Gazette Verbrauchermagazin

Verwahrlosung am Hermann-Ehlers-Platz

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Hermann-Ehlers-Platz: Schloßstraße Ecke Albrechtstraße
Hermann-Ehlers-Platz: Schloßstraße Ecke Albrechtstraße
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf September 2025

Seit Jahren versucht das Bezirksamt, dem Herman-Ehlers-Platz ein attraktiveres Ambiente zu verleihen. Diese Versuche sind aber bisher nur in Teilen erfolgreich gewesen. Die Aufenthaltsqualität als Stadtplatz an der Schloßstraße hat sich nicht wirklich verbessert. Vielmehr machte sich in der Öffentlichkeit eine wachsende Unzufriedenheit über eine zunehmende Verwahrlosung des Platzes bemerkbar. Die Fraktionen und Gruppen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf erläutern im Folgenden ihre Sicht zu diesem Thema.

René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher

CDU-Fraktion

Nun ist also die offene Drogenszene auf dem Hermann-Ehlers-Platz angekommen. Dieser ist nur ein Beispiel für viele Plätze, auf denen Kriminalität, Subkulturen, Verwahrlosung und Unrat die Mehrheitsgesellschaft verdrängen. Daran ändert auch die Neugestaltung des Platzes nichts, die schlechte Situation unter der Autobahn ist nicht Ursache.

Werte und Positionen, die man nicht verteidigt, verliert man. Die – durch linksgrüne Ideologie diskreditierten – Werte Ordnung, Sauberkeit, Rücksichtnahme und Verteidigung der Bürgerkultur, verteidigt die Mehrheitsgesellschaft nicht, sondern zieht sich ins Private zurück und zuckt die Achseln. Viele haben privaten Raum und kämpfen resigniert nicht mehr für diejenigen, die des öffentlichen Raumes bedürfen. Die linksgrüne Erzählung von der hilfreichen Sozialarbeit ist durch die Realität – und durch den Staatshaushalt – längst widerlegt.

Finden wir uns nicht damit ab! Zwang zum Einhalten sozialer Normen funktionierte stets: Der grüne Ordnungsstadtrat könnte durch Platzverweise aufräumen, er tut es nicht – schließlich hat noch jede linke Ideologie die Realität besiegt, jedenfalls auf dem Papier.

Torsten Hippe

B‘90/Grünen-Fraktion

Der Hermann-Ehlers-Platz ist ein komplexer Stadtraum und ein Paradebeispiel dafür, wie die CDU Verantwortung abwälzt. Ein zentraler Grund für die Probleme ist die seit Jahren stockende Baustelle am Steglitzer Kreisel. Statt Leerstand und Vermüllung am Gebäude zu dulden, müsste der CDU-geführte Senat die Adler Group endlich in die Pflicht nehmen, um wieder belebten Raum zu schaffen.

Der grüne Stadtrat Urban Aykal ist der Einzige, der im Umfeld des S-Bahnhofs Rathaus Steglitz handelt, obwohl er formal nicht zuständig ist. Um Verwahrlosung vorzubeugen, bringt er Bahn, Autobahn GmbH und BVG an einen Tisch. Er möchte die Angsträume im trostlosen Bereich der Brückenbaustelle am S-Bahnhof beseitigen – hier wurde allen Geschäften gekündigt. Die CDU-Direktabgeordneten und den Senat sucht man bei der Problembewältigung vergeblich.

Die Umgestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes selbst liegt in Bezirkszuständigkeit, die Finanzierung hängt jedoch am Senat. Bleibt diese aus, wird die CDU die Verantwortung wohl erneut dem Bezirk zuschieben und sich so weiter wegducken wie bisher.

Alexander Kräß

SPD-Fraktion

Nicht der Platz ist das Problem! Wer über den Hermann-Ehlers-Platz spricht, sollte zuerst an die Menschen denken, die sich dort aufhalten – oft, weil sie keinen anderen Ort haben – Jugendliche ohne Rückhalt, Menschen ohne Wohnung, mit Suchtproblemen oder Brüchen im Lebenslauf. Sie brauchen keine Etiketten wie „verwahrlost“, sondern Begleitung, Perspektiven – und Räume, die bleiben. Ab 2026 wird der Platz umgestaltet: heller, barrierefrei, mit Sitzgelegenheiten, einem Wasserspiel, Marktzonen und besserer Aufenthaltsqualität. Doch das allein reicht nicht. Orte verändern sich zum Guten, wenn dort Respekt, Unterstützung und soziale Präsenz mitwachsen. Deshalb sind Träger wie Gangway e. V. so wichtig – sie arbeiten vor Ort, hören zu, sind da. Die sogenannte „Broken-Windows-Theorie“ sagt: Wenn Verwahrlosung sichtbar wird, zieht sie mehr Verwahrlosung nach sich. Unsere Antwort darauf muss lauten: kontinuierliche Verantwortung – für die Orte und für die Menschen.

