaus der Abgasanlagen werden die NOx-Werte stetig unter die Grenzwerte sinken, deren Einhaltung die Hersteller zugesichert hatten. Bei einer Sperrung der Leonorenstraße auf ca. 150 Meter für Dieselfahrzeuge ist nicht zu erwarten, dass überhaupt kontrolliert wird. Auf jeden Fall werden die Fahrzeuge durch die Nebenstraßen fahren und die Abgase dort verteilt – geniale Lösung! Die Akzeptanz für dieses wichtige Thema sinkt mit jedem absurden Urteil, da die Bürger erkennen, dass nicht die betrügerischen Automobilbauer als Verursacher in Anspruch genommen werden, sondern die Städte und Gemeinden, die nichts für den Dreck können. Fahrverbote auf so kurzen Strecken bewirken nichts, machen nur Ärger – aber – geben der DUH e. V. eine populistische, empörungssichere Plattform, um sich als edler Hüter der Gesundheit der Bürger zu präsentieren und bringen die eine oder andere Spende.

Volker Semler

B‘90/Grünen-Fraktion

Zum Schutz der Gesundheit etwa von Asthmakranken ist ein Grenzwert erlassen worden. Die Autohersteller sprechen sich ab, den Wert nicht einzuhalten. Zum Schutz vor dem Klimawandel und für den Geldbeutel des Autofahrers werden geringere Verbrauchswerte steuerlich bevorzugt. Die Autohersteller halten die versprochenen Werte nicht ein. In willfähriger Kumpanei mit den Betrügern in der Autoindustrie werden gegen besseres Wissen jahrelang lückenhafte Messverfahren angewandt. Die Bundesregierung handelt selbst jetzt nur zum Schutz der Betrüger, statt ihre Bürger zu schützen und wirksame Strafen und Maßnahmen zu ergreifen. Der Schaden für Gesundheit und Geldbeutel der Betroffenen ist schlimm genug. Doch in der kritischen Phase des disruptiven Wechsels zum Elektroantrieb schaden Betrüger dem Ruf der deutschen Autoindustrie. Das ist gefährlich für unseren Wohlstand. Wenig Möglichkeiten bleiben Berlins Senat, hier gegenzusteuern: Die zügige Umrüstung aller Dieselbusse und mehr hat ein flächenhaftes Fahrverbot für Betrugsdiesel in Berlin verhindern können, in der Leonorenstraße wird auf die Auswirkungen auf Nebenstraßen geachtet werden.

Bernd Steinhoff

AfD-Fraktion

Der effizienteste und wirtschaftlichste Verbrennungsmotor ist heute der Diesel-Motor. Deutschland ist hier weltweit führend. Das kann man bewundern – oder bekämpfen, da die eigenen Produkte ins Hintertreffen gelangen. Und genau das passiert hier: Gut organisierte Lobbygruppen beeinflussen auf höchster Entscheidungsebene „Umweltschutz-“Grenzwerte, die nichts mit der realen Lebenswelt zu tun haben. Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat offenbar kein Interesse, ihre hochmoderne Automobilindustrie zu schützen. Mit viel Geld wird uns über die Medien eine heile Grüne-Elektro-Energie-Welt vorgegaukelt, die – typisch links – tatsächlich reine Utopie ist. Die Grünen bringen diese Propaganda in die Parlamente. Sie sparen nicht mit Übertreibungen, denn nichts anderes als die Zukunft der Welt, ja des Klimas, hängt davon ab, dass es jetzt in Deutschland Dieselfahrverbote gibt. Nur die AfD spricht offen aus, dass das Irrsinn ist und legt die Fakten auf den Tisch: a) die angeblichen Grenzwerte sind unsinnig, b) die Zerstörung unserer Automobilindustrie ist wahnsinnig, c) das Weltklima wird auch durch Dieselverbote nicht gerettet.

Peer Lars Döhnert

FDP-Fraktion

Mit dem Dieselfahrverbot für die Leonorenstraße ist die Diskussion um die Luftqualität in deutschen Städten auch bei uns angekommen. Die Freien Demokraten (FDP) halten diese Maßnahme jedoch für absurd! In der Leonorenstraße gibt es derzeit nicht einmal eine Messstation und dort wo bislang gemessen wurde, entsprechen die Messpunkte oft nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sie liegen zu dicht am Straßenrand. Auch die Grenzwerte selbst sind zu hinterfragen. Sogar in der eigenen Wohnung sind deutlich höhere Werte erlaubt und gelten als unbedenklich. Die 150 Meter, auf die sich die Sperrung bezieht, werden zudem leicht zu umfahren sein. So werden die Wege länger und der Schadstoffausstoß am Ende sogar noch erhöht. Vor diesem Hintergrund fordern wir das Bezirksamt auf, alles zu unternehmen, um Fahrverbote zu verhindern. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig und Rechtsmittel sind ausdrücklich zugelassen worden. Auch die Hersteller sind endlich gesetzlich in die Pflicht zu nehmen. Sinnvoll wäre zudem eine intelligente Verkehrssteuerung sowie der bedarfsgerechte Ausbau des OPNV, mehr P+R und Carsharing-Angebote.

Andreas Thimm

Linksfraktion

Die Autoindustrie hat in den letzten 8 Jahren an CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne ca. 17 Millionen Euro gespendet. 80 Prozent davon gingen an Union und FDP. Gleichzeitig wurden Dieselkund*innen belogen und betrogen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatenlosigkeit der Bundesregierung sind diese hohen Parteispenden der Autolobby ein Skandal. Neuerdings setzen Umweltverbände vor Gerichten Diesel-Fahrverbote in Großstädten durch. In Lankwitz ist die Leonorenstraße betroffen. Ein Fahrverbot dort und in anderen Straßen reicht aber natürlich nicht aus, um die krebserregenden Autoabgase in hoher Konzentration aus Wohnvierteln zu verbannen. Saubere Luft in Berlin können nur flächendeckende Fahrverbote aller „Abgasschleudern“, die Abkehr von Holz- und Kohleöfen und eine echte Verkehrswende bringen. Die Linksfraktion in S-Z setzt sich deswegen konsequent für den Ausbau des ÖPNV und eine exzellente Radinfrastruktur ein. Gleichzeitig fordern wir, dass die Autoindustrie gezwungen wird, auf eigene Kosten Dieselfahrzeuge nachzurüsten und betroffene Kund*innen zu entschädigen. Großspenden lehnt die Partei Die Linke übrigens grundsätzlich ab.

Hans-Walter Krause

Titelbild

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