Gazette Verbrauchermagazin

Hornkraut gegen Seerose

Wilmersdorfer Seenkette aus dem Gleichgewicht

Hornkraut- und Fadenalgenteppich in der kleinen Wilmersdorfer Seenkette verdrängen Seerose, Barsch und Schlei. Foto: SFVW
Hornkraut- und Fadenalgenteppich in der kleinen Wilmersdorfer Seenkette verdrängen Seerose, Barsch und Schlei. Foto: SFVW
Erschienen in Gazette Wilmersdorf August 2020
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Der Sportfischerverein Wilmersdorf 1947 e. V. (SFVW) macht sich als langjähriger Pächter und Heger der kleinen Wilmersdorfer Seenkette Sorgen um die vier künstlich angelegten und untereinander verbundenen Seen: Das komplexe, aus Diana-, Koenig-, Hertha- und Hubertussee bestehende Gewässersystem nahe der Berliner Innenstadt wird in den Sommermonaten auch in diesem Jahr wieder überrollt durch Massen von Fadenalgen.

Wider Fadenalgen und Hornkraut…

Der Vereinsvorsitzende Harald Bröse erklärt: „Große Flächen von Seerosen haben so seit Jahren keine Chancen zu wachsen und sich zu verbreiten. Unser Auftrag vom Fischereiamt Berlin zur begleitenden Hege und Pflege der Gewässer ist dadurch stark eingeschränkt.“ – Denn der dichte Algen- und Hornkrautteppich mache den Vereinsmitgliedern das dazu notwendige Durchfahren der Seen mit dem Ruderboot nahezu unmöglich. In den charmanten Seen leben ebenso Hecht, Barsch und Zander wie Friedfische, darunter Karpfen und Schlei. Dieses Fischgleichgewicht werde durch die massive Fadenalgenausbreitung ebenso aus dem Gleichgewicht gebracht wie die Pflanzenvielfalt, betont Fischexperte Bröse. So würden sich vermehrt sogenannte Weißfische wie Plötze, Güster und Bleie durchsetzen, die dann langsamer wachsenden Fischarten das Futter wegfressen, so dass diese zu kümmern beginnen, im Fachjargon „verbutten“. Unter den Fadenalgen wachsende Pflanzen wie Seerosen erhalten durch den Algenteppich zu wenig Licht und sterben ab.

Besonders betroffen ist aktuell der Herthasee, der – so Bröse – zu 80 Prozent zugewachsen ist. Gefolgt vom Koenigsee mit 50 Prozent und vom Hubertussee mit 40 Prozent. Lediglich der Dianasee sei „clean“.

In seiner Sorge um die Seen hat der Sportfischer-Verein, der „waidgerechtes Angeln im Sinne des Naturschutzes“ pflegt, nun zum wiederholten Male schriftlich bei Viola Hügerich vom Umweltamt- und Naturschutzamt des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, Gruppenleitung Gewässer- und Bodenschutz, Gewässerschutz sowie bei Stadtrat Oliver Schruoffeneger um Unterstützung im Einsatz gegen das Hornkraut-Problem gebeten.

„…Es muss doch eine einvernehmliche Lösung zur Eindämmung von Hornkraut und Massen von Fadenalgen geben“, hieß es in dem per E-Mail übermittelten Vereins-Schreiben.

…und Für

Die Antwort von Bezirksseite kam prompt, doch wenig befriedigend für den Traditions-Sportfischerverein.

Viola Hügerich erklärt in dem Schreiben im Auftrag: „Wie auch schon am 4.2.2020 schriftlich erläutert, kommen unser Gutachten von 2016/2017 wie auch das von Ihnen mir zur Verfügung gestellte Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW (MUNLV) zu dem selben Schluss, dass das aus Ihrer Sicht verständlicherweise beklagte Hornkraut, selbst wenn es in Massen auftritt, aus gewässerökologischer Sicht gut ist. Es bringt so viel Sauerstoff ins Gewässer ein, dass auf eine technische Belüftung verzichtet werden kann. Für den Fischbestand ist der Pflanzenbewuchs ebenfalls von Vorteil durch Schutz- und Vermehrungsmöglichkeiten und dem verbesserten Nahrungsangebot (Zooplankton und Makrozoobenthos). Allerdings wird ohne Frage die Angelbeschäftigung vom Boot aus erschwert und die Attraktivität als Angelgewässer reduziert. Dafür wurden an unseren Seen in Abstimmung mit Ihnen Angelplätze an den Ufern angelegt. Wir haben Infomaterial darüber für die Angler erstellt und Ihnen zur Verfügung gestellt.

Die angesprochenen Hegemaßnahmen könnten ungestört im Herbst erfolgen, wenn die Pflanzen absterben und auf den Grund sinken.

Eine Mahd (selbst monatlich wiederholt) bringt keinen reduzierenden Effekt, weder akut noch nachhaltig, da es das Pflanzenwachstum regelrecht anregt.

Aus all den angeführten Gründen hoffe ich auf Ihr Verständnis, dass – auch, wenn die Situation für Sie nicht erfreulich ist – sie durch „einvernehmliche“ Entnahme nicht geändert werden könnte und außerdem ökologisch nicht sinnvoll ist.

Grundsätzlich kann ich Ihnen aber versichern, dass das Umweltamt in Zusammenarbeit mit dem Senat und den Berliner Wasserbetrieben BWB daran arbeitet, die Einleitungen nährstoffhaltiger Abwässer in die Seen zu reduzieren und gleichzeitig die Durchströmung mit nährstoffarmen Wasser zu erhöhen. Dies ist der einzige auf lange Sicht erfolgversprechende Ansatz zur Reduzierung eines massenhaften Wasserpflanzenwachstums, der allerdings einen langen Atem und ein Durchhalten auch auf Ihrer Seite erfordert.“

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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