Gazette Verbrauchermagazin

Das Japanisch-Deutsche Zentrum

Spannender Ort mit Potential im Berliner Südwesten

Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal August/September 2023
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Die Azaleen an der Saargemünder Straße 2 blühen verschwenderisch, als wollten sie stolz auf das dahinterliegende Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin (JDZB) aufmerksam machen. Dies beabsichtigte auch der Berlin.Südwest e. V., als er vor Kurzem in Kooperation mit dem JDZB und der Freien Universität Berlin mit dem „Dahlemer Salon on Tour“ hier, gleich gegenüber vom U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim, Station machte und wieder einmal als erfolgreicher Türöffner agierte. – Nicht ohne guten Grund: Galt es doch, neben der Vorstellung dieses ganz besonderen Standortes auch den neuen Sammelband „Japan – Ein Land im Umbruch“ in einer kurzweiligen Lesung der Öffentlichkeit zu präsentieren. In dem Buch beschreibt die Japanologin und Erste Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Verena Blechinger-Talcott zusammen mit David Chiavacci und dem Herausgeber Wolfgang Schwentkerden anschaulich den gegenwärtigen Zustand Japans.

Gleichermaßen beeindruckend waren dann auch beide Programmpunkte, die einerseits deutlich machten, welch großes wissenschaftliches und kulturelles Potential diesem in Dahlem ansässigen Zentrum innewohnt und andererseits zeigten, welch überholte Vorstellungen von der Weltmacht Japan es zu korrigieren gilt.

Weiteres wichtiges Ziel dieser Veranstaltung war es, wie Dr. Julia Münch, Generalsekretärin des JDZB, in ihrer Begrüßungsrede in Anwesenheit des neuen Stellvertretenden Generalsekretärs Kenji Matsumoto engagiert betonte, in die vielschichtige Arbeit des Zentrums einzuführen und einen gemeinsamen Weg zu finden, um die Aktivitäten und Anliegen der Stiftung seinem Umfeld zukünftig noch intensiver näherbringen und sich ihm verstärkt öffnen zu können. Für einen förderlichen Austausch beider Gesellschaften.

Das JDZB…

Helle lichte Räume mit begrünten Außenbereichen, die Bibliothek mit über 13.000 verschiedenen Medien in japanischer, deutscher und englischer Sprache, Veranstaltungs- und Tagungsräume mit moderner Technik – das alles konnten die Besucher des Dahlemer Salon on Tour in dem als gemeinnützige Stiftung geführten JDZB kennenlernen. Gesamtvorstand und Stiftungsrat sind paritätisch mit japanischen und deutschen Vertretern besetzt.

1985 war auf Anregung der damaligen Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland und Japans, Helmut Kohl und Nakasone Yasuhiro, die Stiftung Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin (JDZB) ins Leben gerufen worden mit dem Ziel, ein Forum für europäisch-japanische Begegnungen zu gründen und Wissenschaftlern, Unternehmern und Vertretern beider Länder und Kulturen vielfache Möglichkeiten zum Dialog und zur Zusammenarbeit zu geben. Im Rahmen dessen verpflichtete sich die japanische Seite, das Gebäude seiner ehemaligen Botschaft in Berlin-Tiergarten zur Verfügung zu stellen, während die deutsche Seite das Stiftungskapital bereitstellte. Die Übernahme der laufenden Kosten lag zu gleichen Teilen bei beiden Seiten. Im Botschaftsgebäude in der Tiergartenstraße war das JDZB zehn Jahre untergebracht. Mit dem Umzugsbeschluss des deutschen Bundestages 1991 begann auch die Suche nach einem neuen Standort für das Zentrum. Das Grundstück mit dem Gebäude des früheren Unteroffiziers-Clubs der amerikanischen Streitkräfte in der Saargemünder Straße 2 in Berlin-Dahlem bot sich dafür an, befand es sich doch im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. 1997 begannen die Bauarbeiten, Ende März 1998 war Einzug.

Seit 25 Jahren steht dieser Standort in Dahlem nun für das erfolgreiche Engagement zur Förderung und Vertiefung der japanisch-deutschen und internationalen Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Kultur. Wissenschaftliche Tagungen auf bilateraler und internationaler Ebene mit Experten finden hier ebenso statt wie ein umfangreiches kulturelles Programm mit u. a. Konzerten, Ausstellungen, Lesungen, Filmvorführungen und Künstlergesprächen.

