Ernährung
Schnäppchenjagd im Kühlregal
Reduzierte Lebensmittel nicht immer die günstigste Wahl
08.04.2025: In Zeiten steigender Lebensmittelpreise suchen viele Verbraucher nach Möglichkeiten, beim Einkauf zu sparen. Eine beliebte Strategie: Der Griff zu Produkten im Kühlregal, deren Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum bald abläuft und die deshalb reduziert angeboten werden. Doch eine aktuelle Untersuchung der Verbraucherzentralen zeigt nun: Diese vermeintlichen Schnäppchen sind nicht immer die preiswerteste Option. Oftmals sind vergleichbare Produkte zum Normalpreis sogar günstiger.
Die Hoffnung auf Ersparnis ist verständlich, denn Lebensmittel wurden laut Statistischem Bundesamt allein im März um 2,4 Prozent teurer – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Jahresbeginn (+0,8 Prozent im Januar). Für Haushalte mit knappem Budget scheinen die Rabatte auf Ware mit kurzem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum (MHD) oder Verbrauchsdatum eine willkommene Entlastung.
Überraschende Ergebnisse nach Marktcheck
Im Rahmen des Projekts „Gesund und nachhaltig essen mit kleinem Budget“ nahmen die Verbraucherschützer in zehn Supermärkten und Discountern vier Bundesländer übergreifend rund 120 solcher reduzierten Produkte aus der Kühltheke genauer unter die Lupe. Das Ergebnis: Im Durchschnitt konnten Käufer zwar rund 32 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Verkaufspreis sparen, wenn sie zu den bald ablaufenden Produkten griffen.
Doch die Freude über den Rabatt kann trügen. Die Untersuchung offenbarte, dass die reduzierten Artikel keineswegs automatisch die günstigste Wahl darstellten. Im Gegenteil: Für 27 der 119 untersuchten Produkte fanden die Tester ein direkt vergleichbares Produkt im selben Geschäft. In mehr als der Hälfte dieser Fälle (15 Produkte) war das Vergleichsprodukt zum regulären Preis immer noch günstiger als die rabattierte Ware kurz vor dem Verfallsdatum. Dies galt überraschenderweise nicht nur im Vergleich mit günstigen Eigenmarken der Handelsketten, sondern auch bei Markenprodukten. Ein genauer Preisvergleich lohnt sich also auch – oder gerade – bei vermeintlichen Schnäppchen.
Intransparente Preise und versteckte Ware
Die Studie deckte weitere Hürden für preisbewusste Verbraucher auf. Die Preisauszeichnung war oft intransparent. Meist wurde der Nachlass nur als Prozentangabe deklariert („30% billiger“). Lediglich bei 16 der 119 untersuchten Produkte war der neue, reduzierte Endpreis klar ersichtlich, was den Vergleich erschwert.
Auch die Platzierung der rabattierten Ware variierte stark und war nicht immer kundenfreundlich. Während die meisten Produkte (91) direkt neben der regulären Ware im Kühlregal zu finden waren – was den direkten Vergleich erleichtert – landeten andere in schlecht einsehbaren, separaten Kisten. „Wichtig ist aus unserer Sicht, dass die reduzierten Produkte gut sichtbar gekennzeichnet, mit Wertschätzung angeboten und nicht in ‚Restekisten‘ gesteckt werden“, fordert Marlen Mikuschka, Projektleiterin bei der Verbraucherzentrale Berlin. Eine respektvolle Präsentation könne auch dazu beitragen, die Lebensmittelrettung zu fördern.
Keine Lösung gegen Ernährungsarmut
Angesichts anhaltend hoher Inflationsraten und steigender Lebenshaltungskosten blicken viele Menschen mit Sorge auf ihre Ausgaben. Jeder Euro hat weniger Kaufkraft, und eine Entspannung ist laut Experten nicht in Sicht – der Lebensmittelhandel plant bereits weitere Preiserhöhungen. Können reduzierte Lebensmittel hier Abhilfe schaffen?
Marlen Mikuschka betont die Grenzen dieses Ansatzes: „Der Kauf von reduzierten Produkten mit einem kurzen Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum kann sich zwar lohnen, um Geld zu sparen und Lebensmittel zu retten. Solche Sonderangebote sind allerdings sehr unregelmäßig und unvorhersehbar.“ Sie seien daher „keine verlässliche, langfristige Lösung für Menschen, die von Ernährungsarmut betroffen oder bedroht sind.“ Dieser Weg könne nur eine ergänzende Strategie sein, da er keine dauerhafte Versorgung mit gesunder und abwechslungsreicher Nahrung für alle Menschen garantiere.
Hintergrund: Projekt zu Ernährung und Budget
Die Untersuchung ist Teil des Verbundprojekts „Gesund und nachhaltig essen mit kleinem Budget – gemeinsam Ernährungsarmut begegnen“, das von den Verbraucherzentralen der Länder und der Europa-Universität Flensburg getragen wird. Es ist eine Maßnahme im Rahmen der nationalen Ernährungsstrategie und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über das Programm IN FORM gefördert. Das Projekt läuft von Mai 2024 bis Mai 2027 und soll Verbraucher dabei unterstützen, auch mit wenig Geld informierte Entscheidungen für eine gesunde, nachhaltige und schmackhafte Ernährung zu treffen. Es richtet sich primär an Menschen mit geringem Einkommen sowie an Fachkräfte, die als Multiplikatoren mit dieser Zielgruppe arbeiten.
Das Fazit der Verbraucherschützer ist eindeutig: Auch bei reduzierten Lebensmitteln kurz vor dem Verfallsdatum ist ein genauer Blick und der Vergleich mit Alternativen unerlässlich, um wirklich zu sparen und die beste Wahl für den eigenen Geldbeutel zu treffen.