Wannsee
1945: US-Soldaten im Haus der Wannseekonferenz
Ausstellung über kaum bekannte Geschichte des Hauses

26.06.2025: Ein kürzlich zugänglich gemachter Brief wirft Licht auf die Ankunft der ersten US-amerikanischen Einheiten in Berlin im Juli 1945. Der US-Soldat Fritz Traugott beschreibt darin, wie er und seine Einheit ein Quartier fanden: das ehemalige Gästehaus der SS – heute die Gedenk- und Bildungsstätte am Wannsee. Aus dem Nachlass von Fritz Traugott entstand die aktuelle Gartenausstellung „On the Roof of Himmler's Guesthouse - Die U.S. Army 1945 am Wannsee“
Palastartiges Anwesen
In einem Brief vom 3. Juli 1945 an seine Frau Lucia spricht Traugott, Teil eines Vorauskommandos zur Sicherung von Unterkünften, von einem „wunderschönen palastartigen Anwesen“. Obwohl die US-Soldaten zu diesem Zeitpunkt nichts von der hier am 20. Januar 1942 abgehaltenen Wannsee-Konferenz wussten, war ihnen sehr wohl bewusst, welche Art von Personen dieses Haus frequentiert hatte. Dass es sich um „Himmler's Guesthouse“ handelte, ein Gästehaus des SS-Führers Heinrich Himmler, mag sie darin bestärkt haben, das Anwesen in Besitz zu nehmen und die US-Flagge zu hissen.

Einheit „Ritchie Boys“
Die Einheit Traugotts kam 1945 nach Deutschland, um NS-Verbrecher aufzuspüren. Ein wichtiger Aspekt der Geschichte ist, dass viele Soldaten in Traugotts Einheit sogenannte „Ritchie Boys“ waren. Diese Spezialeinheit des US-Geheimdienstes, oft selbst Flüchtlinge vor dem NS-Regime, wurde in Gegenspionage ausgebildet und nutzte ihre Kenntnisse der deutschen Kultur zur Informationsbeschaffung über das NS-Regime.
Diesen Bemühungen der Alliierten ist es zu verdanken, dass das heute einzige erhaltene Exemplar des Protokolls der Wannsee-Konferenz gefunden wurde und zur Aufklärung über die Bedeutung des Ortes beitrug. Den Amerikanern war damals auch die Herausforderung bewusst, in Deutschland eine Demokratie aufzubauen, angesichts verbreiteter antidemokratischer Einstellungen.
Junger, heimwehgeplagter Soldat
Die Verbindung zur Familie Traugott entstand erst im März 2022 über eine E-Mail an die Gedenkstätte am Wannsee. Sie enthielt ein Foto der US-Flagge über der Villa von 1945 und das Angebot weiterer Quellen aus dem Nachlass. Die Briefe aus dem Sommer 1945 zeigen Fritz Traugott als jungen, von Heimweh geplagten Soldaten. Seine Kinder beschrieben ihn später als liebevollen Vater. Nach dem Krieg kehrte er nicht mehr nach Berlin zurück, besuchte aber in den 70er-Jahren seine Geburtsstadt Hamburg. Sein Wunsch, Hamburg noch einmal zu sehen, dokumentiert in einem Brief von 1994, blieb vor seinem Tod 1995 unerfüllt.
Die Ausstellung mit Audio Walk im Garten der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz ist bis zum 30. Juni 2026 täglich 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt frei. Weitere Informationen unter www.ghwk.de/de