Gazette Verbrauchermagazin

alpha-nova werkstattTHEATER

Großes Theater trotz kleinen Budgets

Erschienen in Lichterfelde Ost Journal Februar/März 2017
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Ein wenig suchen muss der Theatergast schon, um das kleine, aber feine alpha-nova werkstattTHEATER in der Steglitzer Albrechtstraße 28 zu finden. Doch es lohnt sich durchaus, diese minimale Verzögerung auf sich zu nehmen: Denn in den renovierten Kellerräumen der Brunnenhof Senioreneinrichtung präsentiert sich – hat man erst einmal den Hof, der reichlich Parkplätze bietet, und die beleuchtete Treppe hinter sich gelassen – ein kleines Paradies für Theaterinteressierte und solche, die es in dieser besonderen Atmosphäre bestimmt werden. Professionell geführt von Dramaturgin und Regisseurin Gudrun Krienke, läuft hier ohne sie nichts, darin sind sich die Mitglieder vom 1991 gegründeten Kultur in Zehlendorf e. V. einig. Der unterstützt als Betreiber des KulturKiosk Zehlendorf auch das Werkstatttheater in Steglitz. Regie, Dramaturgie und Bühne liegen in Krienkes Hand. Dank ihres Engagements konnte das kleine Theater die Räume unter den Seniorenwohnungen im Jahr 2012 beziehen und mit seinem „FAUST“ eröffnen, nachdem die alpha-nova Kulturwerkstatt in Friedenau – vier Jahre der Standort des Theaters – geschlossen worden war.

Laien und Schauspieler kommen nun seit vier Jahren hier zusammen, um zu proben und „großes Theater“ zu machen. Mit ausgefeilten Neuinszenierungen und Gastspielen begeistern sie immer wieder neu vor Ort ihr Publikum, zu dem bereits zahlreiche Stammgäste gehören, und treten damit auch an anderen Spielorten auf.

Allein der Vortrag macht des Redners Glück

Freundlich renoviert sind die Räume in der Albrechtstraße. Kaum zu glauben, dass hier einmal triste Kelleratmosphäre herrschte. Die glückliche Antwort des Gebäudezuständigen, den Gudrun Krienke damals, vorsichtig ob des geringen Budgets der seit 1995 bestehenden Theatergruppe, nach der Miete gefragt hatte, ließ sie aufatmen. „Geld wollen wir dafür nicht. Spielen Sie lieber ab und zu für die Senioren im Haus“, erklärte der, und die Vereinbarung stand.

Die Kunst der Deklamation fehlte der Gruppe weniger, eher Zeit und Geld. So packten nun alle mit an, das vorhandene Budget wurde aufgebraucht und viel Zeit investiert: Grundreinigung sowie die Instandsetzung von Theater- und Schauspielerraum, Küche und Toilette wurden in zwei Monaten bewerkstelligt. Stühle, Tische und Regale wurden von einem aufgelösten privaten Steuerbüro gespendet, nachdem der Kulturbereich des Bezirks es nicht auf die Reihe gebracht hatte, auf seinen Stuhlfundus zurückzugreifen. Das langjährige Mitglied Evelyn Wittkowski, bekannt für ihre verfassten Hundegeschichten und Lesungen, erinnert sich: „Den straffen Lüftungsplan habe ich konsequent eingehalten, um auch die letzte Feuchtigkeit aus den Kellerräumen zu bekommen.“

Krienkes „FAUST“ konnte planmäßig auf die Bühne gebracht werden. Wie häufig in ihren Inszenierungen wurde das Bühnenbild durch Projektionen auf im Raum hängenden Tüchern und Gazen realisiert, wobei die Schauspieler hinter, zwischen und vor den Projektionsflächen agieren und in Interaktion mit den Bildern und den Film-Figuren treten. So kann der Raum, der rund 40 Zuschauern bequem Platz bietet, optimal genutzt werden und bietet Nähe zu Schauspielern und Handlung.

