Gazette Verbrauchermagazin

Ideen für den Bezirk- wie können Bürger*innen mitgestalten?

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Dezember 2023

Monatlich erscheint in der Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf ein Thema, zu dem die in der BVV vertretenen Fraktionen Stellung nehmen. Das Thema wird „reihum“ von einer der Fraktionen bestimmt. In dieser Ausgabe hat die B‘90/Grünen-Fraktion das Thema vorgeschlagen.

CDU-Fraktion

In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es über 340.000 Einwohnende und fast genauso viel unterschiedliche Interessen. Insbesondere dort, wo wir leben und arbeiten, wollen wir die Umwelt gerne nach unseren Vorstellungen gestalten. Doch wie geht das konkret? Und wo kann zum Beispiel die Politik unterstützen? Es gibt viele Vereine und Nachbarschaftsinitiativen, Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften, Kinder- und Jugendlichen- genauso wie Seniorenvertretungen, in denen man die Kräfte bündeln und für gemeinsame Interessen eintreten kann. Wir als CDU-Fraktion setzen uns für die Umsetzung von konkreten Vorschlägen ein, behalten dabei aber immer auch das große Ganze im Blick. Die in vielen Bereichen tätigen ehrenamtlichen Menschen können sich auf unsere Unterstützung und Wertschätzung verlassen. Wir sehen die Bürgerin und den Bürger auf Augenhöhe, wollen eine funktionierende Verwaltung und führen regelmäßig Kiezforen durch, um frühzeitig über laufende Überlegungen oder anstehende Planungen des Bezirksamts zu informieren. Ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement ist Teil unserer DNA.

Manuel Sandvoss

B‘90/Grünen-Fraktion

Der INSEL-Rat der Mierendorff-Insel hat im letzten Jahr beschlossen, das ungenutzte Gelände am Goslarer Ufer zu einem attraktiven Ort für Skaten, Klettern, Kultur und Erholung umzugestalten. 25 Bürger*innen, die zufällig ausgewählt wurden, haben den Plan entwickelt. Dieser Beschluss ist zwar nicht bindend, aber mindestens richtungsweisend, da der Vorschlag stellvertretend für ein Anliegen der Bewohner*innen der Mierendorff-Insel steht. Das ist ein gutes Beispiel, wie Menschen im Kiez beteiligt werden können. Mit dem Raum für Beteiligung hat der Bezirk eine Anlaufstelle geschaffen für Bürger*innen und Initiativen, die sich beteiligen wollen. Auch die Verwaltung wird beraten und unterstützt, um die Menschen frühzeitig in die Vorhaben einzubeziehen. Mit den „Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in Charlottenburg-Wilmersdorf“ hat der Bezirk weitreichende Maßnahmen verabredet, wie informelle Beteiligungsverfahren umgesetzt werden können. Mit Information, Mitwirkung bei der Planung, Aushandeln und abschließender Entscheidung stehen verschiedene Stufen zur Verfügung, um Beteiligung zu fördern.

Heike Hüneke

SPD-Fraktion

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen können, ihre Nachbarschaft zu unterstützen oder zu verschönern. Zum Beispiel können sie an verschiedenen Beteiligungsverfahren im Bezirk teilnehmen, sich in Vereinen oder Initiativen engagieren oder freiwillige Arbeit leisten. Wenn sie sich ehrenamtlich in Projekten für schönere öffentliche Orte oder die Förderung der Kultur einsetzen, ist das für den Bezirk von unschätzbarem Wert. Mitgestaltung hat viele Facetten.

Wir von der SPD glauben auch, dass Kommunikation wichtig ist, um überhaupt gemeinsame Pläne zu entwickeln. Deshalb ist es für uns von großer Bedeutung, Kommunikationsnetzwerke in unseren Nachbarschaften aufzubauen oder zu erhalten. Unsere Kieze werden zudem durch die Aktivitäten ihrer Anwohnerinnen und Anwohner lebendig. Lokale Veranstaltungen wie Straßenfeste oder Flohmärkte sind dafür sehr wichtig. Manchmal gibt es jedoch Schwierigkeiten bei der Genehmigung oder die Auflagen sind zu kompliziert, sodass Vereine diese Veranstaltungen nicht mehr durchführen wollen. Der Bezirk sollte jedoch Ermöglicher sein und dafür setzen wir uns als SPD ein.

