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Karl-August-Platz: Ein Platz erfindet sich neu

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Karl-August-Platz
Karl-August-Platz
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf August 2021

Lebensqualität statt Verkehrslärm. Ein Thema, dass an immer mehr Orten in Berlin angesprochen wird. Am Karl-August-Platz hat sich in der Beziehung schon einiges verändert. Wie die BVV-Fraktionen dazu stehen, erfahren Sie in den folgenden Beiträgen.

SPD-Fraktion

Saubere Luft, weniger Lärm und bessere Aufenthaltsqualität sind Ziele der SPD Verkehrskonzeption. Zur Durchsetzung einer echten Verkehrsberuhigung reicht es nicht aus, nur Tempo-30-Schilder aufzustellen. Problem: Durch die steigenden Pendlerzahlen suchen sich bei Staus in den Hauptverkehrsstraßen immer mehr Kfz-Fahrende – ausgerüstet mit Navi-Systemen – einen „Schleichweg“ durch Wohngebiete. Die SPD-Fraktion hat von Anfang an die Initiative von Anwohnenden rund um den Karl-August-Platz unterstützt, mit einem Bündel von organisatorischen und baulichen Maßnahmen den Durchgangsverkehr zu unterbinden und den Parksuchverkehr zu reduzieren. Die SPD-Fraktion hat hierzu in der BVV einen Beschluss initiiert. Erste Schritte werden umgesetzt, um das Wohngebiet im Dialog mit den Anwohnenden schrittweise zum ersten „Kiez-Block“ zu entwickeln. Die nächsten Schritte: Ein Parkraummanagement ergänzend zur Parkraumbewirtschaftung mit Anwohnerparkplätzen und der Nutzung der nicht ausgelasteten Parkhäuser. Wir werden uns im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses nach den Wahlen dafür einsetzen, dass im Doppelhaushalt 2022/2023 ausreichend Mittel für die städtebauliche Umgestaltung des Karl-August-Kiezes zur Verfügung stehen.

Dr Jürgen Murach

CDU-Fraktion

Der Karl-August-Platz ist ohne Zweifel einer der bekanntesten und beliebtesten Plätze in unserem Bezirk; dies nicht zuletzt wegen des traditionsreichen Wochenmarktes, der hier zweimal pro Woche stattfindet und Besucher aus der ganzen Stadt anlockt. Zugleich ist der Platz aber auch Zentrum eines ganzen Kiezes, in dem viele Charlottenburgerinnen und Charlottenburger sehr gerne wohnen.

Um insbesondere für diese Anwohnerinnen und Anwohner die Aufenthaltsqualität des Platzes jenseits der Markttage zu steigern, ist es unbestritten notwendig, die schon lange bestehende Verkehrsberuhigung der Krumme Straße auch tatsächlich durchzusetzen. Nicht die richtige Maßnahme ist aus Sicht der CDU-Fraktion jedoch die vollständige Sperrung der Straße für die Durchfahrt von Autos am Karl-August-Platz. Die Folge sind, gerade an den Markttagen, chaotische und für Fußgänger gefährliche Zustände und die Verlagerung des Anfahrverkehrs in umliegende Straßen, wie beispielsweise die Schillerstraße, an der sich u. a. eine Schule befindet. Die Einrichtung bspw. einer Einbahnstraße wäre aus unserer Sicht eine weitaus praktikablere Lösung des Problems, die es auch nicht bloß an andere Stellen verlagern würde.

Christoph Brzezinski

B‘90/Grünen-Fraktion

In kurzer Zeit hat sich der Kiez um den Karl-August-Platz zu einem Modellquartier entwickelt – für sanfte Mobilität und eine Neuverteilung des öffentlichen Raums. Die Initiative ging von den Anwohner*innen aus. Der Unfalltod einer Radfahrerin in der Krummen Straße im Juli 2019 hat die Menschen aufgerüttelt und endlich auch der Politik die Augen geöffnet. Mit der Freihaltung des Karl-August-Platzes vom motorisierten Durchgangsverkehr erfüllen das Bezirksamt und Stadtrat Oliver Schruoffeneger eine wichtige Forderung der Nachbarschaftsinitiative. Wir Grüne haben das mit unseren Anträgen in der BVV unterstützt und wollen, dass die Verkehrsberuhigung auf Dauer bleibt. An der Krummen Straße zeigt sich, was schon durch kleine Eingriffe erreicht werden kann: befreit vom massiven Durchgangsverkehr gewinnen die Menschen Sicherheit, bessere Luft, Ruhe und mehr Aufenthaltsqualität. Schon jetzt ist der Platz ein anderer Ort. Die Anwohner*innen haben viele weitere Ideen, um ihren Kiez menschengerecht weiterzuentwickeln. Alle können mitzudiskutieren, wie der Karl-August-Platz neugestaltet und als soziales und kulturelles Zentrum für das Leben im Kiez entwickelt werden kann.

