Entsiegelung im Bezirk
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Oktober 2025
In den vergangenen Jahren sind eine Reihe von Entsiegelungsprojekten in Steglitz-Zehlendorf realisiert worden. Versiegelte Flächen auf Schulhöfen und Unterstreifen an Straßen seien hier nur beispielhaft genannt. Als aktuell laufendes Projekt ist ein Großteil der Fläche auf dem Platz des 4. Juli in Lichterfelde bereits entsiegelt worden und wird im Rahmen der weiteren Arbeiten durch eine neue Grünfläche ersetzt. Zu diesem Thema nehmen nachstehend die Fraktionen und Gruppen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf Stellung.
René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher
CDU-Fraktion
Darauf zu achten, dass Wasser vom Boden aufgenommen wird und eine Versiegelung nur insoweit stattfindet, wie notwendig, ist sinnvoll. Damit ist allerdings auch schon alles gesagt. Problematisch an solchen Themen der Grünen, die gar keine sind, weil darüber Einvernehmen herrscht, ist, dass diese ablenken sollen und deren Überhöhung dazu dient, andere, oft absurde, Ziele der Grünen zu erreichen und bei der Umsetzung unverhältnismäßig hohe Kosten anfallen, das Geld fehlt dann an sinnvolleren Stellen. So dient die Anlage von Fahrradstreifen neben breiten Radwegen, wie überall in der Stadt zu sehen, eher der Behinderung des Kraftfahrzeugverkehrs als der – nicht wesentlich stattfindenden – Steigerung des Radverkehrs. Das Aufbrechen von versiegelten Flächen in völlig unwesentlichem Umfang als Vorwand für die Vernichtung von Parkplätzen. Unter dem Vorwand der Versiegelung wollen die Grünen das Bauen von Einfamilienhäusern zugunsten von Hochhäusern versagen, das Bauvorhaben Lichterfelde-Süd ist dabei bereits der Anfang. Wir setzen auf Technik zur Erhaltung der Umwelt und auf Lösung von konkreten Problemen statt Durchsetzung von Ideologie.
Torsten Hippe
B‘90/Grünen-Fraktion
Die Versiegelung der Flächen in unserer Stadt nimmt infolge von Neubau, Nachverdichtung und Umnutzung zu. Dadurch verbleibt auf den Bodenflächen wenig Wasser für Versickerung und Verdunstung – Wasser, das wir dringend für die Kühlung des Stadtklimas und für die Stabilisierung des Grundwasserspiegels bräuchten. Dem müssen wir im Zuge des Klimawandels mehr Aufmerksamkeit schenken und durch Entsiegelung entgegenwirken. Das Berliner Wassergesetz (§ 36a Abs. 1 BWG) enthält ein Versickerungsgebot, das sowohl für Grundstücke wie auch für Straßen gilt. Es werden hier Bedingungen genannt, die sicherstellen, dass keine Verunreinigung oder andere signifikante Beeinträchtigung ins Grundwasser gelangen. Im Bezirk arbeiten wir an vielen kleineren Maßnahmen – wie der Entsiegelung von Randstreifen, etwa an der Potsdamer Chaussee. Aber es geht auch größer: Am „Platz des 4. Juli“ werden 12.000 qm Parkplatz entsiegelt und zur Grünfläche gemacht: Mit 39 Bäumen, Stauden und Wildblumenwiese. Ein großes Beispiel der Renaturierung zur Verbesserung der Luftqualität, ein Beitrag zur Klimaresilienz – und ein wichtiger Schritt zum klimagerechten Quartier.
Marianne Wagner
SPD-Fraktion
Berlin heizt sich durch den Klimawandel immer mehr auf. Unabhängig von der Notwendigkeit, Klimaschutz engagiert auf allen Ebenen anzugehen, haben wir keine andere Wahl, als uns an die heißeren Sommer anzupassen. Die Entsiegelung von Flächen ist eine wichtige Maßnahme zur Klimaanpassung, da neben dem Kühlungseffekt auch das Konzept der Schwammstadt unterstützt wird. Zusätzlich zu den höheren Temperaturen kommt es auch zu häufigeren Starkregenereignissen. Durch Entsiegelung und mehr innerstädtisches Grün sorgen wir dafür, dass mehr Wasser versickern kann. Das Speichern des Regens, bodenverbessernde Maßnahmen und die stetige Wasserversorgung der Vegetation machen die Stadt klimaresilient. In Steglitz-Zehlendorf gibt es viel Potenzial: Gerade entsteht als ein gelungenes Beispiel auf einer Teilfläche des Platzes des 4. Juli eine neue Grünfläche. Der Bezirk hat damit begonnen, Baumscheiben zu erweitern. Auch alte Radwege kommen für die Entsiegelung in Frage, da immer mehr Radverkehrsanlagen auf die Straße verlegt werden. Bei Pflasterarbeiten lassen sich wasserdurchlässige Beläge verwenden. Dennoch liegt noch viel Arbeit vor uns!