Glück hatte Gudrun Krienke auch auf einem ihrer Spaziergänge mit ihren beiden Hunden: Auf dem ehemaligen Gelände des Oskar-Helene-Heims räumte eine Filmfirma, die dort gedreht hatte, Molton-Ballen zum Entsorgen in ihre Transporter. Dieser schwarze feuerfeste, lichtschluckende Stoff, zum Auskleiden von Theaterräumen bestens geeignet, hat seinen Preis. Wieder fragte sie nach – und bekam den Stoff kostenlos „Frei Theater“ geliefert.

Inzwischen schafft er echte Theateratmosphäre, am Boden überdeckt dicker Filzboden das alte Linoleum, und die Wände im Vorraum schmücken überlebensgroße Figuren-Malereien aus der Commedia dell´arte. Im Café-Raum können Zuschauer Kaffee, Wein oder einen vorzüglichen Minztee und kleine Knabbereien genießen. Dabei lässt es sich ungezwungen miteinander und mit den Theaterschaffenden ins Gespräch kommen. Das abwechslungsreiche Programm reicht von A wie Antigone über L wie Loriot bis T wie Tucholsky. Beliebt bei den Senioren nebenan sind besonders Chanson-Nachmittage mit Liedern der 50er-Jahre aus dem Musikalischen Salon und Lesungen im Literarischen Salon. Gastspiele lockern das Programm zusätzlich auf, und die Kartenpreise liegen zivil bei 12.- / 8.- / 3.- Euro (Berlinpass). Auf dem Programm für 2017 steht die Neuinszenierung des „Nathan“. Jeden Montag und Donnerstag ist Probe.

Die Macherin

„Wenn ich etwas will und für etwas brenne, setze ich alles daran“, verrät Gudrun Krienke ihr Erfolgsgeheimnis. Sie musste sich in ihrem Leben viel erarbeiten: Nach Regieassistenz in Neustrelitz und Schwerin folgte die Ausbürgerung aus der DDR („Theater ist für mich immer etwas politisches.“) Sie brauchte einige Zeit zum Warmwerden im Westen, machte mit Mann und Kind Station in Hessen und Berlin. Krienke inszenierte u. a. auf dem Dachboden des Instituts für Theaterwissenschaften „Leonce und Lena“ und an der HdK „Hamlet“, sie studierte an der Freien Universität Berlin Theaterwissenschaften und Germanistik.

Ab 1983 vertiefte sie die Jugendarbeit, brachte das Haus der Jugend an der Argentinischen Allee 28 in Zehlendorf bis 2004 ein gutes Stück voran und begründete das erfolgreiche KinderTheaterProjekt. Als das Bezirksamt 2003 die Finanzierung stoppte, stand Gudrun Krienke fast mittellos da, mit einem schulpflichtigen Sohn, alleinerziehend. Also gab sie Kurse für Opernsänger und engagierte sich für die parallel laufende Theatergruppe. Auch aktuell bietet sie Schauspielkurse über das Werkstatttheater an. Im November 2016 startete am Haus der Jugend das neue KinderTheaterProjekt.

Für die Zukunft will die Regisseurin aus ihrem reichen Erfahrungsschatz schöpfen, plant weitere Arbeit mit Kindern: Dabei denkt sie an Michael Endes „Gauklermärchen“ mit altersgemäß besetzten Rollen, an „Das kalte Herz“ oder an „Der Tannenbaum“.

Sie wünscht sich: „Noch viele schöne Inszenierungen möchte ich mit dem alpha-nova werkstattTHEATER machen. Dazu Kindertheater – und möglichst jedes Wochenende zwei Vorstellungen. Aber das wichtigste: ein interessiertes Theaterpublikum, das zum Stammpublikum wird.“

Die Chancen stehen gut, dass Gudrun Krienke mit ihrer Theatergruppe diese Ziele erreicht.

Weitere Informationen und das Programm des alpha-nova werkstattTHEATER unter www.alpha-nova-werkstatttheater.de und an der Informationswand des KulturKiosk Zehlendorf.

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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