Gazette Verbrauchermagazin

Schulgärten im Bezirk

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf diskutiert

Schulgärten des Schadow-Gymnasiums. Foto: Jacqueline Lorenz
Schulgärten des Schadow-Gymnasiums. Foto: Jacqueline Lorenz
Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf April 2023
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Messerschmiedemeister

Annähernd 300 Schulen in Berlin haben einen Schulgarten. Einige von ihnen sind eher klein, andere sehr groß, mit einem reichhaltigen Angebot und sind das Aushängeschild ihrer Schule. Was sie verbindet, ist das Ziel, den Schülerinnen und Schülern das Wissen über Gartenbau und Landwirtschaft, Natur und Umwelt zu vermitteln. In den letzten Monaten sind die Schulgärten auch in den Gremien der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf erörtert worden. Im Folgenden nehmen deshalb die Fraktionen in der BVV zu diesem Thema Stellung.

René Rögner-Francke, Bezirksverordnetenvorsteher

CDU-Fraktion

Schulgärten sind im Trend. Sie sind ein wertvolles pädagogisches Mittel und dienen zugleich der Artenvielfalt und dem Klimaschutz. Der erste Schulgarten Berlins wurde 1750 vom evangelischen Pädagogen und Theologen Johann Julius Hecker beim Großen Tiergarten angelegt. Schulische und berufsvorbereitende Inhalte sollten verbunden werden. Heute haben fast 300 Berliner Schulen einen Schulgarten, über die Einrichtung entscheidet die jeweilige Schule selbst. In Steglitz-Zehlendorf sind mehr als zwanzig Gärten erfasst. Einige sind klein aber fein, andere das Aushängeschild der Schule. Unter pädagogischer Anleitung wird gesät, gepflanzt, gepflegt und geerntet. Gemüse und Kräuter werden manchmal direkt in der Schule weiterverarbeitet, Obst und Beeren verzehrt. So wird Berliner Stadtkindern Wissen über Gartenbau und Landwirtschaft, Natur und Umwelt sowie gesunde Ernährung vermittelt. Schulgärten sind aber auch der ideale Ort, unterschiedliche Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern umfassend und inklusiv zu stärken sowie die Übernahme sozialer Verantwortung zu entwickeln. Kurz: Schulgärten sind gelebte Umwelt- und Sozialbildung.

Dr. Marela Bone-Winkel

B‘90/Grünen-Fraktion

Der grünen Fraktion sind Schulgärten an allen bezirklichen Schulen wichtig: Hier entstehen direkte Erfahrungen mit der Natur durch die Jahreszeiten hindurch auch für Kinder, deren Familien nicht über Haus- oder Schrebergarten verfügen. Kinder und Jugendliche können hier biologische und chemische Prozesse erleben, sich bei körperlicher Arbeit an frischer Luft bewegen und dabei auch mal die Hände schmutzig machen. Am Ende haben sie dann das Ergebnis in Form gesunder Pflanzen und einer kleinen Ernte. Schulgärten sind nicht nur pädagogisch wertvoll: Pflanzungen und Gartenanlagen erhöhen die Aufenthaltsqualität an der Schule, aber auch die biologische Wertigkeit der Stadtlandschaft, indem sie Nistplätze für Vögel und Aufenthalts-, Brut- und Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten bieten. In immer heißeren Sommermonaten bieten die Pflanzen und Bäume eine beachtliche Abkühlung und tragen durch unversiegelte Böden zur unglaublichen Wasserspeicherung bei. Wir betrachten Schulgärten als wesentlichen Bestandteil des Schullebens und setzen uns für die Förderung dieser grünen Lern- und Aufenthaltsräume ein.

Ulrike Kipf/Alexander Kräss

SPD-Fraktion

Wir begrüßen die zahlreichen Schulgärten in unserem Bezirk. Viele Familien haben keinen eigenen Garten oder eine Kleingartenparzelle. Gerade der direkte Umgang mit der Natur durch Schulgärten ermöglicht die Vermittlung ökologischer Aspekte und hilft bei der persönlichen Entwicklung junger Menschen und fördert das Verständnis natürlicher Prozesse. Sie lassen sich in vielfältiger Form in die pädagogische Arbeit integrieren. Die Schulgärten sind unterschiedlich in Größe und Form, teilweise von den Schulen organisiert und/oder von Eltern initiiert. Die NUN (Koordinierungsstelle Natur-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung) hat vor zwei Jahren alle bezirklichen Schulen und auch Kitas in ihrer Studie Grüne-Lernorte-Kita-Schule erfasst, die Gärten und sogenannte Naturerlebnisräume vorhalten. Ein großes Dankeschön für diese wunderbare Zusammenfassung. Oft hängen die Gärten aber ab von einzelnen Klassen oder Lehrer:innen, der Esprit lässt nach einiger Zeit nach oder sie sind nicht für alle Gruppen offen. Hier ist auch die kommunale Politik gefragt, wie die Nachhaltigkeit der Grünen Lernorte gefördert werden kann.

