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Brücke-Museum ist Museum des Jahres 2023

Aktuelle Ausstellung über Hanna Bekker vom Rath

Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal April/Mai 2024
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Eine große Ehre für das Brücke-Museum – ihm wurde im Februar diesen Jahres die wichtigste Auszeichnung für Museen in Deutschland verliehen. Die deutsche Sektion des internationalen Kunstkritikerverbandes AICA hat das Brücke-Museum zum Museum des Jahres 2023 gekürt.

Die Begründung: „Das kleine Brücke-Museum mit seiner Expressionismus-Sammlung am Rand des Berliner Grunewalds hat unter der Leitung von Lisa Marei Schmidt seit 2017 wegweisende Modelle einer kritischen Befragung der eigenen Geschichte und Sammlung entwickelt und sich als lebendiger Treffpunkt in der Kulturszene der Hauptstadt etabliert. Lisa Marei Schmidt hat das Brücke-Museum und seine Sammlung von Grund auf neu gedacht“, so AICA-Juror Eckhart Gillen in der Begründung. Die Künstler der „Brücke“ würden kritisch kontextualisiert, vor dem Hintergrund sowohl der Kolonialgeschichte des Deutschen Kaiserreiches als auch des Nationalsozialismus. In Zusammenarbeit mit Universitäten werden Provenienzforschung und die Digitalisierung der Bestände vorangetrieben. Zugleich positioniert sich das Haus mit avancierten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, zuletzt mit Stoffbildern der polnischen Roma-Künstlerin Malgorzata Mirga-Tas. Bereits 2020 wählte die AICA ‚Vivian Suter. Bonzo‘s Dream‘ zur Besonderen Ausstellung.“

„Eine Aufständische für die Moderne“

Die aktuelle Ausstellung im Brücke-Museum würdigt eine wichtige Wegbereiterin der modernen Kunst. Die leidenschaftliche Sammlerin, mutige Ausstellungsmacherin und begeisterte Kunstvermittlerin und Händlerin Hanna Bekker vom Rath (1893–1983) führte ein selbstbestimmtes und emanzipiertes Leben. Die Ausstellung folgt ihren Spuren und beleuchtet ihr unermüdliches Engagement für die Künste und die Kunstschaffenden der Moderne aus verschiedenen Blickwinkeln. Ihre Künstlerfreundschaften geraten dabei ebenso in den Blick wie ihr Einsatz für die Künstlerinnen und Künstler während des Nationalsozialismus oder ihre internationalen Ausstellungsreisen nach dem Zweiten Weltkrieg.

Förderung und eigene Impulse

Zu ihren engen Vertrauten zählen die Textilkünstlerin Ida Kerkovius, der expressionistische Maler Alexej Jawlensky, der Brücke-Künstler Karl Schmidt-Rottluff sowie die Bildhauerin Emy Roeder. Bekker vom Rath fördert sie, nimmt aber auch eigene Impulse aus der jeweiligen Beziehung mit. So beginnt die Beziehung mit Kerkovius 1916 als Lehrerinnen-Schülerinnenverhältnis, wobei Bekker vom Rath die Schülerin ist. Nur wenige Jahre später erwirbt Bekker vom Rath Werke der Freundin und beginnt hiermit ihre Sammlerinnentätigkeit. Mehrere dieser Bildteppiche werden in der Ausstellung gezeigt, darunter der Tierteppich von 1919, der einst jahrelang in Bekker vom Raths Bibliothek hing.

Zentrum Blaues Haus

Ein zentraler Ort für das Engagement Bekker vom Raths war ihr Blaues Haus in Hofheim am Taunus. Das farbenfroh in gelb und blau gestrichene Haus mit großem Garten ist ein offenes und gastfreundliches Haus, in dem Bekker vom Rath ihre Künstlerfreunde empfängt und ihnen Raum zum Arbeiten bietet. Die Ausstellung lässt das Blaue Haus durch eine Vielzahl von historischen Aufnahmen der Räumlichkeiten, und die Präsentation von Werken, die einst an den Wänden hingen, lebendig werden: Darunter Schmidt-Rottluffs expressives farbintensives Gemälde Dorfecke von 1910, das heute zur Sammlung des Brücke-Museums gehört.

Engagement trotz Repressionen

Bekker vom Raths unermüdliches Engagement für die moderne Kunst zeigt sich einmal mehr während des Nationalsozialismus. Auch unter der sich zuspitzenden repressiven nationalsozialistischen Kulturpolitik fördert sie diese weiter. Um befreundete Kunstschaffende, die zunehmend durch Arbeits- und Verkaufsverbote eingeschränkt sind, zu unterstützen, veranstaltet sie 1940 bis 1943 „heimliche“ Ausstellungen in ihrer Berliner Wohnung in der Regensburger Straße 34. Um nicht zu riskieren, enttarnt zu werden, muss sämtliche Kommunikation ausschließlich mündlich stattfinden. Das Unterfangen bleibt glücklicherweise unentdeckt vom NS-Regime und Bekker vom Raths Mission ist erfolgreich „Ich habe meinen Schutzbefohlenen schon manchen Verkauf vermitteln können!“, weiß sie zu berichten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg setzt sie ihren großen Einsatz fort.

Mit dem Ziel die deutsche (moderne) Kunst im Ausland wieder bekannter zu machen, unternahm sie von 1952 bis 1967 ausgedehnte Ausstellungsreisen. Innerhalb von 15 Jahren bereist sie fünf Kontinente und 30 Länder, darunter Brasilien, die USA, Südafrika und Indien. Für den Bildertransport dient ihr ein großer, von ihr bemalter Aluminiumkoffer. Werke von Schmidt-Rottluff und Erich Heckel werden ebenso gezeigt wie von Wassily Kandinsky oder Paul Klee.

„Hanna Bekker vom Rath. Eine Aufständische für die Moderne“ wird bis 16. Juni im Brücke-Museum, Bussardsteig 9, 14195 Berlin, gezeigt. Weitere Informationen unter www.bruecke-museum.de

Titelbild

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