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Vegan – aber nicht tierfrei?

Vegane Kosmetik im Check

16.10.2025: Vegan zu leben, ist längst kein Nischentrend mehr. Immer mehr Menschen achten darauf, vegane Produkte zu kaufen – nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch bei Kosmetik. Sie greifen bewusst zu Lippenstiften, Shampoos oder Cremes mit dem Label „vegan“. „Allerdings ist vielen gar nicht bewusst, dass ein vermeintlich veganes Kosmetikprodukt nicht automatisch komplett frei von tierischen Bestandteilen sein muss“, weiß Rolf Stehr, von Stehr Cosmetics.

Vegan bedeutet nicht immer tierfrei

Da der Begriff „vegan“ im Kosmetikbereich nicht gesetzlich geschützt ist, entscheiden die Hersteller selbst, was sie darunter verstehen. „Während es in einigen Fällen tatsächlich bedeutet, dass keine tierischen Inhaltsstoffe verwendet wurden, meinen manche Hersteller mit der Bezeichnung ‚vegan‘ lediglich, dass keine Rohstoffe von Wirbeltieren zum Einsatz kamen. Andere tierische Inhaltsstoffe wie Bienenwachs, Honig, Propolis oder Muschelextrakt können dann trotzdem enthalten sein“, erklärt Rolf Stehr. Wer streng vegan leben möchte, sollte die Inhaltsstoffliste deshalb genau studieren – oder gezielt zu Produkten mit klaren Gütesiegeln greifen. Am bekanntesten sind das V-Label und die Veganblume. Beide stellen sicher, dass keine tierischen Inhaltsstoffe verwendet wurden und zusätzlich keine Tierversuche zum Einsatz kamen.

Komplexe Situation bei Tierversuchen

In der EU sind Tierversuche für kosmetische Produkte und deren Inhaltsstoffe seit 2013 verboten. „Allerdings müssen Rohstoffe, die neben Kosmetik auch im medizinischen Bereich verwendet werden, weiterhin an Tieren getestet werden. Deshalb sind nicht alle Produkte aus der EU automatisch tierversuchsfrei“, so Rolf Stehr. Auch für den riesigen chinesischen Markt sind bei bestimmten Produktkategorien wie Sonnenschutz oder Babyprodukten nach wie vor Tierversuche vorgeschrieben. Internationale Kosmetikkonzerne, die in China verkaufen wollen, kommen deshalb nicht um Tierversuche herum, auch wenn sie diese Produkte nicht in der EU verkaufen dürfen. Wer wirklich auf Nummer sicher gehen will, achtet deshalb zusätzlich auf das Label „cruelty-free“ oder wählt bewusst Marken, die nicht in China aktiv sind.

Naturkosmetik muss nicht vegan sein

In der öffentlichen Wahrnehmung werden „vegan“ und „Naturkosmetik“ häufig in einen Topf geworfen, doch dabei handelt es sich um ein weitverbreitetes Missverständnis. Während vegane Kosmetik auf tierische Inhaltsstoffe verzichtet, achtet Naturkosmetik vor allem auf die Herkunft und Beschaffenheit der Rohstoffe. „Ein naturkosmetisches Produkt darf durchaus tierische Bestandteile wie Bienenwachs oder Seidenproteine enthalten, solange diese natürlichen Ursprungs sind. Umgekehrt kann ein veganes Produkt Silikone, Mikroplastik oder synthetische Duftstoffe verwenden. ‚Naturkosmetik‘ ist übrigens genau wie ‚vegan‘ kein geschützter Begriff“, weiß Rolf Stehr

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