Gazette Verbrauchermagazin

Europa

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Kartenmaterial: OpenStreetMap und Mitwirkenden
Kartenmaterial: OpenStreetMap und Mitwirkenden
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Mai 2024
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Am 9. Juni 2024 wählen die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zum 10. Mal ihre Abgeordneten für das Europäische Parlament. Diese Wahl findet unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und der aktuell zunehmenden Spannungen im Nahen Osten statt. Zugleich sieht sich die EU mit wachsenden gesellschaftlichen, politischen, militärischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen konfrontiert. Und nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob die Wählerinnen und Wähler der EU eine Lösungskompetenz in diesen Politikfeldern zutrauen.

René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher

CDU-Fraktion

Am 9. Juni werden wir aufgerufen, an der Europawahl teilzunehmen. Seit der EU-Wahl 2019 haben sich Europa und die Welt verändert. Chinesisches Säbelrasseln gegen Taiwan, Hamas-Terror, Irans Raketen gegen Israel und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigen uns, dass heute Terror und Krieg nicht nur theoretisch denkbar sind. Dem steht die EU als Friedensprojekt entgegen. Als die EU 2012 den Friedensnobelpreis für die Verbreitung von Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten erhielt, wirkten diese Schlagworte auf manchen noch wie floskelhaft vorgetragene Selbstverständlichkeiten unserer heilen Welt, die nach rund 70 Jahren Frieden nicht anders vorstellbar war. Der Krieg Russlands, Butscha und Irpin verdeutlichen den Wert des Friedensprojekts Europa jenseits von Schlagworten und Floskeln. Frieden und Einheit sind das Fundament einer gemeinsamen Zukunft, die etwa über das Erasmusprogramm und unsere Initiativen stärkenden EU-Förderungen auch im Bezirk erlebbar werden. Überlassen wir Europa nicht den Spaltern oder seinen erklärten Feinden. Gestalten wir eine Zukunft, die uns Wohlstand und Frieden erhält.

Michael Zwilling

B‘90/Grünen-Fraktion

Europa ist bunt, Europa ist offen, Europa ist vielfältig – finden Sie sich in diesen Aussagen wieder? Falls ja, gehören Sie vielleicht auch zu denen, für die Europa nicht nur ein Ort, sondern eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte des Friedens und der Zusammenarbeit ist. Es sind auch die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit, die Solidarität mit der Ukraine und unserer Partnerstadt Charkiw, die uns die integrierende Kraft der europäischen Idee deutlich machen. Bei der Europawahl ist die Wahlbeteiligung oft relativ niedrig. Es wäre allerdings völlig falsch, diese Wahlen als unbedeutend zu sehen: Europa ist auch im Bezirk überall präsent – durch Europaschulen, viele Fachkräfte aus den EU-Ländern und ERASMUS-Studierende aus ganz Europa. Und: Die Europäische Union wirkt mit ihrer Gesetzgebung und ihrer Förderung in unser aller Leben hinein. Im Bezirk profitieren wir insbesondere von den Mitteln des Europäischen Regionalfonds (EFRE) und den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Mehr als eine Milliarde Euro wurden in Berlin seit 2014 investiert – auch in Steglitz-Zehlendorf.

Daniel Eliasson

SPD-Fraktion

Für viele Menschen sind unsere kommunalpolitischen Projekte im Bezirk und die Europäische Union weit voneinander entfernt. Wenn wir genauer hinschauen, sehen wir aber, dass sich ein Großteil europäischer Regelungen direkt oder indirekt auf die Kommunalpolitik auswirkt. Auch konkrete Projekte werden gefördert, was einen großen Einfluss auf uns alle im Bezirk hat. Sei es die vor ein paar Jahren stattgefundene Förderung von Entwicklungsmaßnahmen rund um Schlachtensee und Krumme Lanke oder auch die finanzielle Unterstützung bei der energetischen Sanierung des Haus am Waldsee – Für uns steht fest: Die Europäische Union macht auch unseren Bezirk ein Stück lebenswerter. Als 2021 die aktuelle Zählgemeinschaft in Steglitz-Zehlendorf verhandelt wurde, haben wir uns gemeinsam mit Grünen und FDP bewusst dahingehend verständigt, dass wir dem Thema Europa auch einen Platz in den Ausschüssen geben wollen. Die konkrete Benennung eines Ausschusses sollte dabei nur ein erster Schritt sein. Wir werden Europa gemeinsam in der BVV zukünftig noch stärker sichtbar machen.

