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KünstlerKolonie Berlin e. V.

Engagiert gegen das Vergessen und für die Zukunft der Künstlerkolonie

Skizze der Künstlerkolonie. Grafik: KüKo
Skizze der Künstlerkolonie. Grafik: KüKo
Erschienen in Gazette Charlottenburg März 2019
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Nicht jeder Künstler kann ein finanziell sorgloses Leben führen.

Nur zu gut wusste das der Gründer der 1871 in Weimar ins Leben gerufenen Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA), Ludwig Barnay.

Als damaliger Genossenschaft-Präsident und Mitbegründer legte der Schauspieler Gustav Rickelt am 30. April 1927 auf dem von der GDBA und dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller erworbenen Areal zwischen Laubenheimer Straße und Breitenbachplatz den Grundstein für die Künstlerkolonie Berlin-Wilmersdorf mit rund 700 Wohnungen. Mit dem Ziel, für ihre Mitglieder – Schriftsteller, Schauspieler und Künstler – bezahlbaren und lebenswerten Wohnraum zu schaffen.

Bis heute weiß dieses rund um den Ludwig-Barnay-Platz gelegene Viertel als einmalige Heimstatt bedeutender Vertreter des Kulturlebens viel zu erzählen:

– Von Walter und Willi Kollo, Gustav Knut, Steffie Spira oder gar Klaus Kinski. Vom Künstleralltag unweit des Breitenbachplatz – und von Gewalt und Terror von rechts.

Die Stimme der heutigen Künstlerkolonie aber ist der Traditionsverein KünstlerKolonie Berlin e. V., der am 13. Dezember 1987 gegründet wurde. Mit seinem 2018 gewählten Vorstand engagiert sich der gemeinnützige Verein künstlerverbindend für die Aufarbeitung der Historie rund um die Künstlerkolonie und für kommunale Kulturarbeit. Darüber hinaus hält er traditionell die Erinnerung an die mehr oder weniger bekannten über 10.000 Bewohner und ihre Schicksale und Leistungen im Kunst- und Kulturbereich wach, die in der Künstlerkolonie über die Jahre gelebt haben und heute hier leben.

Mitbegründet durch die nach Mauerfall veränderte Wohnraumsituation, wurde die inzwischen unter Denkmalschutz stehende Künstlerkolonie-Immobilie verkauft. Eigentümerin seit 2014 ist die VONOVIA-Hausverwaltung.

Der Verein…

„Wir befinden uns sozusagen in einer Aufbauphase “, erklärt zuversichtlich Rüdiger Ohst, zweiter Vorsitzender des im vorigen Jahr gewählten Vereins-Vorstandes. So heißt es für den Verein, mit frischem Schwung und zeitgemäßen Ideen die gesetzten Ziele zu erreichen, um die Menschen in der Künstlerkolonie sowie neue Vereinsmitglieder anzusprechen und über Kunst und Kultur zu verbinden.

Rüdiger Ohst lebt in Berlin-Mitte, verfügt über ein breites Künstlernetzwerk und ist seit seiner Pensionierung mit ganzer Seele im Einsatz, wenn es darum geht, für namhafte Künstler perfekte Bühnenbilder und -kostüme zu entwickeln und umzusetzen sowie technische Unterstützung zu leisten. Aktuell kommt demnächst sein Buch über der unvergessenen Schauspieler und Kabarettisten Ewald Wenck heraus.

Der KünstlerKolonie-Verein (KüKo) präsentiert in perfekter Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern, Kulturamt und Kooperationspartnern wie dem Nachbarschaftshaus Wilmersdorf regelmäßig Künstler unterschiedlichster Sparten u. a. im Theater Coupé des Kultur-Fachbereichs von Charlottenburg-Wilmersdorf am Hohenzollerndamm 177. Hier ist Rüdiger Ohst mit seiner eigenen professionellen Bühnentechnik für Ton, Bild und Bühnenbild zuständig. Hinter sich weiß er den siebenköpfigen Vorstand mit dem ersten Vereinsvorsitzenden Alwin Schütze an der Spitze.

Der Uhrmachermeister mit ehemaligem Geschäft am Rüdesheimer Platz und Metallrestaurator, der außerdem an der Berufsschule und HWK als Fachlehrer für Uhrmacher, Goldschmiede, Graveure und Ziseleure tätig war, ist seit Rentenbeginn im Jahr 2014 mit ganzer Energie als erster Vorsitzender für den KünstlerKolonie-Verein tätig. Selbst mit großem künstlerischem Geschick gesegnet, entstanden von seiner Hand u. a. gezeichnete und gestaltete beeindruckende Fachbücher. Mit viel Empathie und seinem Streben nach friedlichem und freundschaftlichem Leben schafft er es immer wieder, Gleichgesinnte und Künstler zusammenzubringen, zu bewegen und in die ehrenamtliche Vereins-Kulturarbeit einzubeziehen. In seinem Vereins-Archiv findet sich aus der nicht immer einfachen Historie der Künstlerkolonie und ihrer Bewohner ebenso spannendes wie ergreifendes und erschütterndes aus der Nazi-Zeit.

