Dahlem
Irma Stern im Brücke-Museum
Zwischen Berlin und Kapstadt

07.07.2025: Eine Wiederentdeckung verspricht das Brücke-Museum mit seiner neuen Ausstellung: Vom 13. Juli bis 2. November 2025 widmet sich das Haus der deutschsüdafrikanischen Künstlerin Irma Stern (1894 - 1966). Während Stern in ihrer Wahlheimat Südafrika als eine der wichtigsten Künstlerinnen des frühen 20. Jahrhunderts gilt, ist sie in Deutschland, ihrer früheren Heimat, nahezu vergessen. Die Schau mit dem Titel „Irma Stern: Eine Künstlerin der Moderne zwischen Berlin und Kapstadt“ ist die erste Einzelausstellung Sterns in Berlin und beleuchtet ein Werk, das bis heute relevant und zugleich von komplexer Ambivalenz geprägt ist.
Irma Stern, in Südafrika geboren, studierte in Weimar und Berlin Malerei. Sie war Gründungsmitglied der Novembergruppe, pflegte eine enge Freundschaft zu Max Pechstein und präsentierte ihre Arbeiten in den 1920er-Jahren erfolgreich in Berliner Galerien. Ihr Stil, tief vom deutschen Expressionismus beeinflusst, fand Anerkennung für seine ausdrucksstarken, farbintensiven Porträts der Bevölkerung und Landschaften Südafrikas.
Doch für die jüdische Künstlerin endete dieser Erfolg in Deutschland abrupt mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. Ihr Leben verlagerte sich endgültig nach Kapstadt. Dort schuf Stern bis zu ihrem Tod 1966 ein beeindruckendes Œuvre. „Die bestechenden, farbenprächtigen Porträts, Landschaften und Stillleben Sterns fußen auf einem Leben, das so unkonventionell war wie abenteuerlich“, erklärt Lisa Marei Schmidt, Direktorin und Kuratorin der Ausstellung.
Die Ambivalenz prägt Sterns Werk und Biografie maßgeblich. Kuratorin Lisa Hörstmann führt aus: „Stern konnte sich als Frau vor allem dadurch im männerdominierten Kunstbetrieb durchsetzen, dass sie sich geschickt als ‚Expertin‘ Schwarzer Kulturen positionierte. In Südafrika konnte sie so, ihre Erfolge in Berlin im Rücken, zur Nationalkünstlerin des Apartheid-Regimes avancieren. Gleichzeitig war sie als Jüdin auch dort immer wieder von Antisemitismus bedroht.“ Ihr Werk oszilliert zwischen weiblicher Emanzipation und kultureller Aneignung.
Die Ausstellung im Brücke-Museum bietet die seltene Gelegenheit, über 40 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen Sterns aus internationalen, vor allem südafrikanischen Sammlungen zu sehen. Diese treten in Dialog mit Werken der Brücke-Künstler. Eine Intervention des südafrikanischen Künstlers Athi-Patra Ruga (*1984) erweitert die Schau um eine kritische Kommentierung aus queerer Schwarzer Perspektive.
Begleitet wird die Ausstellung von dem umfangreichen Diskursprogramm „Nicht einfach“, das zur kritischen Reflexion über Sterns Biografie voller Ambivalenzen, Privilegien und Ausschlüsse einlädt. Daniela Bystron, Kuratorin für Outreach, beschreibt das Programm als multidirektionale Auseinandersetzung mit den Verschränkungen von Kolonialismus und Antisemitismus im Kontext der deutschen Geschichte. Das Projekt wird gefördert durch den Projektfonds Zeitgeschichte und Erinnerungskultur der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Hirmer Verlag. Die Ausstellung ist im Brücke-Museum, Bussardsteig 9, 14195 Berlin, zu sehen. Weitere Informationen: www.bruecke-museum.de