Christoph Wapler

FDP-Fraktion

Seit Jahren ist die Situation um den Karl-August-Platz angespannt. Insbesondere hinsichtlich des Verkehrs, aber auch bezüglich der mangelnden Aufenthaltsqualität gibt es zu Recht viel Diskussion. Es ist höchste Zeit, zu handeln. Wir haben uns zuletzt dafür ausgesprochen, die Krumme Straße zwischen Bismarckstraße und Kantstraße als Einbahnstraße auszuweisen, um die Verkehrsbelastung zu verringern und zu prüfen, ob an Markttagen der Verkehr komplett umgeleitet werden kann. Wir wollten erreichen, dass bei einer zeitweisen Sperrung der Krumme Straße auch der Radverkehr umgeleitet wird, um die Aufenthaltsqualität für Fußgänger deutlich zu erhöhen. Die jetzige Sperrung der Krumme Straße, ohne Ankündigung gegenüber den Anwohnern, ist halbherzig. Das Teilstück ist zur Nutzung für die Gastronomen zu klein, dem Platz verleiht es kaum Leben. Dabei zeigen die Markttage wie attraktiv der Ort sein kann. Eine klimaresistente Bepflanzung, mehr und bessere Mülleimer und Bänke wären eine Option, vielleicht auch eine Bepflanzung zur Abgrenzung von den Parkplätzen, könnten dem Platz Charakter verleihen. Mit einem weitläufigen Parkleitsystem, das den Verkehr in die Parkhäuser lenkt, würde der Platz entlastet. Die zwei neuen Sackgassen führen nur zu vermehrtem Falschparken, v.a. an den Markttagen. Wenn der Platz auch nicht neu erfunden wird, könnte er so besser werden.

Stephanie Fest und Felix Recke

AfD-Fraktion

Mit der Wahrheit scheinen die Grünen auf Kriegsfuß zu stehen (man denke nur an ihre prominente Lebenslauffälscherin Baerbock). Die Themensetzung suggeriert hier, der Karl-August-Platz erfinde sich eben mal so ganz von alleine neu. Tut er nicht. Im Gegenteil: Veränderungen des bereits 1894 angelegten Platzes gibt es nicht ohne intensive Arbeit. Beteiligt waren/sind die Fraktionen der BVV, das Bezirksamt, Anwohnerinitiativen, auch die Seniorenvertretung – alle mit verschiedenen Interessen. Die einen wollen weniger Verkehr, die anderen wollen aber die Autos nicht verbannen, weil sie darauf angewiesen sind. Manche träumen von abgegrenzten „Kiezblocks“ mit Pollern, ohne Parksuchverkehr, verursacht durch die Kundschaft der Wilmersdorfer Straße. Soll man die Krumme Straße sperren – oder nur bestimmte Abschnitte? Auch eine Einbahnstraßenregelung ist ja möglich. Einer Bürgerinitiative schwebt ein Ort der Begegnung, des Verweilens, der Kommunikation vor.

Sicher: Der Platz hat Potenzial. Nötig ist jedoch ein Konzept, das auch die Wilmersdorfer Straße mit einschließt. Die Interessen des Einzelhandels, der Kundschaft und der Anwohner müssen berücksichtigt werden. Und da gibt es noch viel zu tun – Lösungen erfinden sich nicht von alleine.

Michael Seyfert

Linksfraktion

Am Karl-August-Platz engagieren sich Bewohner:innen für eine Mobilitätswende. Als Linksfraktion haben wir ihre Bemühungen aufgegriffen und dafür gesorgt, dass ein nachhaltiges Mobilitäts-Konzept entsteht. Bis 30. Juni war für einige Wochen der Durchgangsverkehr zwischen Kant- und Bismarckstraße teilweise gesperrt – wir finden: Die Sperrung hat den Stadtraum geöffnet. Denn kombiniert mit dem Aufstellen von Sitzmöbeln und Pflanzen haben – so unser Eindruck – viel mehr Bewohner:innen den Platz genutzt.

Als Linksfraktion wollen wir, insbesondere durch einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Angewiesenheit auf das Auto überwinden. Wenn dann einige Parkplätze entfallen und der Durchgangsverkehr unterbrochen werden kann, entsteht Platz für vielfältige neue Angebote, die unsere Kieze lebenswerter machen. Neben nachhaltiger Mobilität und mehr Aufenthaltsqualität gehören bezahlbares Wohnen und Kleingewerbe sowie ein sozialer Klimaschutz dazu. Unser Bezirk hat da noch viele Hausaufgaben. Ich gebe gern zu: Vom zuständigen Stadtrat der Grünen hätte ich mir mehr erhofft. Der Druck der Bewohner:innen bleibt weiter wichtig! Was sind Ihre Ideen? Schreiben Sie mir: niklas.schenker@linksfraktion-cw.de

Niklas Schenker

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