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Kurswechsel nach Personalwechsel? Welche Aufgaben müssen die neuen Bezirksamtsmitglieder dringend anpacken?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

BVV-Sitzung im Rathaus Charlottenburg. Foto: von Kentzinsky / BACW
BVV-Sitzung im Rathaus Charlottenburg. Foto: von Kentzinsky / BACW
Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf August 2025

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die Linksfraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

Von einem Kurswechsel kann keine Rede sein. Die designierten neuen CDU-Stadträte Astrid Duda und Simon Hertel werden mit ihrer langjährigen Fachexpertise die erfolgreiche Arbeit der Zählgemeinschaft fortführen. Und dies betrifft in erster Linie die weitere Konsolidierung des Bezirkshaushaltes. Hier gilt es für die Bereiche Bürgerdienste und Soziales sowie Jugend und Gesundheit klare Prioritäten zu setzen, um für den anstehenden Doppelhaushalt 2026/2027 den größtmöglichen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger Charlottenburg-Wilmersdorfs zu erzielen. Hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt und dieser Verantwortung ist man sich bewusst. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die neuen Bezirksamtsmitglieder eine Phase der Einarbeitung benötigen werden. In dieser Übergangszeit liegt der Fokus zunächst auf internen Verwaltungsprozessen und dem Austausch mit den Mitarbeitern der einzelnen Fachämter. Vor diesem Hintergrund besteht, mit Blick auf die bereits fortgeschrittene Wahlperiode, ein durchaus motivierender Zeitdruck.

Alexander Pönack

B‘90/Grünen-Fraktion

Mit der Neubesetzung zweier Stadtratsposten durch die CDU stehen wichtige Bereiche unseres Bezirks vor einem Neustart. Für Jugendhilfe und Gesundheit erwarten wir von dem neuen Stadtrat, dass er verloren gegangenes Vertrauen zu den freien Trägern wieder aufbaut. Dafür braucht es eine verlässliche Kommunikation auf Augenhöhe – aber auch verbindliche Absprachen und eine solide Finanzierung der Zuwendungen. Nur so kann die wichtige Arbeit der Träger dauerhaft gesichert werden. Im Bereich Soziales gilt es, den begonnenen Weg fortzusetzen. Besonders in der Obdachlosenhilfe müssen bestehende Initiativen gestärkt und weiterentwickelt werden. Die sozialen Herausforderungen im Bezirk dulden keinen Stillstand. Wir als Grüne Fraktion werden den weiteren Kurs kritisch begleiten und konstruktiv mitgestalten.

Sascha Taschenberger

SPD-Fraktion

Der Bezirk braucht zwei neue Stadträte: Einer wurde ins Land befördert, der andere mit Hilfe der SPD abgewählt. Was erwarten wir nun? Dass die beiden Neuen auch in der verbleibenden Amtszeit das Beste für unseren Bezirk herausholen. Besonders der Jugendbereich liegt am Boden: Personalmangel, kaputte Strukturen und Misstrauen freier Träger sind nur einige Baustellen. Hier braucht es eine Stärkung – vom Familienservicebüro über das Kinder- und Jugendparlament bis hin zu den Einrichtungen vor Ort. Auch im Sozialbereich herrscht akuter Handlungsbedarf. Die Sozialämter schlagen Alarm – die Belastung ist zu hoch. Gleichzeitig verschärfen sich die Probleme rund um Drogen und Obdachlosigkeit – hier braucht es dringend weitere Maßnahmen. Im Bereich Bürgerdienste ist der Kampf gegen Zweckentfremdung und Wuchermiete entscheidend, um unsere Kieze zu erhalten. Ebenso wichtig: schnellere und einfachere Terminvergaben in den Bürgerämtern.

