Gazette Verbrauchermagazin

Zukunft des Thaiparks – Neverending-Story zulasten aller? Bewertung der neuen Alternativen des Bezirksamts

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Street-Food-Markt im Preußenpark.
Street-Food-Markt im Preußenpark.
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf März 2024

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die FDP-Fraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

Die Geschichte des Thai-Marktes im Preußenpark gleicht einem endlosen Ärgernis. Einen „Thaipark“ gibt es jedoch nicht. Da jahrelang der politische Wille und das Verständnis der eigentlichen Problematik fehlten, ist es nun an der schwarz-grünen Zählgemeinschaft, diese Versäumnisse nachzuholen. Die massive Belastung des Parks und der Anwohnerschaft durch den Markt sind ein Verstoß gegen das Grünanlagengesetz. Die Folgen sind Lärm, Müll und ein Park, der seiner eigentlichen Funktion, der naturnahen Erholung für die Anwohnerschaft, nicht mehr gerecht wird. Da die Zählgemeinschaft einen rechtssicheren Rahmen für den Markt schaffen will, ist ein neuer Standort außerhalb des Parks notwendig, wenn sein Bestehen weiterhin gewünscht ist. Aufgrund der anstehenden Neugestaltung des Parks ist ein Verbleib des Marktes in seiner jetzigen Form ebenfalls nicht möglich. Die geprüften Standorte sind daher die einzigen Varianten, um den Thai-Markt zu sichern. Die Bewertung erfolgt durch eine Beteiligung einer Vielzahl von öffentlich tagenden Fachausschüssen und wird letzten Endes von der BVV entschieden.

Alexander Pönack

B‘90/Grünen-Fraktion

Der Thai-Food-Market hat sich in 15 Jahren vom ursprünglichen Treffpunkt der Deutsch-Thailändischen Community zu einem großen Food-Market ausgewachsen. Nun soll der stark übernutzte Preußenpark mit rund 9 Mio. Euro Fördermitteln vom Bund klimaresilient aufgewertet werden. Gleichzeitig wird das drängende Spielplatzdefizit für diesen Teil Wilmersdorfs gemildert. Mit der Klage der Naturfreunde gegen Beeinträchtigungen durch die Vorhabenplanung des Bezirks ist der Thaimarkt nicht mehr in der gewidmeten Grünfläche des Preußenparks haltbar, denn für die Verkaufsstände wird aufgrund lebensmittelhygienischer Vorschriften ein befestigter Untergrund benötigt. Um dem Thaimarkt Alternativen bieten zu können, hat das Bezirksamt weitreichende Prüfungen vorgenommen und zwei mögliche Standorte identifiziert: Die Württembergische Straße direkt am Park sowie die Barstraße mit der Option, den Wochenmarkt am Fehrbelliner Platz aufzuwerten. Beide neuen Standorte nehmen einen Teil des Nutzungsdrucks aus dem Preußenpark und ermöglichen so schönere Vegetations- und Erholungsbereiche mit mehr Grün und die Entlastung der Anwohnenden.

Sibylle Centgraf

SPD-Fraktion

Der Thaimarkt repräsentiert nicht nur kulinarische Vielfalt im Bezirk, sondern ist für viele zum kleinen Stück Heimat geworden. Auf den dort regelmäßig stattfinden Kultur- und Kiezfesten entsteht ein friedlicher interkultureller Austausch. Als Familientreffpunkt symbolisiert er das gelebte Berlin. Die schwarz-grüne Mehrheit im Bezirk plant einen Alternativstandort ohne nachvollziehbare Gründe. Bezirksstadtrat Schruoffeneger schlägt die Württembergische Straße oder die Barstraße vor, ohne Konzeptunterlagen oder Absprachen. Ein SPD-Antrag für die Veröffentlichung der Entscheidungsgrundlage für die beiden Vorschläge wurde von CDU und Grünen abgelehnt. Die bisher breit stattgefundene Bürgerbeteiligung wird dagegen nun ignoriert. Ihr Wunsch ist es, dass der Markt verlegt wird, koste es was es wolle. Entweder direkt vor die Haustür der Anwohner:innen oder in eine Betonwüste in der Barstraße, welche von der BVG aber sowieso weiter als Halt benötigt wird. Beide Standorte sind absolut ungeeignet. Die SPD fordert die Einhaltung gemachter Beschlüsse und Versprechen, denn die Thai-Community hat sich an ihre Abmachung gehalten.