Carolyn Macmillan

FDP-Fraktion

Ein mittlerweile leider alltägliches Bild am Hermann-Ehlers-Platz: alkoholisierte, obdachlose Menschen pöbeln am helllichten Tag meist in gebrochenem Deutsch laut Passanten an und nehmen Sitzbänke in Beschlag. Dagegen sind die Müllreste, die nach den zwei Markttagen auf dem Boden liegen, nahezu harmlos. An kaum einem anderen Ort in Steglitz-Zehlendorf prallen Anspruch und Wirklichkeit, also der Wunsch nach Aufenthaltsqualität und die reale Verwahrlosung, so sehr aufeinander wie hier. Dabei sollte der Hermann-Ehlers-Platz eine der ersten Adressen unseres Bezirkes sein, denn als Rathausvorplatz ist er ein zentraler Ort, mit der Spiegelwand in Erinnerung an die getöteten, jüdischen Mitbürger zudem ein Gedenkort, der die schlimmsten Jahre Deutschlands wachhält. Eine Erneuerung des Platzes soll ab 2026 beginnen, aber steigert das allein die Aufenthaltsqualität? Wir Freie Demokraten (FDP) bitten das Amt, den Platz verstärkt zu reinigen und ähnlich der Parkläufer Deeskalationsteams, begleitet von Gesundheits-, Ordnungs- und Sozialamtsmitarbeitern vorbeizuschicken, damit die Bedürftigen die notwendige Unterstützung erhalten.

Mathia Specht-Habbel

AfD 

Zurück aus dem Urlaub trifft einen der Schlag. Noch Goethe sprach nachhaltig: „Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah.“ Böse Zungen sprechen dagegen heute vom „Kalkutta an der Spree“. Berlin verslumt. Im Mai fragte ich im Bezirksamt nach: Kleine Handgriffe zur Verschönerung des Hermann-Ehlers-Platzes? Ist es dem Bezirksamt möglich, in Eigenleistung oder mit Hilfe von Dienstleistern (BSR u.a.) A: Zierschnitte an Büschen in den Rabatten und Bäumen vorzunehmen?, B: Wildwuchs zurückzuschneiden?, C: das Pflaster zu säubern und D: Wildplakatierung von Aufklebern und Aushängen regelmäßig zu entfernen - um für ein gepflegteres Erscheinungsbild dieses zentralen Platzes zu sorgen? Die Antwort des Herrn Stadtrats Aykal (Grüne) lautete: Nein! – Der Kirschlorbeer steht gut 3,5 Meter hoch. Hier ist seit Jahren keine Pflege erfolgt. Kein Rückschnitt? Keine kleinen Handgriffe? Das Bezirksamt muss kontinuierlich für ein gepflegtes Stadtbild sorgen – besonders an diesem viel frequentierten zentralen Platz mit dem ehrenvollen Namen: Hermann Ehlers. Das Grüne Bezirksamt setzt halt andere Prioritäten.

Peer Lars Döhnert

Die Linke 

Der Hermann-Ehlers-Platz ist leider nicht schön. Schiefes Pflaster, kaputte Beete, ein Brunnen ohne Wasser, Müll in den Ecken – und drumherum nur Autoverkehr. Einiges kann und wird man bald ändern: Die geplante Sanierung für 2,3 Millionen Euro ab 2026 bringt neue Sitzmöglichkeiten, Wasserspiele, bessere Beleuchtung und Sichtachsen. Der Autoverkehr zwischen Platz und Häuserzeile wird eingeschränkt. Es wäre besser, ihn ganz zu unterbinden, denn nur so entstehen Flächen mit echter Aufenthaltsqualität. Dafür und für einen nichtkommerziellen Kieztreff und Veranstaltungsort direkt am Platz setzen wir uns ein. Zudem engagieren wir uns für bessere Fuß- und Radwege sowie Tempo 30 im Zentrum von Steglitz. Das wären auch weitere Maßnahmen zur Aufwertung des Platzes. Der Rückbau der in ihrer Massivität schlicht nicht benötigten Autobahn A 103 zur Bundesstraße braucht mehr Zeit. Wenn der Betonkoloss, der heute noch Steglitz in zwei Teile spaltet, teilweise zurückgebaut wurde, dann wird der Hermann-Ehlers-Platz ein echter Stadtplatz sein.

Dennis Egginger-Gonzalez

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