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Nachrichten vom Kirchturm

Optische Telegrafie von Berlin über Dahlem bis nach Koblenz

Telegrafenarme auf der Dorfkirche Dahlem.
Telegrafenarme auf der Dorfkirche Dahlem.
Erschienen in Gazette Zehlendorf März 2024
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62 Stationen über 588 Kilometer – mittels Masten, an denen jeweils sechs Telegrafenarme angebracht waren, wurden zwischen 1832 und 1849 ausschließlich behördliche und militärische Signale von Berlin in die preußische Rheinprovinz verschickt. Letzte Station des Telegrafen war Koblenz.

Weit sichtbare Masten

Die 6,30 Meter hohen Masten mussten von weitem sichtbar sein – deshalb standen sie auf Dächern – auch von Kirchen – oder auf extra zu diesem Zweck errichteten Türmen. In Potsdam erinnert die Bezeichnung „Telegrafenberg“ noch heute an diesen Zweck. Bäume wurden gekürzt, wenn sie die Sicht behinderten. Der Start in Berlin war die Alte Sternwarte in der Dorotheenstraße. Der zweite Punkt befand sich in Dahlem – hier stand der Mast auf der Dorfkirche. Mast Nummer drei war auf dem Schäferberg – dort, wo sich heute der Fernmeldeturm erhebt. Dann kam der bereits erwähnte Telegraphenberg als vierte Station.

Chiffrierte Informationen

Die preußische Telegrafenlinie war zwar nicht die erste – bereits Napoleon Bonaparte hatte diese Technik genutzt – aber die längste Linie in Europa. Die beweglichen Telegrafenarme – jeweils paarweise angebracht – wurden über Drahtseile und Zugstangen gesteuert. Die Nachrichten waren verschlüsselt, damit der Feind im Kriegsfall keine Informationen herauslesen konnte. Die Arbeitsplätze beim Telegraphen-Corps waren sehr gefragt. Sie waren Militärangehörigen vorbehalten. Die Bezahlung war gut. Voraussetzung war die Beherrschung des Rechnens, Lesens und Schreibens. Die Mitglieder des Corps konnten Wohnräume an der Telegrafenstation nutzen. Sie waren zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Die sechs beweglichen Telegrafenarme waren paarweise am Mast angebracht und wurden mit Drahtseilen aus einem Observationsraum bewegt. Für alle Buchstaben und Zahlen sowie wichtige Personen, Orte und Länder gab es vorgeschriebene Einstellungen.

Jede Station verfügte über Fernrohre, sodass die Signale der vorherigen Station gelesen und anschließend von der eigenen Station gesendet werden konnten. Die Abstände zwischen den Stationen variierten. Durchschnittlich lagen sie etwas weniger als zehn Kilometer auseinander. Der geringste Abstand betrug etwa zwei Kilometer, der weiteste Abstand zwischen zwei Stationen 16 Kilometer. Eine Station konnte zwischen 1,5 und zwei Zeichen pro Minute ablesen und weitersenden. Von einer Meldung, die von Berlin nach Köln geschickt wurde ist bekannt, dass es 1,5 Stunden dauerte, bis der Empfänger sie bekam. Wobei die Sendegeschwindigkeit auch stark von der Länge der Nachricht abhing. Mit der Einführung der elektrischen Telegrafie war die Zeit der optischen Telegrafen abgelaufen. Aber noch heute werden ähnliche optische Signale – stark vereinfacht – im Eisenbahnverkehr angewandt.

Der Telegraphenradweg

Im Jahr 2007 kam die Idee auf, die Strecke entlang der früheren Telegrafenlinie als Radweg auszuschildern. Allerdings wurde bisher lediglich der Streckenverlauf in Sachsen-Anhalt beschildert. Hier lassen sich die Stationen in Biederitz, Magdeburg, Ampfurth und Neuwegersleben mit dem Rad erfahren. In Berlin bot der ADFC bereits geführte Touren von der Station Nummer eins bis zum Telegrafenberg in Potsdam an.

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