„Wir hoffen, dass noch mehr Interessantes rund um die Künstlerkolonie, seine Bewohner und den Ludwig-Barnay-Platz dazukommt“, betont Alwin Schütze. Das können beispielsweise Fotos, Schriftstücke oder alte Zeitungsausschnitte sein, die der Verein gerne aus Privathand entgegennimmt.

…heute und morgen

Hilfreich sind derartige „Fundstücke“ für die zukünftige Vereins-Arbeit: So sind derzeit KüKo auch alte Fotos und Kindheitsberichte zum Thema „Einschulung im Gebiet der Künstlerkolonie“ willkommen. Regelmäßig bringt der Verein den „KünstlerKolonieKurier“ heraus, in dem – inzwischen „ein bisschen anders und neu“ – aus der Vereins-Tradition heraus über Bewohner der Künstlerkolonie, Vereinsmitglieder und ihre Geschichte(n) berichtet wird, demnächst zum Thema Einschulung.

Ein weiteres Vereinsprojekt befasst sich mit Künstlerporträts von rund 1.500 KüKo-Bewohnern. Zwei Mitglieder recherchieren dazu ehrenamtlich. Keine leichte Arbeit, findet sich aus dem privaten Leben der Künstler oft nur wenig, und auch der Datenschutz macht es nicht leichter. Geplant ist eine Schriftreihe in Broschüren- oder Buchform, beginnend mit der Darstellung von etwa 500 Schriftstellern, Schauspielern und Künstlern.

Bereits erschienen und über den Vorstand anzufordern ist die Broschüre „Die Geschichte der Künstlerkolonie Berlin-Wilmersdorf im Überblick“, die als Dokumentation verständlich über Entstehung, Architektur, Leben und Stellung der Künstlerkolonie im Wandel der Zeit und wechselnden politischen Verhältnisse berichtet.

Wichtig bleibt es dem KünstlerKolonie Berlin e. V., dass auch weiterhin das frühe soziale GDBA-Ziel, Künstlern bezahlbaren und angenehmen Wohnraum zu bieten, nicht aus den Augen verloren wird: Deshalb setzt sich der Verein kontinuierlich für eine künstlernahe Verständigung bei der Wohnungsvermittlung zwischen der VONOVIA und der GDBA ein.

Vorbereitend arbeitet der Verein an Kooperationen mit benachbarten Schulen und Theaterpräsentationen für Kinder, was mit dazu beitragen könnte, auch Jüngere für eine Vereinsmitgliedschaft begeistern zu können. Aktuell zählt der Verein rund 50 überwiegend ältere Mitglieder – ein Phänomen, das aktuell viele Vereine beklagen.

Vielfältige Möglichkeiten und gesellschaftlichen Ansatz bietet der KüKo der breiten Öffentlichkeit, um in das Geschehen rund um die Künstlerkolonie und den Verein Einblick zu erhalten. Auch gibt er Gelegenheit, Verbindung zu Bewohnern und „Künstlern zum Anfassen“ aufzunehmen: Sei es durch seine organisierten Straßenfeste, Gedenkveranstaltungen, seinen offenen Stammtisch oder die durch ihn geförderten Lesungen, Konzerte oder Kabarett-Aufführungen zu moderaten Preisen.

Jacqueline Lorenz

Veranstaltungs-Termine im Theater Coupé

Hohenzollerndamm 177 ∙ 10713 Berlin

Veranstaltungsbeginn jeweils 19.30 Uhr:

20. März 2019 Kabarett mit Dagmar Gelbke, Margit Meller: „Wir sind nicht alt, aber Sexxy“

29. März 2019 Wolf Preuss (vom ehem. Duo Inga & Wolf): „Unsere Lieder, eure Weggefährten“ – Lieder und Evergreens zum Mitsingen

19. Juni 2019 in Vorbereitung: „Heimatmelodien“ – Konzert von und mit Flüchtlingen.

27. März, 24. April und 29. Mai 2019 „offener Stammtisch“

Im März 2019 ist gemeinsames Putzen rund um das Mahnmal auf dem Ludwig-Barnay-Platz, dem Zentrum der Künstlerkolonie, angesagt. Wer macht mit? – Informationen und Anmeldungen unter

KünstlerKolonie Berlin e. V.
c.o. Alwin Schütze
Nassauische Str. 27 ∙ 10717 Berlin

Tel.: (030) 558.73.127
kueko@kuenstlerkolonie-berlin-ev.de
www.kuenstlerkolonie-berlin.de

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