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Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim auf Amrum

Traditions-Ferienstätte sitzt auf dem Trockenen

Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim heute. Foto: Verein f. Erholungs- und Ferienstätten
Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim heute. Foto: Verein f. Erholungs- und Ferienstätten
Erschienen in Gazette Wilmersdorf Juli 2020
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Sie leben von Kinderlachen, Abenteuerlust und Ferienstimmung: Erholungs- und Ferienstätten wie das Nordseeheim auf Amrum im Ortsteil Wittdün, das seit 95 Jahren in direkter Nachbarschaft zu Meer und Strand Naherholungsaufenthalte für Kinder, Jugendliche, Schulklassen und Studenten, aber auch für Senioren gemeinnütziger Organisationen wie dem Union-Hilfswerk bietet. Freier Träger des Nordseeheims ist der Verein für Erholungs- und Ferienstätten eG.

Derartige Einrichtungen ermöglichen auch Kindern aus sozial schwächeren Familien, ihre kleinen Füße reizvolle Bekanntschaft mit salzigem Meerwasser oder saftigen Bergwiesen machen zu lassen. Doch gerade diese Ferienstätten gehören zu den großen Verlierern der Corona-Krise. Immerhin gibt es mit der Überlegung des Bundes, einen finanziellen Rettungsschirm für Schulland- und Ferienheime aufzuspannen, nun wenigstens einen leichten Hoffnungsstreif an ihrem Horizont.

Damit das traditionsreiche Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim auf Amrum in fünf Jahren zuversichtlich seinen 100. Geburtstag feiern kann, bedarf diese gemeinnützige Ferienstätte dringender finanzieller Hilfe von außen, wie der Vorsitzende des Trägervereins Michael Nestoroff nicht ohne Sorge um das liebevoll geführte Haus erklärt. Zwar erhielt das Haus aus der Soforthilfe für Kleinunternehmer 14.000 Euro. „Ein Tropfen auf den heißen Stein und mit den Betriebskosten für nur einen Monat bereits aufgebraucht“, sagt Nestoroff. Er wünscht sich, um planen zu können, keine Kredite, die das Problem nur nach hinten schieben, sondern vielmehr solide Zuschüsse, um die regelmäßigen Kosten des Hauses in diesen Tagen decken und die neun Beschäftigten vom Koch bis zum Hausmeister vor der Kündigung bewahren zu können. „In diesem Jahr fehlen etwa 350.000 Euro, das sind mehr als 80 Prozent des Umsatzes“, erklärt Nestoroff. – Ausfall, der nicht mehr wettgemacht werden kann, auch wenn Schulreisen im zweiten Halbjahr wieder zugelassen sind. Das Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim darf, um seine Gemeinnützigkeit nicht zu verlieren, keine Rücklagen bilden und nicht gewerblich tätig werden. Zwar konnten einige wenige Zimmer an Saisonarbeiter vermietet werden, mehr erlaubte die Gemeinnützigkeit des Heimes jedoch nicht. So liegt es nun – auch wenn die Nordsee so greifbar nah ist – Corona-bedingt auf dem Trockenen und hofft auf baldige Buchungen durch Schulen und karikativen Organisationen, welche wieder Leben in die verlassenen Räume und Geld in die Kasse bringen.

Südseite Meerblick – auch für Einkommensschwache

Seit dem 1. April 1925 befindet sich das Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim in Besitz des Verein für Erholungs- und Ferienstätten, der am 4. Februar 1920 von namhaften Wilmersdorfer Bürgern wie dem damaligen Oberbürgermeister Ernst Habermann und dem Stadtverordneten Friedrich Spanier gegründet worden war, und in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern konnte.

Der Verein wurde zur eingetragenen Genossenschaft, deren gemeinnützige Aufgabe bis heute ist, für erholungsbedürftige Kinder einkommensschwacher Familien einen Kur- und Erholungsaufenthalt in belebender Nordseeluft zu ermöglichen.

Zu diesem Zweck hatte der frischgebackene Verein einst das ehemalige Hotel „Kaiserhof“ in Wittdün auf Amrum erworben und, zum Kindererholungsheim „Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim“ umgebaut, am 1. April 1925 feierlich eröffnet. Bis Kriegsbeginn fanden jährliche Sommerkuren im Haus statt, an denen pro Kur rund 130 Kinder teilnahmen.

Unter den Nationalsozialisten diente das Nordseeheim als Lazarett. Nach Kriegsende wurde es von der britischen Militärregierung besetzt, die Flüchtlinge in den einstigen Kurräumen unterbrachte.

Erst ab 1950 stand das Nordseeheim der Genossenschaft wieder für ihre sozialen Aufgaben zur Verfügung. Mit viel Energie des Vereins konnte an die Kindererholungs-Ära vor dem Krieg wieder angeknüpft werden: Unter pädagogischer und ärztlicher Betreuung und vom Land Berlin bzw. dem Hilfswerk Berlin finanziert, wurden vier- bis sechswöchige Erholungsaufenthalte angeboten.

Nordsee-Erholung pur mit Sonne, Sand und Seehunden

Ab 1976, mit der Kürzung öffentlicher Mittel, wurde zur Kostendeckung das Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim außerhalb der Ferien dem Berliner Schullandheimverband für Klassenfahrten zur Verfügung gestellt. Bald war das Nordseeheim DER Renner bei Schülern und Lehrern.

Inzwischen kommen Schulklassen und Jugendgruppen aus ganz Deutschland über den Berliner Schullandheimverband in das Nordseeheim nach Amrum.

Während der Berliner Ferienzeiten finden karikative Organisationen für Jugendgruppen- oder Erholungsfahrten Aufnahme im Haus. 183 Kinder- und Jugendbetten stehen zur Verfügung und 15 Betreuer können untergebracht werden.

Darüber hinaus erhalten über karikative Einrichtungen auch Senioren kostengünstige zwei- oder dreiwöchige Erholungsaufenthalte in gut ausgestatteten Appartements im Personalhaus geboten.

Die Crew des Nordseeheims lässt sich viel einfallen, Klein und Groß das reiche Angebot dieser einmalig schönen Gegend und ein Gefühl für diese schützenswerte Natur rund um das Schutzgebiet Wattenmeer näherzubringen: Da warten die Seehunde auf den Seehundbänken auf respektvolle Besucher, die Schutzstation Wattenmeer veranstaltet Exkurse zu Krabbe & Co, und bei einer ganz besonderen Wattwanderung mit Herrn Boyens begrüßen kleine und große Schlicktreter Wattwurm und Taschenkrebs in seiner ganz natürlichen Umgebung.

Voller neuer Eindrücke geht´s dann zurück in das Traditionsheim am Meer, zu Tee mit Kluntjes und Wölkchen oder heißer Schokolade.

Jacqueline Lorenz

Verein für Erholungs- und Ferienstätten Berlin-Wilmersdorf eG.

☎ 030 / 305 13 82

www.nordseeheim.de

Das Berlin-Wilmersdorfer Nordseeheim kann durch Crowdfunding unterstützt werden: www.leetchi.com/c/spendenaufruf-fuer-das-berlin-wilmersdorfer-nordseeheim
und/oder durch Spenden:

Verein für Erholungs- und Ferienstätten
Bankkonto: Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG
IBAN: DE71 1007 0848 0361 2439 00
BIC: DEUTDEDB110

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