Rainer Ziffels
FDP-Fraktion
Eine große asphaltierte Fläche, die in heißen Sommern regelrecht zum Ofen wird, wie das Tempelhofer Feld, hat Steglitz-Zehlendorf nicht. Ganz im Gegenteil: Aktuell werden über 10.000 Quadratmeter am Platz des 4. Juli entsiegelt und ein neuer Park für Lichterfelde entsteht. Bereits heute ist ein Viertel von Steglitz-Zehlendorf Waldfläche. Hinzu kommen über 1000 Hektar Wasserflächen und sieben Millionen Quadratmeter Grünflächen im Bezirk, darunter Parkanlagen, Spielplätze, Friedhöfe und Sportanlagen. Wir haben das Glück, dass in unserem Bezirk viel Vegetation und Sickerfläche vorhanden ist. Mit Blick auf die kühlende Funktion von entsiegelten Flächen ist es wünschenswert, insbesondere in dicht besiedelten Wohnvierteln weitere Sickerflächen zu schaffen. Doch darf aus Sicht von uns Freien Demokraten (FDP) der personelle und finanzielle Aufwand zur Pflege all dieser Flächen nicht unterschätzt werden. Entsiegelung nur aus ideologischen Gründen gibt es mit uns nicht und muss dann hinterfragt werden, wenn zusätzliche Grünpflege zu kostspielig wird. Wo keine Entsiegelung möglich ist, können begrünte Dächer Abhilfe schaffen.
Katharina Concu
AfD
Schon in den 1980er-Jahren wurden im Bezirk asphaltierte Radwege aufgenommen und durch Pflaster ersetzt, um Oberflächenwasser besser versickern zu lassen. 2025 versiegelt GrünBerlin, ein Landesbetrieb, den neuen Rad- und Fußweg durch das Naturschutzgebiet am Buschgraben in Zehlendorf-Süd mit einer schweren schwarzen Asphaltdecke. Die alte war die übliche befestigte Schotterdecke, fähig, Wasser aufzunehmen.
Wie wichtig ein Wasserkonzept für Berlin ist, wird deutlich, wenn man weiß, dass Berlin anders als die meisten Hauptstädte seine Wasserversorgung aus Grundwasser speist. Mit der wachsenden Stadt und heißen Sommern steigt markant der Wasserbedarf. Die Förderung führt zum Absinken des Grundwasserspiegels, was die Böden und Feuchtgebiete durch schnelles Trockenfallen direkt belastet. Was kann der Bezirk nun kostengünstig tun? Aufnehmen von Mosaikpflaster – davon gibt es im Bezirk wirklich genug – und Sickerstreifen anlegen und Schulhöfe begrünen. Linksgürn wird lieber Parkplätze entsiegeln und Radwege asphaltieren. Denn heute erwartet die velophile Fahrradlobby, Wege und Straßen haben asphaltiert zu sein – achten Sie mal darauf.
Peer Lars Döhnert
Die Linke
Die Linke begrüßt Entsiegelungen in Steglitz-Zehlendorf. Der Weg raus aus dem Betonzeitalter ist ökologisch und klimapolitisch zwingend geboten. Die Umgestaltung des Platzes des 4. Juli zeigt exemplarisch, dass Asphaltwüsten in lebenswerte Stadträume transformiert werden können. Doch das Eigenlob der Bezirksampel ist unberechtigt. Während an einer Stelle entsiegelt wird, treibt das Bezirksamt gleichzeitig neue Versiegelungen voran. So entstehen im Neubaugebiet Lichterfelde Süd zu viele Autoparkplätze und zu allem Überfluss auch Einfamilienhäuser, die für sehr wenig Wohnraum große Naturflächen betonieren und zur Fällung von Hunderten Bäumen führen. Auch auf dem ehemaligen Coca-Cola-Gelände in der Hildburghauser Straße sollen auf Kosten von Waldflächen (!) nur Luxusreihenhäuser entstehen. Das ist stadtpolitisch, sozial und ökologisch völlig absurd. Zugleich toleriert das Bezirksamt an vielen Orten im Bezirk, dass Autos auf unversiegelten Baumscheiben parken, Boden verdichten, Lebensraum für Insekten zerstören und Baumwurzeln beschädigen. Aufgrund dieser Inkonsequenz kommt der Bezirk beim Thema Entsiegelung nicht vom Fleck.
Dennis Egginger-Gonzalez