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Martin-Niemöller-Haus Berlin-Dahlem: Sanierung im Zeitplan

Vorzeigeobjekt bezirklicher Erinnerungskultur bald wieder erlebbar

Noch mit Gerüst: Das Martin-Niemöller-Haus in Dahlem.
Noch mit Gerüst: Das Martin-Niemöller-Haus in Dahlem.
Erschienen in Gazette Zehlendorf März 2018
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Derzeit ist das geschichtsträchtige Haus noch eine Baustelle. Auf dem unter Denkmalschutz stehenden, ehemaligen Pfarrhaus Martin Niemöllers in der Dahlemer Pacelliallee 61 klettern die Dachdecker herum, und einige Arbeit bleibt zu erledigen, bis dieser historische Ort der Dahlemer Bekenntnissynode von 1934 wieder seine Türen öffnen wird. – Voraussichtlich Mitte 2018, denn noch liegt die Sanierung im Kosten- und Zeitplan.

Als wichtiger Bestandteil eines authentischen Erinnerungsensembles, zu dem es gemeinsam mit der St.-Annen-Kirche, dem Kirchhof und dem historischen Gemeindehaus zählt, ist es in der Kette geschichtsträchtiger Sehenswürdigkeiten Dahlems als bedeutungsvolles Glied zwischen gestern und heute für Einheimische wie Touristen gleichermaßen unverzichtbar. In unmittelbarer Nähe von Domäne Dahlem, Botanischem Garten und unweit des AlliiertenMuseum, Kunsthaus Dahlem und des Brücke Museum angesiedelt, wird das 1910 vom Berliner Funkturm-Architekten Heinrich Straumer im englischen Landhausstil errichtete Haus mit seinem Garten einer zeitgemäßen Sichtbarmachung entgegensaniert und als moderner Ort zum Erinnern, Lernen und Handeln weiterentwickelt: So will man in den zukünftigen Alltags-Aufgaben der professionell geführten öffentlichen Einrichtung die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit dem Verständnis der Gegenwart in der Zukunftsperspektive lebendig vereint sehen. Wie sie auch im Denken und Handeln Martin Niemöllers verankert waren. 1931 war er Pfarrer der Dahlemer Gemeinde geworden, wo sich 1933 im Kampf gegen die Ausgrenzung von Christen jüdischer Herkunft aus dem kirchlichen Leben 70 Pfarrer zum Pfarrernotbund unter seinem Wirken und Vorsitz zusammengeschlossen hatten. Aus diesem Notbund ging schließlich die Bekennende Kirche hervor. Zu deren aktivsten Mitgliedern gehört Martin Niemöller – dessen eindringliche Lebensgeschichte als Pfarrer, Gefangener und schließlich Präsident des Weltkirchenrates und Mahner jeder Stein seines Dahlemer Pfarrhauses erzählt, in dem er mit seiner Familie von 1932 bis zu seiner Verhaftung durch die Gestapo im Jahr 1937 lebte.

Weiterentwicklung zum gefragten Lernort

Die inhaltliche Arbeit des Martin-Niemöller-Hauses wird heute von zwei Säulen getragen, der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Dahlem und dem Verein Friedenszentrum Martin-Niemöller-Haus.e.V., einem Zusammenschluss von kirchlichen und säkularen Gruppen, die sich u. a. aktiv einsetzen für die Friedensbewegung, die Dritte-Welt-Solidaritätsarbeit, für internationale Freiwilligendienste, Gewaltfreiheit und kirchliche Jugendarbeit. Seit 1980 wird von der ev. Kirchengemeinde Dahlem das Pfarrhaus christlichen und politischen Gruppen zur Verfügung gestellt, zu denen amnesty international und das Deutsch japanische Friedensforum ebenso zählen wie der Falken Kreisverband Steglitz-Zehlendorf und der Dritte Welt Laden Berlin. Diese Aufgaben erweitern zu können und ihnen mehr Raum zu schaffen, bedurfte es – neben der Beseitigung von Mängeln am Bau – eines durchdachten Sanierungs-Projektes, das zügig voranschreitet.

Immerhin rund 1,5 Millionen Euro für die Sanierungskosten konnten dafür gesammelt werden, angeführt von der Gemeindekirchenratsvorsitzenden Katja von Damaros und unterstützt von vielen Einzelpersonen und Institutionen, die sich an der Finanzierung beteiligen, darunter die Lotto-Stiftung, der Kirchenkreis, der Denkmalschutz, die Landeskirche und die Friede Springer Stiftung.

Und gerade fand am 21. Januar in der Kirchengemeinde Dahlem ein vom Verein Denk mal an Berlin e. V. initiierte Benefizkonzertlesung zugunsten der naturgetreuen Sanierung der historischen Pfarrhausküche des Martin-Niemöller-Hauses statt. Hier hatte sich einst Niemöller mit seinen Kollegen des Pfarrernotbundes zu Gesprächen getroffen, da die Küche als „abhörsicher“ galt.

Seit 2012 wurden Angebote für die Sanierung gesammelt, Pläne erstellt. Ausführendes Architektenbüro wurde das Büro für Architektur, Denkmalpflege und Bauforschung (adb), das auch an der Sanierung des Französischen Doms und der Paulus-Kirche in Berlin-Zehlendorf arbeitete.

