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Theaterkunst in Art déco

Renaissancetheater wird 100 Jahre alt

Hardenbergstraße Ecke Knesebeckstraße.
Hardenbergstraße Ecke Knesebeckstraße.
Erschienen in Gazette Charlottenburg Juli 2022
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Das einzige, vollständig erhaltene Art déco-Theater Europas steht in Berlin – genau gesagt in Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Haus an der Knesebeckstraße 100/Ecke Hardenbergstraße ist jedoch 20 Jahre älter als das Theater. Bereits 1902 ließen Konrad Reimer und Friedrich Körte das Haus errichten. Es war als Kooperationshaus für den Akademischen Verein Motiv geplant, eine Vereinigung von Studenten der Allgemeinen Bauschule, die spätere Berliner Bauakademie. Einige Zeit danach wurde aus dem schmalen Haus das „Terra-Kino“.

Als Theodor Tagger (1891 – 1958) in Berlin ein Theater suchte, kaufte er das Gebäude, in dem sich das Kino befand. Sein Plan war, mit der Aufführung von Stücken neuer, hervorragender Dramatiker die Renaissance des deutschen Theaters einzuleiten. Daher stammt der Name Renaissance-Theater, der nicht auf den Baustil zurückzuführen ist. 1922 eröffnete er sein Theater mit der Aufführung des Trauerspiels „Miss Sara Sampson“ aus der Feder von Gotthold Ephraim Lessing. Der Erfolg des Renaissance-Theaters hielt leider sich in Grenzen – im Jahr 1926 ging auch noch das Geld aus und Tagger war pleite. Doch er gab nicht auf. Es gelang ihm, mit Jakob Michael – zu jener Zeit einer der reichsten Männer Deutschlands – einen Investor zu finden. Michael kaufte das Haus und finanzierte den kompletten Umbau des Theaters.

Edle Intarsien und buntes Licht

Der Umbau war spektakulär – beauftragt wurde der Theaterarchitekt Otto Kaufmann. Er schuf in nur fünf Monaten ein Juwel des Art déco. Schon der Eingangsbereich ist etwas Besonderes. Die hohen, rundbogigen Fenster des halbrunden Vorbaus mit ihren bunten Scheiben faszinieren besonders abends, wenn sie von dem Schriftzug „Renaissance-Theater“ angestrahlt werden. Die Rückwand des Balkons füllt ein Intarsienbild des Malers und Bühnenbildners Cesar Klein (1876 – 1954). Zu erkennen sind Stillleben, Blütenzweige, Vögel und Comedia-dell-Arte-Gruppen.

1933 musste das Theater schließen, ab 1937 nutzte die Reichsschrifttumskammer das Haus. Schon kurz nach Kriegsende, am 27. Mai 1945 wurde der Spielbetrieb trotz Schäden am Gebäude wieder aufgenommen. Nach einer einfachen Instandsetzung in den Nachkriegsjahren wurde das Haus erst 1985 umfassend restauriert. Im Laufe der Jahrzehnte waren prominente Darsteller auf der Bühne des Renaissance-Theaters zu sehen, darunter Helmut Käutner, Olga Tschechowa und Helene Weigel. Aktuell wird das Stück „Die zwei Päpste“ mit Walter Kreye, Walter Sittler, Imogen Kogge und Ivy Lissack gezeigt.

Weitere Informationen und Tickets unter www.renaissance-theater.de

Titelbild

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