Olemia Flores Ramirez

FDP-Fraktion

Für sehr viele Menschen in Deutschland ist die Europäische Union so selbstverständlich mit Reisefreiheit und meist ohne Geldwechsel an den Grenzen, dass der Eindruck entstehen könnte, die EU wird nicht mehr wirklich geschätzt. Dabei kann ich mich an eine Situation mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder erinnern, als sie uns an der deutsch-französischen Grenze in Rheinland-Pfalz Frankreich „zeigen“ wollte und plötzlich ein Soldat vor uns stand mit vorgehaltenem Gewehr. Wir mussten sofort zurück, denn wir hatten keine Pässe. Erst Städtepartnerschaften zwischen einst verfeindeten Ländern haben – auch neben staatlichen Beziehungen – in der Zeit der 60er-, 70er- und 80er-Jahre durch eine Art „familiäre Diplomatie“ für Annäherung und Vertrauen gesorgt und die EWG zur EU wachsen lassen. Die erste Europa-Wahl war im Juni 1979, da war ich im Studium, heute dürfen junge Wählerinnen und Wähler schon mit 16 Jahren wählen. Ein demokratisches und liberales Europa ist für mich als Freie Demokratin (FDP) unerlässlich und unverzichtbar.

Mathia Specht-Habbel

AfD-Fraktion

Die AfD steht für ein Europa der Vaterländer. Damit ist eine europäische Gemeinschaft souveräner Staaten gemeint, die zum Wohl ihrer Bürger bei den Aufgaben zusammenwirkt, die gemeinsam besser bewältigt werden können. Die derzeitigen EU-Eliten, die häufig nicht mal demokratisch legitimiert sind, haben sich von dieser Ursprungsidee schon lange verabschiedet. Sie höhlen die Eigenständigkeit der Nationalstaaten aus und streben einen EU-Superstaat an. Das vollständige Versagen der EU zeigt sich in der Migrationskrise. Obwohl der Schutz der europäischen Außengrenzen zu den wichtigsten Aufgaben der EU gehört, steht sie der illegalen Masseneinwanderung hilflos gegenüber. Geltendes Recht wird gebrochen, die Dublin-Verträge sind dafür ein schlimmes Beispiel. Ähnlich katastrophal: Klima- und Energiepolitik der EU. Der Klimawandel dient der EU als Vorwand, um in alle Lebensbereiche der Europäer einzugreifen. Damit treibt die EU die Energiepreise in die Höhe und ruiniert unsere Wirtschaft. Mit Blick auf die Ukraine grassiert in Brüssel ein hohes Kriegsfieber. Im Gegensatz zu den Eurokraten will die AfD eine friedliche Lösung.

Peer Döhnert

Die Linke 

Viele der heutigen Krisen lassen sich nicht allein in Steglitz-Zehlendorf, Berlin oder Deutschland lösen, sondern erfordern ein entschlossenes und solidarisches internationales Handeln. Eine wichtige Ebene dafür ist die Europäische Union, deren Parlament dieses Jahr im Juni neu gewählt wird. Ansatzpunkte für europaweite Verbesserungen gibt es viele, zum Beispiel höhere Mindestlöhne, mehr Tarifverträge, eine gerechtere Besteuerung von Reichtum, verlässliche Asylverfahren nach Menschenrecht und eine gesundheitliche Versorgung, die nicht die Profite im Auge hat, sondern das Wohl der Menschen. Die existentielle Bedrohung durch den Klimakollaps muss ebenfalls nicht nur bei uns im Bezirk, sondern auch international angegangen werden. Wir brauchen dafür zum Beispiel ein europaweites, zuverlässiges und bezahlbares Bahnnetz. Der notwendige klimafreundliche Umbau der Wirtschaft weg vom CO2 soll nicht zu Lasten der Angestellten und Steuerzahler*innen gehen, sondern muss nachhaltige Arbeitsplätze mit fairen Löhnen bringen. Die Linke setzt sich ein für ein gerechtes, solidarisches Europa für alle – auch für die nachfolgenden Generationen.

Juliana Wekel

Titelbild

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