Dr. Claudia Buß

Linksfraktion

In der letzten BVV stellte das Bezirksamt seine Pläne für die Verdrängung des Thai-Markts aus dem Preußenpark vor – Kartenausschnitte mit den zwei potentiellen Standorten Barstraße und Württembergische Straße ohne genaue Details. So schafft das Bezirksamt Tatsachen. CDU und Grüne ignorieren BVV-Beschlüsse sowie Ergebnisse von Beteiligungsverfahren mit Anwohner:innen und der Thai-Community zum Erhalt des Markts im Preußenpark. Offenbar gab es weder Gespräche mit dem Trödelmarkt am Fehrbelliner Platz noch dem Parkcafé am Preußenpark, obwohl sie von der Standortverlegung direkt betroffen wären. Innerhalb eines Monats peitscht das Bezirksamt seine bereits gefasste Entscheidung für einen neuen Standort durch sechs Ausschüsse, wo Betroffene nur Gäste sind und Rederecht beantragen müssen. Das ist keine Partizipation, sondern Durchregieren von oben für preußische Parkanlagen statt Thai-Markt im Grünen! Wir fordern, dass BVV-Beschlüsse und entsprechende Umbaupläne umgesetzt werden, die sowohl dem Grünschutz als auch den Interessen der Thai-Community gerecht werden.

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

FDP-Fraktion

Nach jahrelangem Ringen und entgegen bestehender Beschlusslage soll die BVV noch in diesem Monat über einen neuen Standort des Thaimarktes entscheiden. Ob nun die Bar-, die Württembergische Straße oder der Fehrbelliner Platz von Schwarz-Grün favorisiert wird, scheint unerheblich. Jeder dieser Standorte birgt hohes Konfliktpotenzial bei allen, bisher nicht in den Entscheidungsprozess eingebundenen Beteiligten. Gelöst geglaubte Probleme wie Vermüllung, Lärm und Verkehr werden nun einen viel weiteren Radius betreffen und gleichzeitig ansässige Gewerbetreibende und Anwohner nachhaltig schädigen. Dass Stadtrat Schruoffeneger im alten Standort im Park eine Gefährdung des Allgemeinwohls und einen möglichen Klagegrund sieht, nimmt sich dabei schon fast als Hohn aus. Dort wo tausende Besucher aus aller Welt, angelockt durch Hinweise aus jedem guten Reiseführer, ihre Wochenenden integrativ miteinander verbringen, steht die FDP auch wirtschaftlich zum bisherigen Beschluss und damit zum Verbleib des Thaimarktes im Preußenpark. Denn dieser ist gut für Berlin und gut für Charlottenburg-Wilmersdorf!

Stefanie Beckers & Christian M. Schuchert

AfD-Fraktion

Es gab den BVV-Beschluss, die Imbiss-Stände des „Thai-Streetfood-Marktes“ im Preußenpark zu belassen. Nur eben legalisiert und ordentlich. Schwarz-Grün will es nun anders. Die Grünen, einst für den Verbleib im Preußenpark, schwenkten um. (Wie von „Frieden schaffen ohne Waffen“ schnurstracks zur Waffenlieferungspartei). Die AfD-Fraktion ist gegen den Thai-Markt im Preußenpark. Die beiden jetzt neu vorgeschlagenen Standorte sind absolut unattraktiv. Die Württembergische Straße ist an der Stelle öde, Barstraße/Ecke Fehrbelliner Platz richtig trist. Wer geht da am Wochenende hin, um thailändisch zu essen? Wer so etwas mag, sitzt mit seinem Curry lieber auf der Parkbank oder auf dem Rasen. Es gibt tolle Parks in Berlin, warum nicht abgeben an Kreuzberg oder Treptow? Für welchen der beiden reizlosen Standorte die Entscheidung jetzt auch fällt, der „Thai-Food-Markt“ in Wilmersdorf wird sich mangels Kundschaft bald von selbst erledigt haben. Auch nicht schlimm – Berlin hat viele gute Thai-Restaurants. Oder lieber gleich ein Abstecher nach Bangkok? Essen besser, Atmosphäre aufregend, Wetter schöner.

Michael Seyfert

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