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Sehnsucht nach Idylle

Max Liebermann und die Maler am Wannsee

Max Liebermann, Blumenstauden am Gärtnerhaus, 1928, Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin, Nachlass Gretchen Whitman. Foto: Julia Jungfer
Max Liebermann, Blumenstauden am Gärtnerhaus, 1928, Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin, Nachlass Gretchen Whitman. Foto: Julia Jungfer
Erschienen in Wannsee Journal Dezember/Januar 2019

Die Sehnsucht nach einer Idylle jenseits des turbulenten Großstadtgetriebes ließ um 1900 nicht nur wirtschaftsmächtige Unternehmer und Industrielle, sondern auch Architekten und Künstler aus Berlin hinaus nach Wannsee ziehen. Hier hatte der Bankier Wilhelm Conrad eine Villenkolonie begründet, in der sich mit Oscar Begas, Carl Becker, Anton von Werner, Hugo Vogel und Philipp Franck seit Beginn der 1870er-Jahre eine Reihe renommierter Berliner Maler niederließen, in deren Schaffen und in deren Häusern sich die zeitgenössischen künstlerischen und architektonischen Strömungen zwischen Tradition und Moderne widerspiegeln.

Künstlerhäuser am Wannsee

Auftakt dieser Entwicklung war der Zuzug des Historien- und Porträtmalers Oscar Begas (1828-1883), der sich 1872 mit seiner Villa im Stil der italienischen Renaissance am Kleinen Wannsee nicht nur einen paradiesischen Rückzugsort, sondern auch einen Ort des kreativen Schaffens und des gesellschaftlichen Austauschs schuf. Ebenso wie der Akademieprofessor Carl Becker (1820-1900), dessen florentinisch anmutende Villa in der Conradstraße 13 noch heute an Ort und Stelle steht und an den Historienmaler erinnert. Während Oscar Begas und Carl Becker zeitlebens der akademischen Malerei verpflichtet waren, lässt sich in den in Wannsee entstandenen Werken der Historienmaler Anton von Werner (1843-1915) und Hugo Vogel (1855-1934) bereits thematisch wie stilistisch jene Hinwendung zu Licht, Luft und Sonne feststellen, die schließlich in den impressionistischen Arbeiten Philipp Francks (1860-1944) und Max Liebermanns (1847-1935) zur Vollendung gelangte. Diese Modernität fand auch in den jeweiligen Künstlerhäusern sprechenden Ausdruck. Als Max Liebermann 1910 sein Sommerhaus am Wannsee bezog, war dies gleichsam der krönende Abschluss einer jahrzehntelangen Entwicklung.

Netzwerke und zeithistorische Dokumente

Erstmalig beleuchtet die Liebermann-Villa in ihrer Ausstellung Sehnsucht nach Idylle die Netzwerke der Maler am Wannsee und stellt anhand exemplarischer Werke und zeithistorischer Dokumente die jeweiligen Lebens- und Schaffenswelten von 6 Künstlern vor, die sich um 1900 ihren Sommersitz am Wannsee errichten ließen. Dabei zeichnet die Ausstellung auch die Entwicklung von einer traditionsorientierten Kunstauffassung akademischer Provenienz zum Impressionismus Max Liebermanns nach.

Die Ausstellung wird bis zum 10. Februar 2020 in der Liebermann-Villa am Wannsee gezeigt. Colomierstraße 3, 14109 Berlin, www.liebermann-villa.de .

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