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„Känguru“ springt ein

Wenn junge Eltern an ihre Grenzen stoßen

Projektkoordinatorin Sophie Gerig. Foto: ubo/kksteglitz
Projektkoordinatorin Sophie Gerig. Foto: ubo/kksteglitz
Erschienen in Gazette Steglitz November 2023
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Die Vorfreude war groß, und nun ist er endlich da der Nachwuchs: Doch wie viel Energie der kleine Mensch seinen Eltern täglich abverlangt, haben die sich vorher kaum träumen lassen: Durchwachte Nächte, kaum planbare Tage. Manch Elternteil – vielleicht sogar alleinerziehend – kommt da schnell an seine eigenen Grenzen und wünscht sich ein Känguru, das zeitweise das Kleine schützend in seinem Beutel aufnehmen und betreuen könnte. Hilfreich ist es aber auch, wenn es Menschen gibt, die uneigennützig als ehrenamtliche Paten zur Seite stehen, um den Eltern etwas Zeit für sich zum Durchatmen zu schenken – letztendlich zur Stärkung des Systems Familie. Das Ehrenamts-Projekt „Känguru – hilft und begleitet“ der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz unterstützt mit diesem Ziel bereits im 16. Jahr frischgebackene Eltern. Das Programm steht an seinen neun Standorten (acht in Berlin, ein Standort in Brandenburg) unter Trägerschaft und wird aus Spenden finanziert. In diesem Jahr erhält das Projekt erstmals auch Förderung von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Daraus konnte nun am Standort in Steglitz-Zehlendorf auch die 20-Stunden-Stelle von Sophie Gerig erweitert werden, die vorher nur 5 Stunden umfasste. Seit April 2023 ist die Sozialpädagogin und -arbeiterin dort die regionale Projektkoordinatorin. Aus ihrer Arbeit in der Kinderkrippe bringt sie wertvolle Erfahrung für ihre Aufgabe mit, die so viele Profiteure verspricht. Sie wünscht sich viele weitere ehrenamtliche Patinnen und Paten, um alle Anfragen um Unterstützung aus den Familien im Bezirk bedienen zu können.

Hilfe und Begleitung für Eltern und Kind

„In der Stadt wird eher über Kindergeschrei geschimpft und die Polizei gerufen, anstatt einfach mal an der Tür der Nachbarn zu klingeln und nachzufragen, was denn eigentlich los ist und warum das Kind weint“, sagt Sophie Gerig, sich voll über die wichtige Bedeutung des Känguru-Projektes bewusst. Die ehrenamtlichen Paten, die sie nach genauer Auswahl passend zu den jeweiligen Bedarfs-Familien an sie vermittelt, beschäftigen sich dann flexibel etwa 2-3 Stunden wöchentlich mit dem Baby, auf Augenhöhe ohne einmischende Erziehungstipps, sodass die Eltern bzw. der Elternteil sich während dieses Freiraums mit anderen Dingen beschäftigen kann. Da geht die rüstige Rentnerin dann mit dem Baby im Kinderwagen spazieren, liest der pensionierte Lehrer den älteren Kindern vor, während das Baby der Familie in Ruhe gestillt wird. Schön, wenn daraus „ganz nebenbei“ Beziehungen fürs Leben entstehen, von denen Familie UND Pate profitieren.

Familien, die sich finanziell durchaus einen Babysitter leisten könnten, sind nicht Zielgruppe des Projektes, dafür aber Alleinerziehende oder berufsbedingt zeitlich eingeschränkte Eltern ohne Betreuungsmöglichkeit im Bekannten- und Verwandtenkreis sowie Familien mit mehreren Kindern. Die Hilfe soll an der sozial richtigen Stelle ankommen, ist Sophie Gerig wichtig.Trost und Kraft spenden die Paten dort, wo Babyblues herrscht und Eltern in ihrer Energie ausgeschöpft sind, dank des freiwilligen Hilfseinsatzes wenigstens kurze Erholungsphasen finden können. Eltern eines Babys, das jünger als zwölf Monate ist, können an einem der Standorte des Projekts in Berlin und Falkensee oder telefonisch eine Patenschaft beantragen.

Vermittlung mit Herz und Verstand

Doch wer sind die Nutzer dieses Angebotes, wer die ehrenamtlichen Paten? – Da ist die Mutter mit dem Neugeborenen, deren Mann nun aufgrund einer Weiterbildungsmaßnahme keinen Tag mehr vor 20 Uhr nach Hause kommt, ist die Zwillingsmutter, die kaum noch zum Durchatmen kommt. Und da ist auch die Alleinerziehende, die gerade ihr 3. Kind bekommen hat. Seit sechs Jahren ist sie nur für ihre Kinder da und hat ihre eigenen Bedürfnisse hintenan gestellt. Als die Projektkoordinatorin sie fragt, was sie mit der durch die Paten-Vermittlung neu gewonnenen Zeit nun anfangen will, erklärt die Mutter: „Ich werde endlich weiter an den Fotoalben mit den Fotos meiner Kinder arbeiten.“ Ihr ist schon damit geholfen, dass die Patin die älteren Kinder zum Sportunterricht bringt.

14 Paten sind in Steglitz-Zehlendorf derzeit im Einsatz, überwiegend im Rentenalter, doch auch zwei Anfang 20-Jährige sowie bereits langjährig das Projekt begleitende Ehrenamtliche kümmern sich um ihre Familie im Bezirk.

Was sich Sophie Gerig wünscht? – „Dass sich noch mehr ehrenamtliche Patinnen und Paten finden, die Hilfestellung geben möchten, und wir dadurch mit unserer Begleitung noch etliche Familien mehr erreichen können. – Und dass die angelaufene Senatsfinanzierung uns auch in den nächsten Jahren erhalten bleibt.“

Potentielle Patinnen und Paten für Steglitz-Zehlendorf können sich an
Sophie Gerig, Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf e. V. in der Albrechtstr. 82 in 12167 Berlin wenden unter E-Mail: kaenguru@dwstz.de oder Telefon: 0177 3097 772

Weitere Informationen unter www.kaenguru-diakonie.de

Jacqueline Lorenz

Weitere Känguru-Anlaufstellen:

Charlottenburg-Wilmersdorf
Kirsten Burmester
Martin-Luther-Krankenhausbetrieb GmbH
Caspar-Theyß-Straße 27-31, 14193 Berlin
E-Mail: c-w@kaenguru-diakonie.de
Telefon: 01761 8955 740

Tempelhof-Schöneberg
Karin Pfaffenberger
Diakonie Jugend- und Familienhilfe Simeon gGmbH
Evangelisches Familienzentrum Tempelhof
Götzstraße 24a, 12099 Berlin
E- Mail: k.pfaffenberger@diakoniewerk-simeon.de
Telefon: 030 75 68 38 69
Mobil: 0173 6160 484

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