Dr. Claudia Buß

Linksfraktion

Immer eine gute Idee: Bürger:innen gestalten UND entscheiden (mit). Ihre Beteiligung ist verbindlich – nicht wie in Charlottenburg-Wilmersdorf. Teile der Kleingartenanlage Am Stadtpark 1 wurden für den Bau hochpreisiger Apartments verkauft, weil Grüne und SPD das erfolgreiche Bürgerbegehren für den Erhalt aller Grünflächen ignorierten. Der Thaimarkt im Preußenpark ist trotz Beschluss und Bürger:innenbeteiligung gefährdet. Thailändische Garküche und Vielfalt sind Schwarz-Grün genauso gleich wie die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens. Der von uns durchgesetzte Milieuschutzbeirat tagte seit der Amtsübernahme des CDU-Baustadtrats kein einziges Mal. Für uns als LINKE ist Beteiligung keine „lästige Aufgabe“, sondern Grundlage politischer Entscheidungen. Unser Erfolg: Das erste Beteiligungsbüro im Bezirk. Unsere Forderungen: Die frühzeitige Einbindung von Bürger:innen bei der Erstellung des Bezirkshaushalts sowie bei Planungen, die sich auf ihre Wohnsituation, ihre Nachbarschaft und die soziale Infrastruktur auswirken – Begegnungen zwischen Bürger:innen und Bezirksamt schaffen durch Stadtteilkonferenzen!

Annetta Juckel

FDP-Fraktion

Wir haben in dieser Wahlperiode schon einige Bürgerbeteiligungen erlebt: Parkraumbewirtschaftung, Preußenpark, Milieuschutzgebiete – aber was heißt Beteiligung? Es heißt doch, ganz im demokratischen Grundverständnis betrachtet, dass Bürgerinnen und Bürger am politischen Handlungsprozess beteiligt werden. Dazu braucht es beidseitig klare Rahmenbedingungen, die Möglichkeiten aufzeigen und Grenzen abstecken. Beteiligungsverfahren sind nicht gleichzusetzen mit Entscheidungsgremien in einer repräsentativen Demokratie. Beteiligungen können dazu beitragen, politische Entscheidungsprozesse durch Transparenz und andere Perspektiven zu einer höheren Akzeptanz zu verhelfen. Wenn Bürgerinnen und Bürger trotz Beteiligung nicht gehört werden oder sich nicht gehört fühlen, wenden sie sich ab. Insofern ist es immer ein schmaler Grat zwischen notwendigen Entscheidungen und Beteiligung. Einmal getroffene Beschlüsse sollten umgesetzt werden und nicht, wie beispielsweise am Preußenpark wiederholt werden bis das Ergebnis passt. Vorstellbar wäre, sich als Bezirk und BVV gemeinsame Richtlinien für Bürgerbeteiligung zu geben, die für alle Verfahren verbindlich sind.

Dr. Felix Recke-Friedrich

AfD-Fraktion

Auf www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/politik/buergerbeteiligung/ gibt es einen Überblick über alle Möglichkeiten der Mitwirkung. Nutzen Sie sie! Projekte können auch finanziell gefördert werden. Derzeit können Sie sich für die Förderung von Kunst- und Kulturprojekten bewerben. Hier liegt natürlich – wie so oft – die Schwierigkeit im Detail. Es werden nur Projekte gefördert, die der gewollten politischen Zielsetzung entsprechen. Eine Initiative z. B. gegen die Errichtung von neuen Flüchtlingsunterkünften würde natürlich nicht gefördert. Vor der Wiederholungswahl hätte eine Initiative gegen den Thaimarkt im Preußenpark keine Chance auf Geld gehabt, jetzt schon. Sie können auch an runden Tischen zum Thema „Rassismus im Bezirk“ diskutieren. Aber nur, wenn Sie unter Rassismus das gleiche verstehen, wie die Veranstalter. Sonst leider nicht. Ihre beste und notwendigste Form der Mitgestaltung: Gehen Sie wählen! Benutzen Sie den Wahl-O-Maten, wenn Sie nicht sicher sind und solange dort noch konservative Meinungen gelistet sind. Und wenn der Automat die AfD auswirft, Respekt. Auch wenn der RBB dies als ganz furchtbar rääächts ansehen wird, egal, es geht um Sie.

Gregor Kadow

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