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„3 Tage Kunst“ – ersatzlos gestrichen?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Kommunalen Galerie Berlin
Kommunalen Galerie Berlin
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Januar 2019

Kunstpause – die beliebte Kunstmesse „3 Tage Kunst“ in der Kommunalen Galerie fand in diesem Jahr nicht statt.

Die Fraktionen in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf nehmen in den folgenden Beiträgen zu diesem Thema Stellung.

SPD-Fraktion

Seit 2012 gibt es sie, die Kunstmesse „3 Tage Kunst“ in der Kommunalen Galerie – drei tolle Kunsttage im Herbst, die zum Entdecken aktueller Kunstwerke verschiedenster Genres ebenso dient wie der vielfältigen Vernetzung. Das ist schon etwas Besonderes im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. 30 bis 40 Künstlerinnen und Künstler, die ihren Lebensmittelpunkt zwischen Nonnendammallee und Wilhelmsaue haben, konnten bisher jedes Jahr ausstellen. Eine Jury unter der Leitung der Kulturamtsleiterin Frau von der Liedt hat aus dutzenden von Vorschlägen jedes Jahr die Besten ausgewählt, die ihre Bilder, Fotografien, Skulpturen, Videos zeigen konnten und drei Tage lang (von Freitag bis Sonntag) vor Ort über Kunst und Kunstschaffen Auskunft gaben. Eine in der Berliner Kunstlandschaft ziemlich einmalige Aktion, die auf Beschluss der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf ins Leben gerufen wurde. Beim ersten Mal waren auch einige Prominente wie Matthias Koeppel und seine Frau Sooki sowie Anja Knecht mit unter den Ausstellenden. Und die jährlich herausgegebenen Miniatur-Kataloge zeugen noch heute von der Vielfalt. Eine wunderbare Tradition, die von der SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt und hoffentlich nach der diesjährigen Pause noch lange weitergehen wird.

Dr. Christiane Timper

CDU-Fraktion

Eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern, viele kunstinteressierte und – begeisterte Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt der Ausschuss für Weiterbildung und Kultur der BVV erlebten in diesem Herbst NULL-­TAGE-KUNST. Ohne irgendeine und unbedingt erforderlich gewesene Kommunikation hat die Kulturverwaltung die eingeführte, anerkannte und wichtige Messe 3 Tage Kunst in der Kommunalen Galerie einfach ausfallen lassen. Unsere CDU-Fraktion hat und wird das nicht akzeptieren. Wir haben uns dafür bereits stark gemacht und wir werden das intensiv forcieren, dass die Verantwortlichen im Bereich Kultur des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf ein neues tragfähiges Konzept für die Wiederaufnahme und den dann zu sichernden jährlichen Erhalt der Kunstmesse beginnend im Jahr 2019 vorlegen. Ein Bezirk, der glücklicherweise ein Atelierhaus in der Sigmaringer Straße 1 und ein weiteres am Nonnendamm 17 hat und in dem es ein privates Atelierhaus in der Babelsberger Straße 40/41 gibt, sollte in der Lage und willens sein, wenigstens einem Teil der dort ansässigen Kunstschaffenden ein adäquates Forum und der Bevölkerung einen Einblick in die dort geleistete künstlerische Arbeit zu bieten.

Reinhold Hartmann

B‘90/Grünen-Fraktion

Die Kunstmesse 3 Tage Kunst wird seit Herbst 2012 auf Initiative der Grünen jedes Jahr in der Kommunalen Galerie am Hohenzollerndamm veranstaltet. Ziel ist die Förderung Kunstschaffender im Bezirk. Die Künstlerinnen und Künstler sind während der gesamten Veranstaltung anwesend, sie präsentieren ihre Arbeiten an Einzelständen und alle gezeigten Werke stehen zum Verkauf. So wird die Kommunale Galerie zum Ort des Austausches zwischen Künstler*innen und Besucher*innen. Die von einer Jury ausgewählten Werke umfassen alle Gattungen der Malerei, Grafik, Fotografie und Skulptur/Objekte. Dieses Angebot hat während der drei Tage jedes Mal zahlreiche Besucher*innen angezogen.

Im Januar 2019 soll im Ausschuss für Kultur und Weiterbildung über die Zukunft der Messe gesprochen werden. Stichhaltige Gründe, die Messe so nicht mehr stattfinden zu lassen, wurden bislang nicht geltend gemacht. Wir setzten uns vehement für den Erhalt der Kunsttage in der Kommunalen Galerie ein und sehen keinen Anlass, dieses erfolgreiche Format nicht mehr weiterzuführen. Wir sind gespannt auf die Ausschusssitzung und auf die Argumente des Bezirksamts.