Rainer Ziffels

FDP-Fraktion

Viele Schulen im Bezirk haben aufgrund ihres Platzangebots das Glück, auf ihren Schulhöfen eigene Schulgärten betreiben zu können. Die Gärten sind ein wichtiger Lebensraum für Insekten, Vögel, kleine Säugetiere und Amphibien. Dank der Schulgärten erleben und lernen die Schülerinnen und Schüler im Jahresverlauf direkt die Lebenszyklen von unterschiedlichen Pflanzen und erwerben so im Austausch mit ihren Lehrkräften und Mitschülern wichtiges Wissen über die hiesige Flora und Fauna in Zeiten des Klimawandels. Neben Nutzpflanzen, wie Kräuter und Gemüse, bietet das Pflanzen von Sämlingen einen Einblick in das Wachstum von Junggehölzen. Die BVV hat auf Initiative der Freien Demokraten (FDP) beschlossen, zu prüfen, ob in Kooperation mit den Schulen durch die Pflanzung und Aufzucht von Setzlingen dem Baummangel im Bezirk im Kleinen begegnet werden kann. In den letzten Jahren sind nicht nur bei uns im Bezirk immer mehr Bäume geschädigt und müssen gefällt werden. Baumschulen können oft nicht zeitnah liefern, zudem steigen die Preise für Jungbäume. Schulgärten könnten hier auf längere Sicht wohnortnah einen ergänzenden Beitrag leisten.

Katharina Concu

AfD-Fraktion

Eigentlich wollen wir uns doch hier in den Gazetten-Beiträgen streiten – aber wer könnte ernsthaft etwas gegen Schulgärten haben?! Die AfD, als Volksvertreter der ganz normalen Steglitzer und Zehlendorfer, hat jedenfalls nichts dagegen. Ganz im Gegenteil: Schulgärten machen die abstrakten Begriffe Natur und Umwelt für Schüler erlebbar. Sie lernen Verantwortung zu übernehmen, vertiefen ihr Wissen über Insekten, Pflanzen und Ernährung und ernten Erfolgserlebnisse. Jeder einzelne Schulgarten trägt zur Entsiegelung von Schulhöfen bei, jeder neu angelegte Schulgarten ist deshalb auch eine Bereicherung für den Bezirk. Zwar haben wir bei uns im Südwesten ausgedehnte Wälder, viele Parks und Grünanlagen, aber auch dicht besiedelte Stadtquartiere. Kinder bildungsferner Haushalte haben es ohne einen Schulgarten schwerer, Natur selbst zu entdecken, sie kennen und schätzen zu lernen. Wir möchten jede Schule ermuntern, selbst kleine bisher versiegelte Flächen für die Einrichtung eines Schulgartens zu prüfen. Beratung dazu gibt es bei der Gartenarbeitsschule.

Peer Döhnert

Linksfraktion

Eine 100 Jahre alte reformpädagogische Institution: Seinerzeit gedacht für Kinder, die durch beengte Wohnverhältnisse, massive Luftverschmutzung und zunehmenden Tuberkulose-Erkrankungen eine Chance bekommen sollten, in gesunder Umgebung lernen zu können. Eine immer noch aktuelle Idee, die es zu erhalten gilt und die weiter ihre Berechtigung – wenn auch unter anderen Vorzeichen – hat. Die Gartenarbeitsschule ist Kleinod und Biotop. Sie ist Treffpunkt und Lernort für Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene. Den Bezug zur Natur herzustellen bzw. ihn nicht zu verlieren, zu erleben, was es bedeutet, zu pflanzen, zu pflegen und zu ernten, das wird hier ermöglicht. Dazu braucht es Menschen, die sich um das Gelände kümmern und andere, die pädagogisch wertvolle Angebote machen. Alle demokratischen Fraktionen und eine Zählgemeinschaft jedweder Farbkonstellation sowie das Bezirksamt würden das so unterschreiben. Dann aber muss in der Konsequenz statt Personalkürzungen (so geschehen) dringend investiert werden. Engagierte Mitarbeitende gibt es bereits, die sich weit über das, was sie tun müssten, einsetzen. Ihnen gebührt unser Dank!

Dennis Egginger-Gonzalez

Titelbild

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