Nach der Dachsanierung und dem bevorstehenden Gerüstabbau am Pfarrhaus kann mit den Ausschachtungen der Kellerwände begonnen werden, um die Feuchtstellen, die der letzte regenreiche Sommer mit sich brachte, zu durchtrocknen. Für das Frühjahr stehen die Abdichtung, die Verfüllung der Baugrube und die Garten- und Landschaftsbau-Arbeiten an, die außen den zukünftig barrierefreien Zugang des Hauses über eine Rampe gewährleisten. Auch im Hausinneren wird es u. a. durch einen Fahrstuhl diese Barrierefreiheit geben. Im Sockelgeschoss werden das Foyer, der Kita-Bereich und die sanitären Anlagen Einzug halten. Der erste Stock beherbergt Büros, drei Arbeitsräume, die mit moderner EDV-Technik ausgestattet und nach Belieben über eine Flügeltür zu verbinden sind, sowie den historischen Bereich mit der Küche und dem Arbeitszimmer Niemöllers. Überwiegend in diesem Stockwerk wird die inhaltliche Arbeit des Hauses stattfinden. Im angegliederten Bereich wird eine Einlieger-Wohnung konzipiert, die Teile des Dachgeschosses einschließt, und deren Vermietung zwingend mit der Thematik des Niemöller-Hauses verbunden sein wird.

Mit der Gründung einer gemeinnützigen GmbH wird der Erinnerungsort eine eigene Rechtsstruktur erhalten, welcher die Teilhabenden – Kirchengemeinde und den Friedenskreis – angehören werden. Sich selbst zu finanzieren und zu tragen, dürfte ein weiteres wichtiges Ziel sein, worauf das Niemöller-Haus sich hin entwickeln will. – Als denkwürdiger Veranstaltungsort mit lehrreicher Vergangenheit für Seminare, Workshops, Schulungen oder Podiumsdiskussionen.

Projektschrittmacher Erinnern – Lernen – Handeln

Um die Sanierungsschritte und die konzipierte inhaltliche Arbeit im Haus zu konkretisieren und hin zur öffentlichen Einrichtung zu professionalisieren, hat Anfang September 2017 am Martin-Niemöller-Haus der Historiker Arno Helwig die neu geschaffene Stelle als Leiter angetreten. Seine Schwerpunkte liegen in der Didaktik, Zeitgeschichte und Erinnerungskultur. Erfolgreich war er zuletzt am AlliiertenMuseum in Dahlem an der Seite von Bernd von Kostka tätig, wo er sich mit dem Thema „Die Amerikaner im geteilten Berlin“ auf erfolgreiche Spurensuche im Südwesten der Stadt begab. „Dabei habe ich die Kulturlandschaft im Berliner Südwesten kennen und schätzen gelernt. An der Sichtbarmachung dieses besonderen Schatzes – des Ensembles um das Martin-Niemöller-Haus – mitwirken zu können, darauf freue ich mich“, betont Helwig, der sich zukünftige Kooperationen und weitere Vernetzungen zugunsten der Erinnerungskultur des Dahlemer Lernortes nicht nur innerhalb des Bezirkes durchaus vorstellen kann. Auch das kirchliche Arbeitsumfeld ist ihm aus seinen frühen Aktivitäten in Baden-Württemberg alles andere als fremd. Und so stellt er sich gemeinsam mit weiteren Projekt-Beteiligten gerne der spannenden Aufgabe, an der Stärkung und Entwicklung dieses besonderen Erinnerungs- und Lernortes mitzuwirken. Noch bis zur Fertigstellung des Pfarrhauses ist Arno Helwig im Gemeindehaus an der Thielallee 1-3 als Ansprechpartner anzutreffen, später dann im Niemöller-Haus.

In ergebnisreichem Austausch befindet sich der Historiker mit dem ebenfalls derzeit von der Thielallee aus arbeitenden Ethnologen und Vergleichenden Religionswissenschaftler André Becht, der bereits seit April 2017 geflüchtete Menschen und den interreligiösen Dialog am Martin-Niemöller-Haus hin zum gegenseitigen Verständnis begleitet. Er bringt Erfahrungen aus der politischen Bildungsarbeit und aus zahlreichen Kunst- und Kulturprojekten mit. Ein wertvoller Begleiter ist er für Arno Helwig und die Beteiligten bei der Vorbereitung einer neuen Dauerausstellung, die sich anlässlich der Eröffnung des Martin-Niemöller-Hauses über die Wände der Seminar- und Erinnerungsräume in zweidimensionalen Text-Bild-Tafeln verteilen wird. Ausgangspunkt ist die Ausstellung aus den 80er-Jahren, die zur Geschichte der Bekennenden Kirche und der Dahlemer Kirchengemeinde konzipiert worden war. Mit viel Fachkompetenz, neuen Erkenntnissen – so auch zur wichtigen Rolle der Frauen im Widerstands-Alltag – wird sie in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand komprimiert, fokussiert und aktualisiert. Unverzichtbare Impulsgeber dabei sind Prof. Steinbach und Kuratorin Martina Voigt.

– Man darf also bereits heute in mehrfacher Hinsicht und weit über die Bezirksgrenzen hinaus gespannt auf die Wiedereröffnung des Martin-Niemöller-Hauses in Dahlem sein.

Weitere Informationen unter www.niemoeller-haus-berlin.de und arno.helwig@kg-dahlem.de

Jacqueline Lorenz

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