Gazette Verbrauchermagazin
Grunewald

Reihenhäuser mit Selbstversorgung

Lentze-Siedlung wurde vor über 100 Jahren erbaut

Eine wegweisende Sozialsiedlung in der Weimarer Republik – die Lentze-Siedlung.
Eine wegweisende Sozialsiedlung in der Weimarer Republik – die Lentze-Siedlung.

29.09.2025: In die Jahre gekommen, aber immer noch schön anzusehen. Die Lentze-Siedlung an der Lentzeallee, Misdroyer- und Zoppoter Straße besticht durch ihre farbliche Gestaltung und harmonische Architektur. Sie hat ein stolzes Alter von über 100 Jahren – erbaut wurde die Siedlung in den Jahren 1920/1921 im Auftrag der Gemeinnützigen Dahlemer Kleinhaussiedlung GmbH für die Mitarbeiter der Preußischen Oberfinanzdirektion.

Abbildung

Orientierung am Heimatstil

Der Entwurf für die zweigeschossigen Häuser stammt von dem Architekten Heinrich Schweitzer, der sich am sogenannten „Heimatstil“ orientierte. Die eingeschossigen Küchentrakte an der hinteren Hausseite haben einen direkten Zugang zu den Gärten. Diese dienten damals – der Erste Weltkrieg mit seiner Hungersnot war noch nicht lange beendet – der Eigenversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner. Heute sind sie ein gern genutzter Erholungsort. Als eine der ersten Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus in der Weimarer Republik war sie maßgebliches Vorbild für weitere, später erbaute Wohnsiedlungen jener Zeit. Heute steht die Gesamtanlage unter Denkmalschutz.

Der Namensgeber

August Lentze

August Lentze (1860 – 1945) stammt aus dem westfälischen Hamm. Verdienste erwarb er sich in seinem Berufsleben vor allem als Oberbürgermeister von Magdeburg. Während seiner Amtszeit wurden sieben Vororte der Stadt eingemeindet und er machte sich für Gewerbegebiete und den Industriehafen stark. 1910 ernannte die preußische Regierung Lentze zum Finanzminister. 1923 wurde er Präsident der neu gegründeten Deutschen Rentenbank. Die Straße wurde 1917 noch zu seinen Lebzeiten nach dem Politiker benannt. Angelegt wurde sie 1892, damals hieß sie noch Freiburger Straße.

Gedenktafel für Adam Stegerwald

Am Haus Zoppoter Straße 62 hängt eine Berliner Gedenktafel. Sie erinnert an den Gewerkschafter Adam Stegerwald (1874 – 1945), der von 1921 bis 1934 in der Lentze-Siedlung lebte. Er stand zehn Jahre lang an der Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Von 1919 bis 1921 war er preußischer Minister für Volkswohlfahrt, von April bis November 1921 zugleich Ministerpräsident. Später war er Reichsverkehrsminister und bis 1932 Reichsarbeitsminister. 1933 schloss man ihn aus seinen Ämtern aus und er verlor jeglichen Einfluss. Zeitweise musste er untertauchen und 1944 war er einige Monate in Haft.

Titelbild

© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2025