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Kunst machen mit Graffiti und Streetart

Auch Aurelia und Eleonora stellen im Rathaus Zehlendorf aus

Aurelia (l.) und Eleonora: Graffiti-Künstlerinnen von morgen.
Aurelia (l.) und Eleonora: Graffiti-Künstlerinnen von morgen.
Erschienen in Gazette Zehlendorf Februar 2024
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Die bürokratische Sachlichkeit des Rathaus Zehlendorf erfährt derzeit eine erfreulich farbenfrohe Auffrischung ganz besonderer Art: Noch bis Ende März lädt eine Graffiti & Streetart-Ausstellung mit rund 100 Arbeiten jugendlicher Graffiti-Begeisterter die Kunstfreunde und Neugierige jeden Alters während der Rathaus-Öffnungszeiten in die Gänge im 2. Stock. Die Exponate stammen aus der lokalen Graffiti-Szene von Steglitz-Zehlendorf. Aufgerufen zu der Ausstellung und sie organisiert hat der Verbund Graffiti & Streetart SZ, der als Zusammenschluss aus Akteuren der Jugendarbeit sich als Lobby für Graffiti/ Streetart und als ein zeitgemäßes jugendkulturelles Angebot versteht. Er setzt sich darüber hinaus für den Erhalt und die Schaffung legaler Wände ein, die Jugendlichen eigenverantwortliches legales Sprühen ermöglichen. Finanziell gefördert wird der Verbund durch das Jugendamt Steglitz-Zehlendorf. Nachwuchskünstler aus den AG‘s der bezirklichen Jugendfreizeiteinrichtungen, aber auch bereits in der Szene etablierte Künstler sind seinem Aufruf gefolgt, sodass nun ein breites Spektrum beachtlicher Bilder-Qualität im Rathaus ausgestellt ist.

Nachwuchskünstler von der Schottenburg ins Rathaus

Aurelia (9) und ihre Schwester Eleonora (12) aus Zehlendorf gehören zu den jungen Nachwuchskünstlerinnen aus beteiligten Freizeiteinrichtungen, die ihre Arbeiten in der Graffiti-Ausstellung im Rathaus Zehlendorf präsentieren. Eleonora ist mit einem Bild, Aurelia gleich mit zwei Bildern dabei, Acryl auf Leinwand. Beide Mädchen kamen zuhause schon früh mit Pinsel und Farbe in Kontakt – nicht von ungefähr: Papa Björn sprüht Graffiti. „Den Sprühknopf zu drücken, ist für meine kleinen Finger aber noch ganz schön anstrengend“, verrät Aurelia und freut sich schon heute darauf, später auch mit Spraydose zu arbeiten. Die Schwestern wohnen unweit der Freizeiteinrichtung Schottenburg in Zehlendorf, die mit Café und großem Freizeitangebot allen offensteht. Bereits Mutter Tatjana nutzte hier das Angebot in ihrer Jugend („Dort bin ich sozusagen groß geworden“) und Oma Constanze begleitet heute den dortigen Nähkurs. Eine Zimmerwand daheim ist für die Malereien ihrer Enkelinnen reserviert. „Wir haben bei ihr immer schon malen dürfen“, erinnert sich Eleonora, und Aurelia ergänzt: „Da hängen coole krasse Bilder.“ Cool findet sie überhaupt das ganze Ausstellungsprojekt. Als ihre ältere Schwester in einem Sommerferienkurs in Wannsee mit Graffiti anfing, durfte sie nicht mitmachen, weil es ein Mindestalter gab und sie zu jung war.

Graffiti ist für alle da

Hier, in der Schottenburg im Kurs von Frank Raschke, ist das anders: „Mitmalen dürfen bei Franky alle, die Lust dazu haben“, freut sich Aurelia und ist so gleich voll mit ihrer Schwester eingestiegen – rechtzeitig zur Ausstellungsvorbereitung. Seit September vorigen Jahres begleitet Franky jeden Donnerstag zwischen 15 und 18 Uhr die Nachwuchskünstler im Graffiti-Kurs an Pinsel, Leinwand, Schablone und beim Basteln. Es darf munter drauflos gemalt werden, wobei der eigenen Fantasie, Ideen und dargestellten Geschichten keine Grenzen gesetzt werden. „Alles läuft völlig zwanglos ab, ohne die jungen Malenden inhaltlich beeinflussen zu wollen“, betont Franky, der neben seiner Arbeit in der Freizeiteinrichtung dort nun auch seine Ausbildung zum Erzieher macht. Der Einsatz von Sprühdosen aber müsse warten, denn sowohl die Belastung durch den Farbgeruch als auch der für das Drücken des Sprühknopfes nötige Kraftaufwand sei älteren Graffiti-Künstlern vorbehalten. „Man muss sich die Dose erst erarbeiten“, weiß Franky. Wie viel Spaß allein schon Graffiti mit Pinsel und Schablone den beiden Mädchen macht, sieht man an der Begeisterung, mit der sie ihre Bilder im Rathaus vorstellen: Da ist Aurelias bunte „Weihnachtsfeier“ und ihre „wilde Küche“, während sich in Eleonoras Werk „Aurora Borealis“ Graffiti-Fantasieschrift hinter mystischen Farbelementen versteckt. Bei den Farben bevorzugt Aurelia altersgemäß Pink, Rosa und Lila, während ihre Schwester bereits auf unterschiedlichste Farbkombinationen und Schattierungen setzt. Was mit den Bildern nach der Ausstellung geschieht? „Ich hänge meine Bilder in mein Zimmer“, weiß Aurelia sofort. Eleonora überlegt noch, die gewählten Farben in „Aurora Borealis“ passen eigentlich nicht in ihr Zimmer. Eines aber weiß sie genau: „Später möchte ich auch große Wände bemalen und besprühen.“ In der Schottenburg gibt es extra Wände im Freien, die für die Graffiti-Experimente der jungen Künstler freigegeben sind. Auch das gemeinsame Graffiti-Bild aus der Ausstellung soll einen Ehrenplatz in der Freizeiteinrichtung erhalten, aus deren Reihen viele im Alter zwischen 20 und 45 Jahren daran mitgearbeitet haben.

Aufwertung einer vieldiskutierten Kunstform

„Graffiti ist eine der ältesten Kunstformen oder – besser gesagt – Ausdrucksformen der Welt, wird bis heute zwiespältig betrachtet und gibt uns immer wieder Veranlassung, über Zustände, Sinn und Nutzung von öffentlichen Räumen zu diskutieren“, sagte Jugendstadträtin Carolina Böhm anlässlich der Ausstellungseröffnung.

Erstes Ziel dieser Ausstellung soll sein, Vorurteile gegen Graffiti und Streetart auszuräumen, an ihre Stelle dafür ein positives Feedback dieser Kunstrichtung zu setzen. „Graffiti und Streetart gelangt über solche Ausstellungen in den öffentlichen Raum, Graffiti-Malerei wird zum Kommunikationsmittel mit expressionistischem Ausdruck und von der heimlich um die Ecke praktizierten Kunst zur öffentlich anerkannten Kunstform vor Publikum aufgewertet“, erklärt Frank Raschke, der darüber als erfahrener Grafiker einer Graffiti-Agentur einen ihn voll und ganz erfüllenden Zugang zur Jugendarbeit gefunden hat.

Übrigens: Vom Rathaus Zehlendorf soll die Graffiti-Wanderausstellung anschließend in den Boulevard Berlin nach Steglitz weiterziehen.

Jacqueline Lorenz

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