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Grete Ring, Kunsthändlerin der Moderne

Ausstellung über Max Liebermanns Nichte

Bela Balassa, Grete Ring und Max J. Friedländer bei einer Auktion, 1931, Privatbesitz.
Bela Balassa, Grete Ring und Max J. Friedländer bei einer Auktion, 1931, Privatbesitz.
Erschienen in Gazette Zehlendorf November 2023
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Die Liebermann-Villa widmet der Kunsthistorikerin und Kunsthändlerin Grete Ring (1887–1952) sowie ihrer Sammlung erstmals eine Ausstellung mit einzigartigen Leihgaben französischer und deutscher Zeichnungen aus dem Ashmolean Museum in Oxford. Die Schau wirft ein Licht auf ihre beeindruckende Karriere im Kunsthandel des frühen 20. Jahrhunderts zwischen Weimarer Republik und der Zeit im britischen Exil, auf ihr breites Netzwerk und auf die Höhepunkte ihrer Karriere, darunter die Entdeckung einer Reihe von van Gogh-Fälschungen Ende der 1920er-Jahre. Als Nichte von Max Liebermann war sie eine enge Freundin seiner Tochter Käthe und die Patin seiner Enkelin Maria. Somit gibt es vielfältige Verbindungen zwischen Ring, den Liebermanns sowie der Liebermann-Villa am Wannsee.

Dr. Lucy Wasensteiner, Direktorin der Liebermann-Villa: „Schon ein kurzer Blick auf das Leben und Werk von Grete Ring veranschaulicht ihre bemerkenswerten Leistungen als Kunsthistorikerin und Kunsthändlerin. Sie war eine der ersten Frauen, die in Deutschland in Kunstgeschichte promoviert wurde, arbeitete für namenhafte Museen und war eine der Geschäftsführerinnen des Kunstsalons Cassirers. Doch trotz dieser bemerkenswerten beruflichen Leistungen ist Grete Ring in Vergessenheit geraten. In der Ausstellung fragen wir uns, warum das so ist, was es Spannendes über dieses faszinierende Leben zu entdecken gibt und welche offenen Fragen uns zu ihrer Biografie noch beschäftigen.“

Eine der ersten Kunststudentinnen

Als eine der ersten Frauen, die Kunstgeschichte studierten, war Grete Ring als Wissenschaftlerin und Kritikerin hoch angesehen. Nach ihrer Promotion bei Heinrich Wölfflin arbeitete Ring als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Nationalgalerie in Berlin, bevor sie 1921 in den Kunstsalon Cassirer, die führende Kunstgalerie in Berlin, eintrat. Nach dem Selbstmord von Paul Cassirer im Jahr 1926 übernahm sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner Walter Feilchenfeldt die Leitung des Unternehmens. Wegen der zunehmenden Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime war sie gezwungen, Berlin 1938 zu verlassen. Im Londoner Exil konnte sie ihre Tätigkeit mit der Gründung einer Dependance des Kunstsalons Cassirer fortführen. In mehreren Themenräumen stellen Dokumente, Fotografien und Kunstwerke, die durch die Hand von Grete Ring als Kunsthändlerin gegangen sind, diese außergewöhnliche Frau und ihr Wirken näher vor. Höhepunkte sind eine Skulptur von Georg Kolbe, die sie Anfang der 1930er-Jahre in der Ausstellung „Lebendige deutsche Kunst“ zeigte – eine der letzten großen Präsentationen moderner Kunst vor der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 –, ein Porträt Rings von Oskar Kokoschka aus dem Jahr 1923 sowie 13 Werke aus ihrer Privatsammlung – u. a. von Paul Cézanne, Pierre-Auguste Renoir, Caspar David Friedrich und Edgar Degas – aus dem Ashmolean Museum in Oxford.

Entdeckung der Wacker’schen van-Gogh-Fälschungen

Durch die Vielzahl an Objekten werden zentrale Momente der Karriere Rings beleuchtet. Dazu gehört insbesondere die spektakuläre Entdeckung der Wacker’schen van Gogh-Fälschungen. 1928 veranstaltete der Kunstsalon Cassirer eine Ausstellung zu Vincent van Gogh. Dafür wurde eine Gruppe von Werken angefragt, die Grete Ring unmittelbar nach ihrer Einlieferung als Fälschungen identifizierte und damit einen der größten Fälschungsskandale der Weimarer Republik aufdeckte. Zwei der Wacker-Fälschungen werden in der Ausstellung am Wannsee präsentiert.

Die Ausstellung wird bis zum 22. Januar 2024 in der Liebermann-Villa, Colomierstraße 3, 14109 Berlin gezeigt. Weitere Informationen www.liebermann-villa.de

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