Gazette Verbrauchermagazin

HZB Technologietransfer-Preisträger und ihre Sonnenuhr

Smartwatches mit transparenten Solarzellen auf dem Vormarsch

Überzeugt von der erfolgreichen Kooperation aus Forschung und Industrie: Forscher und Preisgewinner Bernd Stannowski (r.) und Tobias Henschel. Foto: WISTA Management GmbH
Überzeugt von der erfolgreichen Kooperation aus Forschung und Industrie: Forscher und Preisgewinner Bernd Stannowski (r.) und Tobias Henschel. Foto: WISTA Management GmbH
Erschienen in Wannsee Journal April/Mai 2022
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Eine wissenschaftliche Fragestellung in ein Produkt zu verwandeln. – Das war die Anforderung, um den Technologietransfer-Preis der Forschungseinrichtung Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), die Standorte in Wannsee und Adlershof besitzt, gewinnen zu können. Dieser Herausforderung stellte sich erfolgreich das Team um Tobias Henschel, Bernd Stannowski und Sebastian Neubert und gewann mit seinem Projekt diese Auszeichnung. Wesentliche Projektarbeiten wurden am Kompetenzzentrum für Photovoltaik Berlin (PVcomB) des HZB durchgeführt.

Dem Team ist es gelungen, transparente Solarzellen nahtlos in kleine elektronische Helfer wie Smartphone, Navigationsgerät oder Tablet zu integrieren, die tagtäglich mit herumgetragen werden. Das Display dieser Geräte fungiert dabei nicht nur als Anzeigeelement, sondern gleichzeitig als Energielieferant. Aktuell funktioniert dies bei Smartwatches so gut, dass der Industriepartner Garmin sie erfolgversprechend am Markt platziert hat.

Auf bestem Weg

Ganz neu sei das Thema nicht, erklärt HZB-Forscher Prof. Dr. Bernd Stannowski, schließlich gebe es bereits Technologien, in denen einzelne Bereiche der Solarzelle weggelasert würden, um Transparenz zu erreichen, so beispielsweise in der Glas- und Glaskeramik-Herstellung. „Das ist zwar für den Gebäudebereich gut einsetzbar, für unsere Zwecke aber etwas zu grobschlächtig“, erklärt der Physiker.

So wählte das Team einen anderen Weg: In seinem Projekt nutzte es die Fotolithografie, wie sie auch zur Herstellung von Computerchips verwendet wird. Extrem kleine Bereiche in der Solarzelle konnten dadurch weggeätzt werden, so dass diese siebähnlich wird, mit vielen kleinen Löchern. Je nach flexiblem Ätzgrad entsteht eine höhere oder geringere Durchsichtigkeit. Eine clevere Kontaktierung, die vom Industriepartner entwickelt wurde, sorgt dann dafür, dass sich die Energie von der Solarzelle trotz der vielen Löcher abzapfen lässt. Aktuell entspricht mit 10 Mikrometern die Breite der einzelnen Solarzelleinheiten etwa einem Fünftel der Dicke eines menschlichen Haares, wobei ihre Leistung im Milliwattbereich liegt. Tobias Henschel erklärt dazu: „Für energiehungrige Smartphones reicht das zwar noch nicht aus, aber eine 10 bis 20 Prozent längere Akkulaufzeit oder Notfallenergie an Orten ohne Energieversorgung sind damit auf jeden Fall schon heute drin.“

Die Projektidee entstand 2015, als das französische Unternehmen Sunpartner an das Team herantrat. Nach Tests mit der Abscheidung verschiedener Schichten auf Glas, gab es noch keine konkrete Projektidee. Die kam erst mit den Monaten und mit weiteren Aufträgen des französischen Unternehmens an das Team, das dann realisierte, in welchem Kontext das Ganze steht.

Forscher mit dem richtigen Background

Bernd Stannowski bringt Erfahrung aus dem Technologiebereich Dünnschichtsilizium mit, promovierte in Utrecht und arbeitete bereits acht Jahre lang an dem Thema in der Industrie. Er brachte wertvolles Wissen mit zur effektiven Projekt-Lösungsfindung. Etwas später kam auch Sebastian Neubert mit seinen Erfahrungen dazu, den Bernd von seiner Industrietätigkeit her kannte. Sebastian verließ allerdings vor zweieinhalb Jahren das Institut und hat sein eigenes Technologieberatungsunternehmen gegründet.

Tobias Henschel ist seit acht Jahren am HZB, wo er bereits als Student ein Praktikum machte. „Das führte erst zu meiner Bachelorarbeit und dann zur Masterarbeit. So lange arbeite ich auch schon mit Bernd zusammen und bin seit fünf Jahren als Prozessentwicklungsingenieur in seiner Gruppe“, erzählt er. Hauptsächlich betreut er die Anlagen zur plasmaunterstützten Gasphasenabscheidung und ist inzwischen Projektleiter.

Sechs Jahre Projektarbeit

Als „sehr fruchtbare Kooperation“ bezeichnet das Team die letzten sechs Jahre ihrer Arbeit, die ihm u. a. durch Forschungs-, Entwicklungs-, Lizenzverträge und durch die Pilotproduktion der Solarzellen hier am HZB stetig Einnahmen generiert. Mit dieser Kooperation hat das Helmholtz-Zentrum Berlin über 1,3 Millionen Euro eingenommen. Bernd Stannowski ergänzt. „Das Projekt ist ein wirklich gutes Beispiel dafür, wie eine Kooperation aus Forschung und Industrie aus einer Idee ein Projekt erschafft, das es heute weltweit zu kaufen gibt.“ Ähnlich sieht es Tobias Henschel. „Und über den Erfolg hinaus ist die Kooperation auch noch eine sehr interessante Erfahrung. Vor allem die komplett andere Herangehensweise an die Entwicklungsarbeit. Für uns Forscher geht es hauptsächlich darum, durch clevere Experimente zu verstehen, warum Dinge funktionieren oder warum sie eben nicht funktionieren. In der Industrie ist die Herangehensweise eine andere. Denn da muss am Ende ein Produkt herauskommen und auch die Deadlines sind viel härter. Da ist man eben schnell mal dabei zu sagen: Dieser Ansatz funktioniert nicht, der wird verworfen. Dann müssen wir als Forscher wiederum einbremsen und sagen: Ja, das funktioniert jetzt gerade nicht. Aber der Ansatz hat viel größeres Potenzial. Wir müssen weiter in diese Richtung arbeiten. Und das der anderen Seite verständlich zu machen, war eine Herausforderung, an der ich wirklich gewachsen bin.“

Vorwärts mit Wissen und Elan

Da von ihrem Produkt bereits über 100 Millionen Stück verkauft worden waren, rechnete sich das Tüfftler-Team gute Chancen für den HZB Technologietransfer-Preis aus. Der tatsächliche Gewinn dieses Preises verschafft dem Team nun auch mehr Sichtbarkeit seiner weiteren Projekte. Inzwischen gibt der derzeitige Forschungsstand dem Forscherteam die Möglichkeit, dieses Prinzip auch auf größere Flächen zu übertragen, perspektivisch anwendbar auf jedes denkbare Display. Dazu Tobias Henschel: „Allerdings muss man schauen, was wirklich Sinn macht. Denn ein Smartphone, das fast immer in der Tasche steckt, wird eher weniger von einer transparenten Solarzelle profitieren. Aber es gibt ja noch andere Geräte und Anwendungsbereiche. Welche genau das sind, dürfen wir aber aktuell noch nicht verraten.“

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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