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Fotos aus dem geteilten Berlin

Schöneberg Museum erinnert an Fotograf Jürgen Hentschel

Straßenszenen in Schöneberg aus dem Jahr 1967. Im Hintergrund ist der Sportpalast zu sehen, der 1973 abgerissen wurde. Foto: Jürgen Henschel, Archiv Museen Tempelhof-Schöneberg
Straßenszenen in Schöneberg aus dem Jahr 1967. Im Hintergrund ist der Sportpalast zu sehen, der 1973 abgerissen wurde. Foto: Jürgen Henschel, Archiv Museen Tempelhof-Schöneberg
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau November 2023
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Der Fotograf Jürgen Henschel (1923 – 2021) wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass widmet ihm das Schöneberg Museum eine Sonderausstellung. Er portraitierte vor allem mit seiner Kleinbildkamera Ruinen, Wiederaufbau und politischen Protest in West-Berlin. Weltweite Bekanntheit erlangte sein ikonisches Foto des sterbenden Benno Ohnesorg. Die jetzt erstmalig öffentlich gezeigte Werkauswahl aus der Zeit von 1953 bis zur Wiedervereinigung 1990 stammt aus dem Archiv der Museen Tempelhof-Schöneberg, wo sich rund 23.000 Negative von Henschel befinden. Der räumliche Schwerpunkt der ausgewählten 100 Schwarz-Weiß-Aufnahmen liegt auf dem West-Berliner Bezirk Schöneberg, Sitz der damaligen Landesregierung und langjähriger Wohnort des Fotografen.

Politische Pressearbeit

Arbeit und Leben von Jürgen Henschel sind eng mit der Stadt- und Weltgeschichte verbunden. Nach Erfahrungen als junger Wehrmachtssoldat und sowjetischer Kriegsgefangener wandte er sich pazifistischen und kommunistischen Ideen zu. Als Autodidakt begann er, Demonstrationen in beiden Teilen Berlins, politische Parteiarbeit, aber auch den invasiven Stadtumbau zu fotografieren. Ab 1967 arbeitete er als Pressefotograf für die Parteizeitschrift „Die Wahrheit“ der „Sozialistischen Einheitspartei Westberlins“ (SEW). Die SEW war eine von der DDR-Staatspartei SED finanzierte und angeleitete kommunistische Partei für den Westteil der Stadt, jedoch politisch weitgehend unbedeutend.

Geprägt vom Kalten Krieg

Die Ausstellung zeigt die Geschichte West-Berlins aus dem Blickwinkel von Jürgen Henschel, der geprägt war vom Kalten Krieg, Aktivismus und verschiedenen gesellschaftspolitischen Vorstellungen. Seine Fotografien bringen den Zeitgeist der geteilten Stadt ins Gedächtnis: Zu sehen sind der Abrissstaub zwischen zerfallenden Fassaden, die gesellschaftlichen Folgen des Mauerbaus, Massendemonstrationen und Hausbesetzungen, der umstrittene Autobahnbau sowie die Eintönigkeit des als „modern“ ausgegebenen sozialen Wohnungsbaus.

Die Ausstellung wird vom 17. November 2023 bis 2. Juni 2024 im Schöneberg Museum, Hauptstraße 40/42, 10827 Berlin, gezeigt. Geöffnet ist samstags bis donnerstags vom 14 bis 18 Uhr und freitags von 9 bis 14 Uhr. Kuratorinnenführungen mit Johanna Muschelknautz bzw. Marie Lührs an vier Sonntagen jeweils um 15 Uhr: 26. November, 10. Dezember, 28. Januar 2024 und 25. Februar 2024. Weitere Informationen und ein Begleitprogramm unter www.museen-tempelhof-schoeneberg.de

Titelbild

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