Dr. Ann-Kathrin Biewener, Anne Hansen, Dr. Claudia Buß

Linksfraktion

Von den neuen CDU-Stadträt:innen fordert die Linksfraktion zügige Lösungen bei der sozialen Daseinsfürsorge: Interessenkonflikte bei der Vergabe von Fördermitteln an Vereine, in denen sie selbst aktiv sind, darf es nicht mehr geben. Wir fordern vollständige Transparenz bzgl. Nebentätigkeiten und Einkünften! Dem Sparwahn des Senats und der Schließung von Jugendclubs muss eine klare Absage erteilt werden. Wir erwarten, dass die neuen Stadträt:innen das Vertrauen der sozialen Träger in die Verwaltung wiederherstellen, besonders nach dem Versuch ihres Vorgängers, den Mietvertrag eines ihm politisch unbeliebten Jugendclubs zu kündigen. Soziale Einrichtungen im Bezirk brauchen Sicherheit bei der Mietvertrags- und Personalplanung. Die neuen Stadträt:innen müssen entschieden gegen Mietwucher und Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen, genauso wie sie Mieter:innen und Studierende endlich vor Legionellen und Schimmel schützen müssen. Ob sich unter der neuen CDU-Amtsführung aber wirklich etwas ändert? Wir haben Zweifel und machen weiter Druck von links.

Frederike-Sophie Gronde-Brunner

FDP-Fraktion

Die Frage, die die Überschrift Verfasser und Leser stellt, wäre von der FDP-Fraktion in Teilen gerne bereits ein Jahr früher beantwortet worden. Zu groß und umfassend war hinsichtlich des ausgeschiedenen Stadtrats Detlef Wagner (CDU) der Vertrauensverlust in die Arbeitsabläufe im Bereich Gesundheit und Jugend in den letzten Jahren. Hier gilt es durch den Nachfolger transparent und schnell eine bessere, motivierende und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt, den verschiedenen Trägern und dem Jugendhilfeausschuss herzustellen sowie offene Stellen schnellstmöglich zu besetzen. Im Bereich Bürgerdienste und Soziales muss nach dem Ausscheiden des Stadtrats Arne Herz (CDU) vor allem die Digitalisierung der Bürgerdienste vorangetrieben werden. Dass unser Bezirk Pilotbezirk für die Digitalisierung der Verwaltung in Berlin ist, muss auch spürbar werden. Weiterhin ist das stetig wachsende Problem der Obdachlosigkeit im Bezirk schnell und effizient anzugehen. Planungen und neue Konzepte sowie Kooperationen warten auf ihre Umsetzung. Handeln ist überfällig!

Stefanie Beckers, Johannes Heyne

AfD-Fraktion

Personalwechsel im Bezirksamt hin oder her – ein Kurswechsel in der Bezirkspolitik ist längst überfällig. Nur einige Beispiele: Die Unterstützung der Remigration nicht bleibeberechtigter Migranten wird zu einem wichtigen Anliegen der Kommunalpolitik. Das Bezirksamt bekennt sich ohne Wenn und Aber zur deutschen Leitkultur. Die Links-Grüne Agenda in Bezug auf Klima, Diversität, Gleichstellung und Antirassismus wird gestoppt. Die Regenbogenfahne wird nicht mehr gehisst, denn auch das Rathaus ist kein Zirkuszelt. Die Zusammenarbeit mit dubiosen NGOs und dem Denunziationsportal Berliner Register wird beendet. Keine Sprachverunstaltung durch Gendern. Alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt. Die Gängelung von Autofahrern wird beendet. Vollumfängliche Digitalisierung der Verwaltung. Bürokratieabbau! Alle Vorschriften kommen auf den Prüfstand. Die Öffnungszeiten der Bürgerämter werden den Bedürfnissen der Nutzer angepasst und z. B. auf die Abendstunden und Sonnabende ausgeweitet. Ein 24-Stunden-Ordnungsamt muss her. Illegale Müllentsorgung hält sich nicht an Dienstzeiten.

Michael Seyfert

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