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Altersvorsorge

Ganz Deutschland kann Aktie?

Auch 35 Jahre nach dem Mauerfall gibt es eine deutliche Teilung bei der Aktienkultur

08.11.2024: Pressestatement zu 35 Jahre Mauerfall von Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, Deutschlands führender Geldratgeber und Teil der gemeinnützigen Finanztip-Stiftung:

„Auch 35 Jahre nach dem Mauerfall am 9. November 1989 sind wir in Deutschland bei der Aktienkultur von einer Einheit weit entfernt. Ein tieferer Blick in die Daten des Deutschen Aktieninstituts (DAI) zeigt, dass die Zahl der Aktionäre nach Corona mit fast 13 Millionen Menschen zwar einen neuen Höchststand erreichte. Der oft zitierte Aktienboom der vergangenen Jahre ist aber vor allem ein westdeutsches Phänomen.

Die Zahlen offenbaren auch nach 35 Jahren Einheit eine fortbestehende Teilung: Kletterte der Anteil der Aktionäre in Westdeutschland von 2014 bis 2023 von 13,8 auf 19,2 Prozent, stagnierte er in den neuen Bundesländern in dieser Zeit auf einem deutlich niedrigeren Niveau (2014: 10,3 Prozent, 2023: 10,8 Prozent). Während im Westen heute also fast jeder Fünfte in Aktien, ETFs oder Fonds investiert, bleibt der Anteil im Osten mit nur gut jedem Zehnten weit zurück.

Wichtige Gründe dafür sind einerseits bestehende Einkommensunterschiede, denn wer mehr verdient, investiert tendenziell auch eher in Aktien. Andererseits fehlt in den neuen Bundesländern eine Tradition der Aktienanlage. So gibt es im Osten der Republik etwa deutlich weniger börsennotierte Unternehmen und auch keine Tradition der Mitarbeiteraktie.

Dabei ist es heute dank Neobrokern, günstigen Indexfonds (ETF) und niedriger Einstiegsbarrieren möglich, selbst mit kleinen Beträgen vom langfristigen Wachstum an den Kapitalmärkten zu profitieren. Ein Sparplan auf einen börsengehandelten Indexfonds, der den Weltaktienindex MSCI World nachbildet, hätte zwischen Anfang 2005 und Ende 2023 bei einer monatlichen Sparrate von 100 Euro eine durchschnittliche Rendite von 9,6 Prozent pro Jahr erzielt – nach Abzug der Kaufkosten. Aus den eingezahlten Beträgen von 22.800 Euro ist durch die positive Börsenentwicklung ein Depotwert von fast 62.000 Euro geworden, wie unsere Berechnungen zeigen. Für die Zukunft rechnen wir konservativ mit sechs Prozent Durchschnittsrendite pro Jahr.

Das Investieren in Aktien ermöglicht langfristigen Vermögensaufbau und ist entscheidend für die Altersvorsorge – eine Chance, die alle Menschen in Deutschland wahrnehmen sollten. Es bleibt eine gesellschaftliche Aufgabe, auch in Ostdeutschland die finanzielle Bildung zu fördern. Denn eine Aktienanlage ist zentral für die Altersvorsorge und den Wohlstand in unserem Land.”

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