Gazette Verbrauchermagazin

Projekt „Prothesenteile für die Ukraine“

Nicht mehr benötigte Prothesen dringend gesucht

Olga Pischel und Klaus Dittmer mit einer Lieferung an Prothesenteilen für die Ukraine. Foto: Dittmer/Pischel
Olga Pischel und Klaus Dittmer mit einer Lieferung an Prothesenteilen für die Ukraine. Foto: Dittmer/Pischel
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Januar 2023
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MesserschmiedemeisterStahl-Hart

Amputierte Menschen sind in der ukrainischen Gesellschaft nahezu unsichtbar. Kriegsbedingt kommen nun täglich mehr Soldaten hinzu, die Prothesen benötigen. – Als wichtige Voraussetzung, um rehabilitiert und sozial integriert am gesellschaftlichen Leben wieder teilnehmen und ggf. den eigentlichen Beruf weiter ausüben zu können anstatt bis zum Lebensende am Rande der Gesellschaft dahinzuvegetieren. Eine genaue Zahl dazu nennt die ukrainische Regierung nicht, doch es sind viele – zu viele. Nicht zu vergessen Kinder und Menschen aus der Zivilbevölkerung, die im Kriegsgeschehen ebenfalls Gliedmaßen verloren haben. Und während in der Ukraine Prothesen dringend gesucht werden, liegen in etlichen deutschen Kellern und Abstellräumen ungenutzte Prothesen- oder Orthesenteile, die wiederverwendet werden könnten. In der Ukraine können sie gerade in dieser Zeit gute Dienste leisten: In Lwiw (Lemberg) wurde vor Kurzem ein vom Weltmarktführer für Prothesen Ottobock erworbenes mobiles Rehabilitationszentrum eröffnet, an dem für Kriegsverletzte Prothesen hergestellt werden. Umgesetzt werden konnte das Projekt dank des an vielen Orten der Ukraine aktiven ukrainischen Malteserordens. Finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt vom Auswärtigen Amt auf Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit. Rund 20.000 Euro kostet eine neue Prothese durchschnittlich. Doch Prothese ist nicht gleich Prothese, der Weg zur individuell genauen Passform kompliziert, zumal unter harten Kriegsbedingungen vorgenommene Amputationen oftmals nicht die besten medizinischen Ergebnisse aufweisen. Da ist dann besonderes Fingerspitzengefühl bei der Anpassung einer Prothese geboten. Die heutige Modulbauweise ermöglicht es aber, gezielt wiederverwendbare Bauteile nicht mehr benötigter Prothesen zu gewinnen. Der Einsatz dieser Module erweist sich dabei als zeit- und kostensparend. Während in EU-Ländern durch das Medizinprodukte-Gesetz die erneute Verwendung bereits genutzter Prothesenteile problematisch ist, sind diese in der Ukrainischen Notlage von unschätzbarem Wert.

Klaus Dittmer – Sammler und Wohltäter

Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, zu dessen Partnerstädten auch Charkiw zählt, hat sich Klaus Dittmer überlegt, wie man die Nöte in der Prothesen- und Orthesenversorgung der Ukraine lindern kann und sich dazu auf die Suche nach gebrauchten Prothesen und wiederverwendbaren Teilen begeben. Als ehemaliges Vorstandsmitglied der Bundesinnung der Orthopädietechnik betont er: „Aktivität aus der Zivilgesellschaft heraus ist wichtig. So kann da, wo die Politik nicht spontan eingreift, sofort geholfen werden.“

Dass es immer Opfer auf beiden Seiten des Krieges gibt, weiß er nur zu gut. In Afghanistan versorgte er einst im Rahmen der Perestroika amputierte russische Soldaten mit wiederverwendeten Prothesenteilen. Der ambitionierte Sammler von Objekten zur Geschichte der technischen Orthopädie erstellte aus Interesse an der Berufs- und Innungsgeschichte herausragende Objektsammlungen, die eine rund 100-jährige Technikgeschichte erzählen. Bewahrt für die Zukunft werden die Exponate vom Deutschen Hygiene-Museum in Dresden, vom Deutschen Museum in München und vom Karl-Sudhoff-Institut der Universität Leipzig.

Der technischen Orthopädie tief verwurzelt ist der Zehlendorfer Klaus Dittmer seit seiner Ausbildung im Oskar-Helene-Heim. Auf vielen interessanten Lebensstationen begleitete ihn sein Beruf: So auf seiner dreijährigen Entwicklungshelfer-Tätigkeit in Tunesien, bei der er beim Aufbau einer orthopädischen Werkstatt half, und während seiner vierzigjährigen selbstständigen Leitung von „Ortho-Ped Dittmer“ in Wilmersdorf.

Erfolgreiche Projektarbeit gemeinsam mit Olga Pischel

Der Orthopädie-Technik-Meister weiß bei der Realisierung seiner aktuellen Idee, die wiederverwendbaren Teile mit dem Projekt „Prothesenteile für die Ukraine“ in die Ukraine zu bringen, Olga Pischel organisatorisch an seiner Seite. Die gebürtige Charkiwerin schloss in Berlin ihr Volkswirtschaftsstudium ab und arbeitete anschließend in der Freien Wirtschaft. Sie erklärt: „Seit 2015 engagiere ich mich als Initiatorin und Leiterin von sozialen Projekten zur Stärkung der Zivilgesellschaft in der Ukraine (mit Förderung des Auswärtigen Amtes). Als Vorstandsmitglied arbeite ich ehrenamtlich für den Kul‘tura e. V. und die Stiftung ‚Überbrücken‘.“ Ebenfalls als Vorstandsmitglied des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf koordiniert Olga Pischel die Kooperation mit der Stadt Charkiw, wo ursprünglich das Versorgungszentrum für Versehrte seinen Sitz hatte. Nach seine Zerstörung wurde es bei Lemberg neu errichtet, wo gerade die von Klaus Dittmer und Olga Pischel organisierte zweite Lieferung an Prothesenteilen eingetroffen ist. Doch der Bedarf bleibt groß, und so sind wiederverwendbare Bauteile aus nicht mehr benötigten Prothesen und Orthesen aus Firmen- und Privatbesitz ebenso dringend gesucht wie diesbezügliche handhabbare Maschinen und Werkzeuge.

Wer nicht mehr benötigt Objekte dieses Bereichs abgeben möchte, bitte bei Klaus Dittmer melden unter E-Mail: Klaus.Dittmer.Orthopaedie@googlemail.com

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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