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„Sehen lernen“ in der Villa Oppenheim

Museum Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt die Werke der Fotografin Gerda Schimpf

Gerda Schimpf: Louise Schröder als Bürgermeisterin, 1946. Fotos: Archiv Gerda Schimpf
Gerda Schimpf: Louise Schröder als Bürgermeisterin, 1946. Fotos: Archiv Gerda Schimpf
Erschienen in Gazette Charlottenburg März 2017
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Kneffel

Heute ist sie nur noch wenigen geläufig, doch in den 1940er- bis 1970er-Jahren portätierte Gerda Schimpf (1913 – 2014) viele Personen des öffentlichen Lebens im westlichen Berlin, darunter Künstlerinnen und Künstler wie Bernhard Heiliger, Eva Schwimmer, Karl Hofer, Heinz Trökes und Renée Sintenis. Auch die erste und bislang einzige Bürgermeisterin von Berlin, Louise Schroeder, bannte sie im Bild, ebenso bedeutende Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen. Daneben wirkte Gerda Schimpf viele Jahre in der Berliner Prüfungskommission für die Gesellen- und Meisterprüfung für Fotografie. Von 1959 bis 1978 lehrte sie als Dozentin am Berliner Lette-Verein das Fach Fotografie. Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf widmet der Fotografin, die immerhin 101 Jahre alt wurde, eine Sonderausstellung, die noch bis zum 23. April gezeigt wird.

Ausbildung als Fotografin

Geboren wurde Gerda Schimpf 1913 in Dresden. Sie wuchs in Leipzig auf und absolvierte dort in der Lichtbildnerei Dore Bartcky eine Ausbildung zur Fotografin. Ihr Plan, Fotografie am Bauhaus Dessau zu studieren, zerschlug sich mit dessen Schließung 1933 durch die Nationalsozialisten. Gerda Schimpf lernte den Maler Max Schwimmer kennen und wurde seine Geliebte. Der vom NS-Regime als „entartet“ diffamierte Künstler widmete ihr an die 500 illustrierte Liebesbriefe.

Ein eigenes Atelier in Charlottenburg

1937 zog Gerda Schimpf nach Berlin. Bis zu ihrem Tod lebte sie in Charlottenburg im Apartmenthaus am Kaiserdamm/Königin-Elisabeth-Straße, das der Architekt Hans Scharoun 1928/29 als moderne Wohnform für Alleinstehende erbaut hatte. 1946 richtete die Fotografin ein eigenes Foto­atelier am Witzlebenplatz ein. Hier fertigte sie vor allem Pass- und Porträtaufnahmen, daneben entstanden aber auch Produktfotografien und andere Aufträge für Berliner Unternehmen, Geschäfte und Einrichtungen.

Eine unabhängige Frau

In einer Zeit, in der Unabhängigkeit und Berufstätigkeit für ledige Frauen keineswegs selbstverständlich waren, führte Gerda Schimpf als Künstlerin und Fotografin ein beachtlich selbstbestimmtes und eigenständiges Leben. Trotz langjähriger Beziehung zu Max Schwimmer – und einer lebenslangen Freundschaft mit dessen Frau Eva – heiratete sie nie. Sie blieb kinderlos, hatte einen großen Freundeskreis, pflegte Brieffreundschaften in aller Welt und unternahm zahlreiche Reisen.

Umfangreiche Einblicke

Die Ausstellung im Kabinett der Villa Oppenheim bietet erstmals Einblick in das umfangreiche fotografische Werk Gerda Schimpfs. Sie legt bewusst den Schwerpunkt auf Frauenporträts aus den 1930er- bis 1970er-Jahren. Rund zwei Dutzend ausgewählte Fotografien werden in der Villa Oppenheim präsentiert. Sie zeigen prominente Frauen und Berlinerinnen, die nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen: Aufnahmen einer Mutter mit ihrem Kind, einer Ärztin des Virchow-Krankenhauses und einer britischen Soldatin sind ebenso zu sehen wie die erwähnten Porträts von Louise Schroeder, Eva Schwimmer oder Renée Sintenis. Die Fotos werden ergänzt durch persönliche Zeugnisse und Arbeitsmaterialien Gerda Schimpfs.

Die Ausstellung wird bis 23. April im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim, Schloßstraße 55/Otto-Grüneberg-Weg, 14059 Berlin gezeigt. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertage 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Der Zugang zum Museum ist barrierefrei.

Titelbild

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