Dagmar Kempf

FDP-Fraktion

Diese Fragestellung klingt für alle Freunde der Kunst beunruhigend. Sie waren es gewohnt, dass jährlich Künstlerinnen und Künstler aus dem Bezirk in unserer Kommunalen Galerie ihre Werke gemeinsam für wenige Tage präsentieren konnten. Dieses niederschwellige Angebot war bisher nicht nur beim Publikum beliebt, sondern auch einträglich für so manchen der teilnehmenden Künstler. Natürlich bedarf es eines erheblichen organisatorischen Aufwands für eine kurze Zeitspanne und ist mit Kosten verbunden. Diskutieren kann man immer über die unterschiedliche Qualität der ausgewählten Kunstwerke. Aber gehört es nicht zum Selbstverständnis einer kommunalen Galerie eine Plattform für diejenigen zu bieten, die mit ihren Arbeiten noch keinen Zugang zu den kommerziellen Galerien gefunden haben? Wenn ein Termin mit Tradition erst einmal gestrichen wird, dann ist das ansonsten anerkannte und vielfältige Programm der Kommunalen Galerie um einen bodenständigen Beitrag ärmer. Zumindest sollte darüber nachgedacht werden, in welcher Form eine Alternative angeboten werden kann.

Stephanie Fest

AfD-Fraktion

Mit der Kunst ist es so eine Sache. Jeder weiß, es gibt gute und schlechte Kunst. Aber wie bewertet man das? Und wer ist dazu befugt? Qualitätskriterien ändern sich mit der Zeit. Dafür gibt es viele Gründe: ästhetische, historische, soziale, politische. Die Initiative 3 Tage Kunst des Kulturamts Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt Werke von Künstlern und Künstlerinnen aus dem Bezirk. In diesem Jahr wurde nun die Ausstellung ausgesetzt. Man sei nicht mehr zufrieden mit den Einreichungen, heißt es, es mangele an Qualität. Es ist richtig, in so einem Fall zu sagen: Stopp! Wir müssen uns etwas anderes überlegen, andere Anforderungen stellen, neu über Auswahlkriterien nachdenken. Denn eins ist klar: Wenn die Qualität nicht stimmt, hat niemand etwas von so einer Ausstellung. Nicht die Besucher und auch nicht die Künstler. Es ist ja eine bezirkliche Messe für Gegenwartskunst. Diesem Anspruch muss man gerecht werden, da schadet Beliebigkeit. Entscheidend muss allein die Qualität der Kunstwerke sein. Es darf nicht darum gehen, dass man Künstlern mal etwas Gutes tun möchte. Das Kulturamt sollte sich bei seinen Überlegungen über die Zukunft von 3 Tage Kunst an den Satz von Gottfried Benn halten: „Das Gegenteil von Kunst ist gut gemeint“.

Michael Seyfert

Linksfraktion

Es ist nicht ganz ersichtlich, ob organisatorische Gründe 2018 die „3 Tage Kunst“ nicht stattfinden ließen. An der Leistung der im Bezirk lebenden und arbeitenden Künstler*innen liegt es kaum.

Vielleicht nutzt der Fachbereich Kultur die Zeit kreativ zur Weiterentwicklung des Konzepts. Erklärtermaßen hat die Messe als Ziel, die Künstler*innen im Bezirk zu fördern: Präsentation der Kunstwerke im öffentlichen Raum, Unterstützung der Vermarktung, Netzwerkbildung und Anregung von Projekten.

Vordergründig geht es um Qualität, eigentlich aber um Erreichbarkeit. Entscheidend ist der Anklang bei den Künstler*innen und beim Publikum sowie der Effekt, den die Veranstaltung erzielt. Es gibt viele und sehr gute Künstler*innen im Bezirk – mehr als bisher ausgestellt haben. Sie zu erreichen, eine Werkauswahl zu treffen und einzubeziehen ist Aufgabe der Jury und der Kurator*innen. Die Künstler*innen des Bezirks brauchen eine Förderung; diese effizient zu gestalten, sollte eigentlich in einem Dialog erarbeitet werden. Eine Kunstmesse mit Foren, Diskursen kann neben der Außenwirkung einer Ausstellung hierfür eine Plattform sein. Vielleicht kommt der Bezirk ja auf die Idee, die Künstler*innen einzuladen um mit ihnen darüber zu sprechen.

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

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