Bei den Austauschprogrammen des JDZB steht insbesondere der Nachwuchs für die deutsch-japanischen Beziehungen im Mittelpunkt. Und in den Japanisch-Kursen verzeichnen Schüler erstaunliche Erfolge.

...auf Öffnungskurs

Die Veranstaltungen sind meist öffentlich, an den Tagungen und Workshops, Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen des JDZB wird von Interessierten zunehmend auch online teilgenommen.

Am Veranstaltungsabend machten Generalsekretärin Münch und Stellvertretender Generalsekretär Matsumoto deutlich, als was sie das Zentrum nach pandemiebedingt entbehrungsreichen Zeiten zukünftig verstanden und genutzt sehen möchten: Als neuen spannenden Ort der Begegnung für alle, die sich in die Gestaltung japanisch-deutscher Beziehungen einbringen möchten. Synergien mit Projekten und Aktivitäten von Kooperationspartnern sind dazu willkommen; mit dem Anspruch, die Meinungsbildung durch Dialog zu fördern. Besonders wichtig ist dem JDZB auch die Ansprache der jüngeren Generation, wobei die Beschäftigung mit dem jeweils anderen Land ins Blickfeld gerückt werden soll. Veranstaltungs-Räume im Zentrum können gemietet werden und stehen gemeinnützigen Vereinen und Einrichtungen ggf. kostenlos zur Verfügung. Für die Öffnung nach außen gibt es viel Potential, ebenso für die Nutzung des Areals: So ist für Dr. Julia Münch eine zeitnahe Umgestaltung der Kantine hin zum attraktiven und einladenden Begegnungsraum mit hoher Aufenthaltsqualität, Catering und japanischem Flair gut vorstellbar. Erfreulich deutlich wurde am Veranstaltungsabend im Mai gezeigt: Die Verantwortlichen des JDZB nehmen engagiert die Herausforderungen für die Zukunft an, einen weiterführenden Modernisierungsprozess im Zentrum in Gang zu setzen.

Japan – Ein Land im Umbruch

Dazu passte bestens die Thematik dieses im Rahmen der Veranstaltung von Frau Prof. Blechinger-Talcott vorgestellten Buches mit anschließender Diskussionsrunde.

Galt Japan lange als Erfolgsmodell, das sich durch technischen Fortschritt, wirtschaftlichen Aufschwung und gesellschaftliche Stabilität auszeichnete, hat dieses Bild während der letzten dreißig Jahre tiefe Risse bekommen. Die japanische Gesellschaft verändert sich durch demographischen Wandel, Globalisierung und Migration, aber auch durch Wertewandel in der Gesellschaft.

Die 17 Buch-Autorinnen und -Autoren beschäftigen sich intensiv und auch für Nicht-Japanologen gut verständlich mit dem gegenwärtigen Zustand Japans: – Einem Japan, das den Herausforderungen einer überalterten Gesellschaft, mit geopolitischen Konflikten und den Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima zu kämpfen hat, dabei aber immer noch in vielen Bereichen weltweit Maßstäbe setzt.

Die Autoren gehen im Buch u. a. folgenden Fragen nach: Wie nehmen Japanerinnen und Japaner diese Veränderungen in ihrem Alltag wahr? Warum sind japanische Frauen weltweit führend in der Nutzung von digitalen Medien? Wie steht es um die Demokratie in Japan? Warum ist die hohe Staatsverschuldung wenig problematisch für die japanische Wirtschaft? – Die Antworten darauf sind oft ebenso verblüffend wie zum Nachdenken anregend. Das zeigte die unter der Moderation von JDZB-Projektmanagement-Leiterin Dr. Phoebe Stella Holdgrün sich der Buchpräsentation anschließende Diskussion, die auch brisante Themen wie Vergangenheitsbewältigung ansprach. – Und so gab es beim anschließenden entspannten Get-Together reichlich Japan-Deutschland verbindenden Gesprächsstoff.

Weitere Informationen unter www.jdzb.de und www.berlin-suedwest.org

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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