Gazette Verbrauchermagazin
Charlottenburg-Wilmersdorf

Hitze oder Kühleffekt

Grünflächengestaltung an klimatische Bedingungen anpassen

Der Ernst-Reuter-Platz – erschreckende Ergebnisse im Wärmebild (rechts). Foto: BACW
Der Ernst-Reuter-Platz – erschreckende Ergebnisse im Wärmebild (rechts). Foto: BACW

15.07.2025: Anhaltende Hitzeperioden stellen Städte vor wachsende Herausforderungen. Eine aktuelle Untersuchung am Ernst-Reuter-Platz zeigt: Grünfläche ist nicht gleich Grünfläche, wenn es um die Kühlung des städtischen Mikroklimas geht. Die Art der Bepflanzung und deren Pflege sind von entscheidender Bedeutung, wie Experten der Technischen Universität Berlin feststellten.

Temperaturmessung mit Wärmebildkamera

Am 2. Juli 2025, dem bislang heißesten Tag des Jahres, führten Wissenschaftler vom Fachgebiet Ökohydrologie der TU Berlin detaillierte Temperaturmessungen am Ernst-Reuter-Platz durch. Mittels einer Wärmebildkamera, die im 8. Stock eines Universitätsgebäudes positioniert war, sowie einem Infrarotthermometer direkt vor Ort, erfassten sie die Oberflächentemperaturen der verschiedenen Flächen.

Hitze durch kurzen Rasen

Die Ergebnisse sind alarmierend: Kurz gemähter, trockener Rasen heizte sich am stärksten auf und erreichte Spitzenwerte von 61 Grad Celsius. Die anhaltende Trockenheit habe hier den kühlenden Effekt, der normalerweise durch Verdunstung und Beschattung durch die Pflanzen entsteht, zunichtegemacht, so die Experten. Die Gestaltung des Ernst-Reuter-Platzes mit solchen Rasenflächen ist auf denkmalrechtliche Vorgaben zurückzuführen. Im direkten Vergleich dazu bot ein benachbartes Beet mit einer naturnahen und hitzeresistenten Bepflanzung ein deutlich kühleres Bild. Hier lag die Durchschnittstemperatur bei nur 40 Grad Celsius. Versiegelte Flächen wie Gehwege und Straßen auf dem Platz erreichten 51 Grad Celsius, während die Bereiche unter Bäumen mit 32 Grad Celsius die mit Abstand kühlsten Orte waren.

Wiesen anlegen und Bäume pflanzen

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat aus diesen Messungen klare Konsequenzen gezogen. Stadtgrün müsse künftig konsequent an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst werden. Naturnahe und hitzeresistente Pflanzen, das Anlegen von Wiesen und die Pflanzung von Bäumen seien für die Kühlung der Stadt in Hitzeperioden unverzichtbar und müssten langfristig gefördert werden. Ebenso seien Beschattung durch Vegetation, ein intelligentes Regenwassermanagement und eine gezielte Bewässerung entscheidend, um die Folgen des Klimawandels zu mildern.

Klimaresiliente Gartendenkmäler

Auch Gartendenkmäler wie der Ernst-Reuter-Platz sollen nach dem Willen des Bezirksamts klimaresilient umgestaltet werden. Dies beinhalte Maßnahmen wie die Entsiegelung von Flächen, die Einsaat von Wiesen und die Anpassung der Mähintervalle. Konkrete Projekte zur Entsiegelung und klimaangepassten Begrünung sind bisher in der Sömmeringstraße und am Spandauer Damm geplant. Um diese Herausforderungen wirksam zu bewältigen, benötigen die Bezirke jedoch mehr Personal und finanzielle Mittel.

Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die Dringlichkeit des Themas: „Die aktuellen Messdaten machen deutlich: Es reicht nicht, einfach nur Grünflächen zu haben – entscheidend ist, wie wir sie gestalten und pflegen. Angesichts zunehmender Hitze brauchen wir Stadtgrün, das kühlt und zugleich ökologisch wertvoll ist. Auch denkmalgeschützte Anlagen wie der Ernst-Reuter-Platz müssen dabei behutsam, aber konsequent weiterentwickelt werden. Unser Ziel ist klar: mehr natürliche Beschattung, weniger versiegelte Flächen und eine Stadt, die auch in heißen Sommern lebenswert bleibt.“

Dr. Björn Kluge vom Fachgebiet Ökohydrologie & Landschaftsbewertung der TU Berlin ergänzte aus wissenschaftlicher Sicht: „Insbesondere während längerer Trockenphasen erweist sich die Beschattung des Bodens durch höhere und artenreiche Vegetation als Schlüsselfaktor für eine nachhaltige Klimaanpassung. Leiten wir darüber hinaus Regen gezielt auf diese Flächen, verstärken wir den Effekt zusätzlich durch Verdunstungskühlung und leisten somit einen bedeutenden Beitrag für lebenswertere und resilientere Stadtquartiere.“

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